Ladyfeste sind feministisch-queere Kunst- und Kulturfestivals, die seit der Jahrtausendwende auf allen Kontinenten stattfinden.
Die Wurzeln der Ladyfeste liegen in der in den USA zu Beginn der 1990er Jahre entstandenen Riot-Grrrl-Bewegung, einer feministischen Jugendkultur, die mit dem Slogan „Revolution Grrrl Style Now!“
selbstbestimmt ihren Platz in der männerdominierten Post-Punk-Szene einforderte. Ladyfeste weltweit sind folglich mit eben diesem Namen und mit der auf Riot-Grrrl rekurrierenden Geschichte aufs
Engste verbunden.
Als Fortsetzung von den ausgehenden Riot-Grrrl-Bewegung sind Ladyfeste als eine partizipative feministisch-queere
DIY-Kultur auch als „Lernorte“ für politische Bildung zu verstehen, die Möglichkeiten für Kommunikation, Austausch, Bildung, Mitgestaltung außerhalb von Institutionen bieten. In deren Rahmen
gewinnen Jugendkulturen zunehmend an Relevanz. Junge Erwachsene bekommen Raum für ihre musikalischen, publizistischen und künstlerischen Aktivitäten und erlauben neben politischer Bildung auch
eine Erprobung von kollektiven politischen Partizipationsformen sowie eine kritische, selbstreflexive Bürger_innenschaft. Die Allianzen- und Netzwerkbildung mit anderen
sozialen Bewegungen ebenso wie (neue) Formen der Selbstorganisation und Selbstermächtigung ermöglicht abseits einer Anrufung des Staates als Subventionsgeber für feministisch-queere Aktivitäten
im Feld der Kunst und Kultur eine eigenständige Subpolitik: Lernpraxen für die Vermittlung von politischer Bildung und Wissen. Die meist mehrtägigen Feste, die in alternativen und autonomen
(Jugend-)Kulturzentren stattfinden, widmen sich Themen wie Geschlechternormierungen, Sexismus und Gewalt, Sexualitätsnormen, alternative und antikapitalistische Kultur, Ausbeutungsverhältnissen,
Weißsein und Rassismus, die deutlich außerhalb des bürgerlich-konservativen Spektrums liegen. Neben Punk-, HC-, Electrokonzerten können BesucherInnen Workshops, Filmvorführungen, Vorträge oder
Mitmachangebote (z. Bsp: Fanzine machen, Texte schreiben/vortragen) besuchen.
Es geht also zum einen darum, ein männlich codiertes kulturelles Feld, wie das der Musik, zu besetzten, und zum anderen darum, die Kategorie „Frau“ infrage zu stellen und sich dafür der Mittel
der Musik und Popkultur zu bedienen.
Entsprechend der Betonung der queer-feministischen und transgender Inhalte richten sich die Ladyfeste an Personen jeden Geschlechts. Es wird der Existenz vielfältiger Lebensformen jenseits
heteronormativer Zweigeschlechtlichkeit Raum gegeben und diese in Zusammenhang mit geschlechtshierarchischen Differenzen innerhalb der Musikkultur thematisiert. Insofern können Ladyfeste als
vielfältige Versuche verstanden werden, in die Vielfachverwobenheit von Machtverhältnissen zu intervenieren. Mit Vielfachverwobenheit wird das komplexe Ineinandergreifen von Geschlecht, Klasse,
Nationalität, Ethnizität, Sexualität, Alter und diversen anderen Differenzkategorien bezeichnet, das je nach dem Kontext von Personen unterschiedliche Subjektpositionierungen hervorbringt.
Entsprechend betonen die Ladyfeste die heterogenen gesellschaftlichen Positionierungen der Organisierenden und der Zielgruppen.
laDIYfest Kiel
2014 hat auch in Kiel eine Orga-Gruppe ein dreitägiges (v. 18.04. - 20.04.) Ladyfest auf die Beine gestellt. Das laDIYfest Kiel will kreativer Freiraum für alle Ladiez* sein, die mit weiteren Interessierten diskutieren
und reflektieren möchten, sich selbst und gesellschaftliche Strukturen hinterfragen und dabei mit-, für- und voneinander lernen wollen. Für Menschen, die sich zusammen innerhalb von drei Tagen
sowohl kreativ, als auch politisch weiterbilden und ganz viele neue Dinge erfahren und weitertragen wollen.
