„Was wir wollen, ist eine befreite Gesellschaft, in der auch Tiere als freie Individuen ihren Platz
finden.“
Die moderne Tierrechtsbewegung gehört gegenwärtig zu einer gesellschaftspolitischen Erscheinung. Die global agierende Tierbefreiungsbewegung setzt sich für die Befreiung von Tieren aus dem ihnen
gesellschaftlich auferlegtem Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnis ein und fordert damit einhergehend das Ende der institutionalisierten und systematischen Gewalt an
Tieren.
Im Unterschied zum traditionellen Tierschutz verfolgt die Tierbefreiungsbewegung nicht das Ziel der Reform der
Gewalthandlungen an Tieren, sondern deren Abschaffung.
Dabei greift sie - oft in radikalisierter Form - auf praktische Erfahrungen, Methoden und Ideologien zurück, um die „Befreiung der Tiere von menschlicher Herrschaft“ mittels direkten Aktionen wie
Sabotageaktionen, Befreiungsaktionen, Brand- sowie Farbanschlägen und Besetzungen zu erreichen. Dieses Konzept der Animal Liberation Front(1)ist weltweit
verbreitet.
In Deutschland wurden militante TierrechtlerInnen erstmals 1981 aktiv. Sie befreiten 48 Hunde aus einem Laboratorium in Mienenbüttel bei Hamburg. Unter dem Akronym ALF beziehungsweise
Tierbefreiungsfront wurde ein radikaler Teil der deutschen Tierrechtsbewegung jedoch erst in den 1990er Jahren aktiv. In Deutschland erlangte in den 1990er Jahren die Gruppe Animal
Peace(2)öffentliche Aufmerksamkeit. Ab 1994 wurde zudem PETA auch in Deutschland aktiv.
Der Verein die tierbefreier(3)hat sich 1997 aus dem Bundesverband der TierbefreierInnen e.V. gegründet, der bereits seit 1985 für die Rechte der Tiere gekämpft
und die Pressearbeit und Rechtshilfe für aktive Tierbefreier_innen übernommen hatte. Die Mitglieder treten für die gesellschaftliche Befreiung der Tiere ein, d.h. sie möchten sie aus den
sozialen, kulturellen und institutionalisierten Gewaltverhältnissen herauslösen. Der Verein dokumentiert u.a. auch direkte Aktionen, in denen Tiere befreit werden, organisiert Demos, Infostände,
bietet Rechtshilfe/Soliarbeit und liefert Aufklärungskampagnen über Formen der Tierausbeutung, Veganismus und Tierrechte/Tierbefreiung und bringt ein Magazin heraus, das neben Artikeln,
Interviews, Rundbriefe auch eine Plattform für bewegungsinterne Diskurse darstellt.
Berliner Tierbefreiungs-Aktion
Seit mehr als zehn Jahren finden sich nun schon Aktivist_innen in Berlin und Umgebung zusammen, um unter der Bezeichnung
„Berliner-Tierrechts-Aktion“ für eine Veränderung des gegenwärtig vorherrschenden Mensch-Tier-Verhältnisses zu streiten. Dies ist nun vorbei. Denn das Kürzel „BerTA“ wird in Zukunft für
„Berliner-Tierbefreiungs-Aktion“ stehen.
In ihrem Verständnis von Tierrechten geht es den AktivistInnen vor allem um moralische Abwägungen von Handlungen, die nichtmenschliche Tiere betreffen. Es wird versucht zu begründen warum
nichtmenschlichen Tieren individuelle Rechte zustehen und diese berücksichtigt werden sollten (ethische Überlegungen). Andererseits können Tierrechte auch dahin gehend verstanden werden, einen
bestimmten Umgang mit nichtmenschlichen Individuen juristisch festzuschreiben.
Der Leitsatz der Gruppe bezieht sich auf Tierbefreiung, d.h konkret:
„Wer am katastrophalen Mensch-Tier-Verhältnis etwas ändern will, braucht keine Rechte zu fordern, sondern muss eine Diskussion über einschränkende Lebensbedingungen von nichtmenschlichen
Individuen (herbei) führen, zudem den gesellschaftlichen Kontext und die zugrundliegenden Denkweisen und sozialen Praxen, die in ihre Beherrschung führen, thematisieren.“
Dafür organisiert berTA Solinachmittage, Infostände, Kundgebungen, unterstützen Kampagnen mit Go-Ins (z.B. im Flughafen gegen gegen den Transport von sog. Labortieren durch Air
France-KLM(4).