„Selbst aktiv werden wollen, eigene Regeln aufstellen und unsere eigenen Vorstellungen leben(...)um gegen die diskriminierenden Strukturen, die uns alltäglich umgeben, zu
intervenieren.“
Die Orgagruppe hebt besonders das DIY im umbenannten laDIYfest hervor. „DIY bedeutet für uns auch die inhaltliche Auseinandersetzung innerhalb von vielfältigen und konstruktiven
Diskussionen, die wir dieses Wochenende führen möchten. Es bedeutet, dass wir uns vernetzen und austauschen können.“ Selbstkritisch zeigt sich die Orgagruppe, die in ihrer Arbeitsweise auch
Widersprüche produziert, diese aber kritisch reflektiert. „Wir sind jung, weiß und gut gebildet, sind mehr oder weniger gesund, aber nichtbehindert und von Barrieren kaum betroffen und
begreifen uns als Cis-Frauen, das heißt, wir leben keine Trans*identitäten. Aufgrund dessen genießen wir Privilegien und können und wollen andere Lebenswelten, Entwürfe, Körper, Positionen nicht
mitdenken.“
Ihre Erfahrungen gibt die Orga-Gruppe gerne weiter und hat ein paar Tipps zusammengefasst, die aus der eigenen Erfahrung oder Ideen entstanden sind(1). Die Antworten von
N. gibt es in UNDERDOG #47 nachzulesen. Hier folgen die Antworten von Alexa.
Das laDIYfest 2014 ist vorbei, das nächste ist in Planung. Als ihr anfingt zu planen, wart ihr vier Freundinnen, „die eine unterschiedlicher als die andere“. Welche feministische Theorien
und Debatten habt ihr denn als Gruppe geführt, bis aus diesen das Ergebnis laDIYfest feststand? Die Idee für das erste laDIYfest in Kiel ist in dieser Konstellation tatsächlich bei einer
heißen Tasse Tee entstanden. Wir haben als Freund_innen oft über sexistische Strukturen gesprochen und uns über persönliche Erfahrungen ausgetauscht und diskutiert, wie mensch sich
selbstermächtigen kann, um aus unangenehmen Situationen nicht als „Verliererin“ rauszugehen.
Das hört sich vielleicht komisch an, aber oftmals ist es doch so, wenn du als Frau, und ich spreche jetzt aus meiner persönlichen Perspektive, angemacht wirst oder blöd angequatscht wirst, fühlst
du dich einfach oft als „Verliererin“, wenn dir nichts „schlagkräftiges“ einfällt, was du deinem unerwünschten Gegenüber an den Kopf zurückwerfen kannst oder du fühlst dich einfach ziemlich
scheiße und angegriffen und irgendwie auch in eine „Opferrolle“ gedrängt, in der du dich nicht gerne siehst. Mir ging es auf jeden Fall schon oft so. Dabei sollte sich eigentlich der Mensch, der
dich in diese unangenehme Situation bringt dämlich fühlen, denn es ist doch einfach nur erbärmlich, wenn ein Mensch es nötig hat, einen anderen Menschen so zu bedrängen. Je öfter ich mit
Freund_innen über Situationen aus meinem Alltag gesprochen habe, desto offensichtlicher wurde es, dass ich nicht die Einzige bin, der diese Situationen passieren und die dann oftmals nicht weiß,
wie sie damit umgehen soll. Dieses Thema beschäftigt mich schon sehr lange. Für mich ist das laDIYfest also tatsächlich aus einem Selbstermächtigungswunsch heraus entstanden. Ich hatte den Wunsch
einen Raum zu schaffen, mit Menschen denen ich vertraue, in dem wir uns austauschen können und in dem wir uns gegenseitig unterstützen und zuhören, um so die Möglichkeit zu haben voneinander zu
lernen. Es gab für mich zu diesem Zeitpunkt noch keine feministische Theorie, die dabei vordergründig eine Rolle gespielt hätte.