Es gilt, „die Veränderung des gesellschaftlichen Mensch-Tier-Verhältnisses, sowie auch für die Veränderung der Gesellschaft als Ganzes einsetzen“.
Die Berliner-Tierbefreiungs-Aktion (BerTA) wurde 1997 gegründet. Welche Bedeutung, welchen Stellenwert hat die Kampagnenarbeit für dich persönlich?
Die BerTA unterstützt seit der Gründung verschiedene gebündelte Proteste, zu denen Kampagnenbündnisse aufgerufen haben. Das waren und sind in erster Linie die Offensive gegen
die Pelzindustrie (OGPI) und seit ca. 2 Jahren die Gateway to Hell/ Stop Vivisection Kampagnen. Diese Kampagnen gegen Pelzhandel bei verschiedenen Unternehmen oder gegen den Transport von sog.
Versuchstieren zu unterstützen, hat einen hohen Stellenwert innerhalb der Gruppe. Solche „Pressure Campaigns“ kommen aus der Grswurzel- Bewegung und brauchen die Unterstützung der
Tierbefreiungsbewegung und haben in der Vergangenheit immer wieder Erfolge erzielt, so sind z.B. viele Unternehmen aus dem Pelzhandel ausgestiegen.
Charakteristisch für solche langfristigen Kampagnen ist, dass sich Gruppen bundesweit (z.B. bei Kampagnen der OGPI) oder auch international (z.B. Gateway to Hell) auf ein spezielles
Tierausbeutungsunternehmen einigen und die Proteste sich gezielt gegen dieses eine Unternehmen richten. Der Vorteil, den wir darin sehen, ist, dass dadurch der Druck auf dieses eine Unternehmen
immens erhöht wird. Vielmehr als dies durch vereinzelte sporadische Protestaktionen möglich ist. Die Auswahl des Kampagnenziels erfolgt unter strategischen Gesichtspunkten. Air France-KLM z.B.
ist die letzte Passagierflugmaschine weltweit, die noch Primaten für Versuchslabore transportiert(5). Ein Transportstopp hätte sehr weitreichende Folgen für die
Tierversuchslobby. Wenn große Modehäuser aus dem Pelzhandel aussteigen, kann dies zur Folge haben, dass kleinere Unternehmen sich ebenfalls aus diesem Geschäft zurückziehen, weil sie nicht das
nächste Kampagnenziel sein wollen. Das macht Kampagnenarbeit so effektiv und wichtig.
„Antispezisismus“ in der politischen Linken umstritten. Inwieweit sind die Ideen und Aktionen eurer Gruppe in der linken Tradition des Tierbefreiungsgedankens verortet?
Wir verstehen uns auf jeden Fall als Teil der linken Tierbefreiungsbewegung, und auch wenn unser Fokus auf der Befreiung von nichtmenschlichen Tieren liegt denken wir bei all
unseren Aktionen und Ideen andere Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse mit. Es ist für uns sogar eine logische Konsequenz aus linkem Anspruch heraus, also nicht hierarchisch handeln und
leben zu wollen, dies auf das extreme Hierarchiegefälle zwischen Mensch und Tier zu beziehen. Es ist also logische Konsequenz emanzipatorisch mit allen menschlichen und nichtmenschlichen
Lebewesen zu agieren und für uns somit auch vegan zu leben. Wir kritisieren andere Gruppen, die, wie z.B. PETA, sexistische oder rassistische Kampagnen und Aktionen machen.
Welche Vorteile siehst du darin, dass BerTA eine offene Gruppe ist, gegenüber einer geschlossenen Gruppe?
Bis vor 2 Jahren waren wir tatsächlich eine offene Gruppe, haben das aber verändert und sind nun geschlossen, es ist also sehr viel schwieriger Teil der Gruppe zu werden. Dass
schnell neue Leute dazu kommen können und schnell eingebunden werden können, ist ein Vorteil einer offenen Gruppe, erschwert aber durch hohe Fluktuation eine kontinuierliche Arbeit.
Eure derzeitigen Aktionsfelder konzentrieren sich hauptsächlich auf Kundgebungen gegen die Pelzindustrie und gegen den Versuchstierhandel durch Air France-KLM. Wie können im Umgang mit
der Ressource Information/Wissen verschiedene innovative Ideen entstehen, die erfolgreich sind?