Die erste schwierigere Diskussion hatten wir dann, als wir uns darüber unterhalten haben, ob wir cis-Männer zum ersten Kieler laDIYfest einladen sollten. Wir haben uns aber dann ziemlich schnell
von diesem sogenannten „Differenzfeminismus“ verabschiedet und uns entschieden, dass das laDIYfest für Menschen sein soll und nicht für Männer oder Frauen, zumal das eine ziemlich engstirnige und
überholte Ansichtsweise ist, denn schließlich gibt es nicht nur das eine oder das andere Geschlecht. Mit der Konstruktion von Geschlecht haben wir uns tatsächlich ziemlich intensiv
auseinandergesetzt und tun es immer wieder, denn das Lernen hört ja niemals auf. Trotzdem haben wir uns dazu entschieden einige cis-Männer freie Räume einzurichten. Dafür gab es viel Kritik. Vor
allem von unseren cis-männlichen Freunden, die sich dadurch ausgeschlossen gefühlt haben. Trotzdem stehen wir hinter diesem Konzept, da eine Gleichstellung von, und jetzt muss ich doch wieder mit
diesen Kategorien arbeiten, was ich nicht gerne tue, „Männern“ und „Frauen“ de facto noch nicht gibt und es einfach sensible Themen gibt, die Mensch als Frau nicht gerne in der Anwesenheit von
Mensch als Mann preisgibt und diskutiert. Da gab es z.B. diesen Workshop über Fett-Empowerment von Magda Albrecht aus Berlin, der ohne die Anwesenheit von cis-Männern durchgeführt wurde. Sowieso,
wenn es um Körperlichkeit ging, so z.B. auch körperliche Gewalterfahrungen von Frauen, ist es einfach wichtig einen geschützten Raum zu schaffen und wir haben die Räume als geschützt empfunden,
in dem die Menschen ausgeschlossen waren, von denen die Gewalt in den meisten Fällen ausgeht. Die Perspektive von Transmenschen und Menschen, die sich als intersexuell begreifen haben wir da an
der einen oder anderen Stelle auf jeden Fall nicht richtig mitgedacht, bzw. haben es nicht richtig geschafft, die Perspektive zu wechseln. Auch dafür gab es Kritik von der trans*genialen f_antifa aus
Berlin. Aus diesem Fehler, der auf jeden Fall der größte Fehler des ersten laDIYfestes war, haben wir auf jeden Fall sehr viel gelernt und wir haben uns stark mit unserer persönlichen Position
beschäftigt. Ich z.B. als weiße, heterosexuelle, (gesellschaftlich gelesen) gesunde Frau, kann eben nur für mich sprechen und nicht für einen Menschen, der gesellschaftlich ganz anders gelesen
wird.
War die Orga-Phase auch eine Art Therapiezeit, eine Mitarbeitsbereitschaft zu lernen? Was hat diese gefördert, welche Widerstände mussten überwunden werden?
Haha. Therapiezeit trifft es tatsächlich ganz gut. Nach jedem laDIYfest-Treffen, und wir treffen uns einmal die Woche, fühle ich mich wieder ein bisschen stärker und tatsächlich immer ein
bisschen wie nach einer Therapiesitzung. Der Austausch mit diesen wundervollen Menschen, die zu unserem Orga-Team gehören, ist mir unglaublich wichtig geworden und als das erste laDIYfest vorbei
war, kam auch erstmal gähnende Leere und nach kurzer Regenerationszeit sofort der Wunsch weiterzumachen und das nächste Fest zu planen. Ein laDIYfest zu organisieren ist einfach ein rießengroßer
Lernprozess. Wie es das Leben auch ist. Es gibt einfach immer wieder Punkte an denen mensch einfach keine Lust mehr hat und es war auch Zeitweise ziemlich anstrengend. Wir haben uns so viel
auseinandergesetzt, jede_r Einzelne für sich und dann noch wir mit uns und das geht natürlich auch an die Substanz. Es ist ja auch oft schmerzhaft und wir haben oft über das Gefühl von
Machtlosigkeit und Resignation gesprochen. Manchmal möchte mensch nicht mehr kämpfen. Dann wünscht mensch sich, dass einfach alles „schön“ sein könnte und das Diskriminierung einfach nicht
existieren würde und das Menschen einfach als Menschen zusammen leben könnten… Du merkst schon was ich meine. Utopische Gedanken und so. Aber natürlich haben wir diese Machtlosigkeit indem Moment
überwunden, indem wir aktiv gehandelt haben und das laDIYfest geplant haben. Die Referent_innen anzuschreiben, dann die ersten Zusagen zu erhalten und die ersten Menschen, die davon gehört haben
und uns unterstützt haben, das war schon ein tolles Gefühl. Da kam so das Gefühl, dass es sich gerade einfach total gut anfühlt, dass zu machen und zu sehen, dass Menschen, auch Menschen die wir
gar nicht kannten, auf uns zukamen und erzählt haben, dass sie gehört haben, dass wir ein laDYfest planen, und das sie das total gut finden. Das waren die schönsten Momente für mich.