Die Kundgebungen gegen Air France und pelzverkaufende Unternehmen haben natürlich auch das Ziel Kund_innen zu informieren und dazu zu bringen, das Unternehmen zu boykottieren
oder sich dort zu beschweren. Dabei geht es aber in erster Linie darum, den Druck auf das Unternehmen zu erhöhen und somit zu einem Ende der Ausbeutung zu bewegen. Innovativ und kreativ sind dann
eher die Aktionen, mit denen teilweise komplexe Sachverhalte vermittelt werden, z.B. Theaterstücke. Aber auch dabei geht es darum, Aufmerksamkeit erregen und somit den Druck auf das Unternehmen
zu verstärken.
Zudem denken wir, dass erfolgreiche Ideen vor allem durch Diskussionen innerhalb der Gruppe und die Vernetzung mit anderen Gruppen entstehen. Des Weiteren haben viele von uns schon jahrelange
Erfahrung mit der Thematik Tierbefreiung, von der die ganze Gruppe lernt.
Wie kann sich hierbei ein steigendes Interesse, das über die Notwendigkeit von gezielten Informationen hinausgeht, bei den AdressatInnen entwickeln?
Gerade eine Vielzahl an Aktionen, seien es Kundgebungen, Theaterstücke, Lieder singen, tanzen, still flyern, Mahnwachen, Go-Ins usw. erhöht die Chance, Leute zu erreichen.
Jede_r ist verschieden und würde auf eine andere Art aktiv werden, wenn wir verschiedene Aktionsformen anbieten, ist hoffentlich auch die passende dabei. Schlussendlich ist es aber vielleicht
nicht beeinflussbar, ob jemand aktiv wird oder nicht und ob ein Thema Interesse weckt, das liegt an dem jeweiligen Menschen.
Welchen spürbaren Einfluss haben eure Aktionen in der Tierausbeutungsindustrie bewirkt?
Als Teil von Anti-Pelz-Kampagnen seit 2001 wurden auch mit unserem Engagement einige Geschäfte wie C&A, Karstadt, Hertie, Peek&Cloppenburg Nord und Escada davon
überzeugt, Echtpelzwaren aus dem Sortiment zu nehmen. Ansonsten ist es natürlich schwierig sichtbare Erfolge nachzuweisen, weil die Tierausbeutungsindustrie ein so großes und komplexes Feld ist,
dass oftmals auch nicht klar ist, ob unsere Handlungen etwas verändert haben. Z.B. ist ja gerade in Berlin Veganismus ein immer wichtiger werdendes Thema, doch inwieweit das bei der
Tierausbeutungsindustrie etwas bewirkt, außer dass sie vegetarisch-vegane Produkte auf den Markt bringen, wissen wir nicht. Aber das wachsende Bewusstsein für das Leid und die Ausbeutung der
Tiere ist sicherlich ein Erfolg auch unserer Arbeit.
Mit welchen Herausforderungen seid ihr während der Durchführung einer Aktion konfrontiert worden?
Die letzte große Herausforderung war, als wir 2014 unsere Kundgebungen nach dem Konzept „Leichen pflastern deinen Weg“ nicht wie geplant auf der Wilmersdorfer Straße
durchführen durften, weil dort schon ein Frühlingsfest war. Überall war der Ort schon angegeben und mobilisiert worden und wir mussten sehr schnell Alternativen entwickeln. Es ist auch immer eine
Herausforderung, innerhalb einer (möglichst) nicht-hierarchischen Gruppe Entscheidungen zu treffen, mit denen alle leben können.
Inwieweit wurden eure Aktionen von staatlichen Repression behindert?
Naja, es kommt eher selten vor, dass die Polizei nicht versucht, unsere Kundgebungen oder Demonstrationen zu beschränken, indem es sinnlose Auflagen gibt. Während der
Escada-Kampagne durften wir nur auf der Straßenseite gegenüber der Filiale stehen, die Schaufenster müssen meistens frei sein, Passant_innen könnten über am Boden liegende Materialien stolpern
usw. Das sind nur kleine Versuche, uns zu ärgern. Das Ziel scheint immer zu sein, dass wir am besten nicht auffallen, aber genau das ist ja unser Ziel: aufzufallen und Infos zu verteilen.
Natürlich wurden auch schon Aktivist_innen nach einer Aktion verhaftet, aber im Großen und Ganzen haben wir bisher Glück gehabt.
Erkennst du Muster, dass die radikale Tierrechtsbewegung wie bspw. in Österreich und Großbritannien ein Hauptbetätigungsfeld des politischen Repressionsapparates ist, also als Testfeld
für die Anwendung neuer verschärfter Maßnahmen herhalten muss?
Es klingt logisch, dass sich der Repressionsapparat zuerst an einer Bewegung versucht, die weniger Lobby hat als andere, weil Antispeziesismus in der politischen Linken
umstritten ist und auch sonst viele Menschen Angst um ihr Schnitzel zu haben scheinen. Die Bewegung in Großbritannien ist nicht der linksradikalen Bewegung zuzuordnen, trotzdem sind die Aktionen
sicherlich als radikal zu bezeichnen und sie erzielen Erfolge. Die Erfolge waren auch in Österreich der Grund, weshalb der Repressionsapparat zuschlug. Die Angeklagten kamen aus einer
Tierbefreiungsgruppe, aber auch aus einer zwar radikalen, aber eher bürgerlichen Organisation und wurden alle gemeinsam unter dem Mafia-Paragraph angeklagt(6). In vielen Ländern
sind Tierbefreiungsaktionen und auch Earth Liberation Aktionen in den Fokus von Staat und Polizei geraten, weil sie finanziellen Schaden anrichten und das herrschende, kapitalistische System
angreifen. Im Fall von Österreich und Großbritannien stellt sich aber auch die Frage, wie sehr staatliche Akteur_innen Teil der Tierausbeutungsindustrie sind und sich somit persönlich angegriffen
fühlen. Der Besitzer von Kleider Bauer, dem österreichischen Unternehmen gegen das eine Anti-Pelz-Kampagne lief, hatte sehr gute Kontakte zu Politiker_innen und konnte somit den
Repressionsapparat in Gang setzen.
Inwieweit ist der emanzipatorische Gedanke in eurem Selbstverständnis zu Tierbefreiung eingebunden und wie wird dieser in euren Aktionen sichtbar gemacht?
Der emanzipatorische Gedanke spielt in allen Bereichen unserer täglichen Arbeit, in der Gruppe mit- und untereinander, sowie bei allen politischen Aktionen „auf der Straße“
eine Rolle und ist daher ein stetiger Begleiter. So wird es bei uns nicht passieren, dass Frauen nackt gegen den Verkauf von Pelz demonstrieren (in Anlehnung zu Femen) oder dass nur Männer die
erste Reihe bei einer Demonstration bilden.
Auch gruppenintern, beim Treffen von Entscheidungen und/oder in Diskussionen, arbeiten wir hierarchiefrei und sind bestrebt die Reproduktion jeglicher Ismen zu vermeiden. Wir sind uns dennoch im
Klaren, dass es in einer Welt die voll ist von sexistischen, rassisitschen etc. Verhalten, Stereotypen und Strukturen, schwierig ist dies komplett auszuschließen bzw. sich fernab davon zu
bewegen. Deshalb versuchen wir stets daran zu arbeiten und uns regelmäßig dahingehend zu hinterfragen.
«Wir versuchen in unseren Aktionen eben nicht nur den Veganismus zu propagieren, sondern einen Aktivismus gegen die Tierausbeutungsindustrie und das kapitalistische System.»
Warum hört Befreiung nicht beim Menschen auf?
Es wurden immer willkürliche Grenzen gezogen, die dann später aufgehoben werden mussten. Frauen durften nicht wählen, weil sie kognitiv nicht dazu in der Lage sein sollten, POC
waren „Untermenschen“ usw. Momentan gibt es die willkürliche Grenze zwischen Menschen und Tieren. Doch eine Welt, in der es allen gut geht und der Wohlstand auf der Ausbeutung fühlender
tierlicher Individuen beruht, ist keine, in der wir leben wollen. Momentan beruht der Wohlstand einiger auf dem Leid und der Ausbeutung vieler, Menschen und Tieren. Für uns haben nichtmenschliche
Tiere genauso ein Recht auf Leben und Unversehrtheit. Es geht um die Befreiung aller Tiere, inklusive der menschlichen.
Wo sind eurer Meinung nach die natürlichen Grenzen der Toleranz in der Tierbefreiungsbewegung erreicht?
Wir tolerieren keine sexistischen, rassistischen und anders diskriminierende Aktionen, die zwar dem Wohl der Tiere dienen sollen, aber dabei das Wohl der Menschen
ignorieren.
Warum ist Abgrenzung also notwendig und ein „Hauptsache für die Tiere“ politisch nicht sinnvoll?
Zum einen muss natürlich aufgepasst werden, dass Aktionen keine Anknüpfungspunkte für rechte Ideologien bieten. Teil der linken Kritik an der Tierbefreiungsarbeit ist ja genau
das, dass eine Kritik an menschlichem Verhalten zu Diskriminierungen führt. Deshalb macht es keinen Sinn, sich z.B. auf das Schächten als besonders böses Schlachten zu stürzen, insbesondere weil
auch in deutschen Schlachthäusern viele Tiere ihre Tötung ohne Betäubung erleben, weil es zu „Schlachtfehlern“ kommt. Tierrechtsnazis konzentrieren sich z.B. gerne auf das Schächten, um den
jüdischen Glauben oder andere Religionen als Feindbild darzustellen.
Des Weiteren darf nie vergessen werden, dass Menschen auch Tiere sind und somit auch berücksichtigt werden müssen. Mit nackten Supermodels gegen Pelz zu demonstrieren, reproduziert ein
Frauenbild, das wir kritisch sehen. Menschen aus anderen Ländern als besonders grausam gegenüber Tieren darzustellen reproduziert Rassismus, der komplett unreflektiert gegenüber dem herrschenden
System falsche Tatsachen schafft. Natürlich muss aber auch aufgepasst werden, wie Leute, die sich für Tiere einsetzen kritisiert werden und wie Zusammenarbeit möglich sein könnte. Sich komplett
von allen und jedem abzugrenzen, der vielleicht auch aus Unwissenheit Grenzen verletzt, ist strategisch auch nicht sinnvoll. Aber eine klare Haltung zu den oben genannten Diskriminierungen ist
politisch und menschlich absolut notwendig.
Der vegane Hype, der vegane Lifestyle bietet Potential, über darüber hinausgehende umstürzerische Aktionen und weiterführenden Aktivismus zu informieren und anzuknüpfen. Welche
Möglichkeiten bieten eure Aktionen, um die konsumorientierte Position in eine kollektive Strategie der Angriffe auf Tierausbeutung zu verändern?
Es ist natürlich immer die Frage, wie man Menschen dazu motiviert, ihren Arsch hochzukriegen und zu versuchen etwas zu verändern, das nicht nur im Moment ihre persönliche
Lebensrealität betrifft. Für viele vegan lebende Menschen ist es momentan ausreichend, dass sie vegane Alternativen kaufen können und etwas für ihre Gesundheit tun. Natürlich werden sie
zwangsläufig auch mit den ethischen Gründen für Veganismus konfrontiert, aber für viele ist es nach wie vor genug, das eigene Konsumverhalten verändert zu haben, das ganze System zu ändern, ist
dann doch zu mühsam. Wir versuchen in unseren Aktionen eben nicht nur den
Veganismus zu propagieren, sondern einen Aktivismus gegen die Tierausbeutungsindustrie und das kapitalistische System. Es ist sicherlich momentan eine Herausforderung für die
Tierbefreiungsbewegung zu überlegen, wie es strategisch weitergehen könnte. Jahrelang wurden Menschen aufgefordert, vegan zu leben, das machen inzwischen viele, aber die Lebensrealität der Tiere
ist die gleiche geblieben. Vielleicht müsste der Fokus weg vom Veganismus hin zu etwas anderem. Aber wir haben da noch keine Antwort drauf.
Anmerkungen:
(1) Die Tierbefreiungsfront (TBF) ist eine nicht vernetzte, aus autonomen Zellen bestehende Untergrundbewegung ohne Mitgliedschaft, öffentliche Vertreter_innen oder Hierarchien, bestehend aus
voneinander unabhängig agierenden Aktivist_innen. Sie entstand 1976 in Großbritannien und agierte nach wenigen Jahren in Ländern auf der ganzen Welt. Alle Aktiven, die sich an die folgenden vier
Grundsätze halten, dürfen den Namen ALF/TBF verwenden.
(2) http://www.animal-peace.org
(3) https://www.tierbefreiung.de
(4) Die Aktionen im Überblick: http://berta-online.org/?page_id=1641
(5) http://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/helfen/aktionen/865-nein-zu-air-france
(6) Seit dem zweiten März 2010 standen 13 Tierrechtsaktivist_innen in Wiener Neustadt/Niederösterreich vor Gericht. Ihnen wurde die Bildung einer Kriminellen Organisation nach §278a StGB
vorgeworfen. Der Prozess im Überblick: http://antirep2008.org/?page_id=1490