Als Orga-Team gab es einige Streitpunkte, schließlich sind wir einfach unterschiedliche Menschen und jede_r hat ihre_seine eigenen Ideen und Vorstellungen, außerdem haben Menschen auch
unterschiedliche Arbeitsweisen. Zwei von uns waren eher so die Menschen, die einfach ganz viel machen und je mehr wir machen müssen, desto mehr können wir leisten und wir sind irgendwie ziemlich
stressresistent. Dafür sind wir aber auch oft aneinandergeraten, weil wir auch ziemliche Sturköpfe sind und jede will sich durchsetzen. Die anderen beiden sind ganz anders mit dem Stress
umgegangen und haben sich viel schneller unter Druck gesetzt gefühlt. Dadurch haben wir uns einerseits ziemlich gut ergänzt, aber natürlich hat es da manchmal ganz schön geknistert in unserer
Gruppe. Aber ich glaube wir haben das ganz gut hingekriegt und durch Gespräche und Auseinandersetzungen sind wir noch stärker zusammengewachsen. Trotzdem ist eine von uns nach dem laDIYfest
ausgestiegen, weil sie festgestellt hat, dass es einfach zu viel für sie war und persönliche Diskrepanzen nicht überwunden werden konnten. Das ist zwar sehr schade, aber auch das gehört dazu. Nur
weil Menschen befreundet sind, heißt es eben nicht, dass sie auch zusammen arbeiten können.
Wer hat euch inspiriert und geholfen/unterstützt, das laDIYfest zu realisieren?
Für mich waren meine Freund_innen die größte Unterstützung. Inspiriert haben mich vor allem die drei tollen Frauen, mit denen ich das erste laDIYfest planen durfte. Geholfen, das laDIYfest zu
realisieren, haben uns unglaublich viele tolle Menschen. Und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Unsere Familien waren teilweise da und das war, für mich auf jeden Fall, auch eine
riesige Unterstützung. Meine Mama war da und das war ein tolles Gefühl. Mir hat es unglaublich viel bedeutet, dass sie da war und ich weiß, dass es ihr total gut getan hat da zu sein und das war
richtig schön. Dann gibt es noch einen Menschen, den ich auf jeden Fall erwähnen muss und das ist Nils, der Kulturchef der Hansa 48. Nils hat uns die
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und uns auch so tatkräftig unterstützt. Außerdem ist das Kneipenkollektiv nicht zu vergessen. Die Menschen, die uns z.B. außerplanmäßig früh morgens die
Hansa aufgeschlossen haben. Die Menschen, die mit uns in der Küche rumgestanden haben, die Kaffee gekocht haben und abgewaschen haben. Es sind diese vermeintlich kleinen Gesten und
unterstützenden Momente, die so ein Fest überhaupt erst möglich machen. Diese Unterstützung zu erfahren war ein tolles Gefühl.
Es gab keinen inhaltlichen Schwerpunkt. Doch besonders eine Schwerpunktsetzung böte die Möglichkeit, immer neue Artikulationen der politischen Interventionen
hervorzubringen.
Findest du? Ich sehe das ein bisschen anders. Die Beschränkung auf einen Schwerpunkt könnte auch den Eindruck erwecken, dass eine besondere Art von Diskriminierung besonders wichtig und damit
wichtiger als andere sein könnte. Uns ging es aber um die Vielzahl der Diskriminierungsformen, die in unserer Gesellschaft (leider!) eine Rolle spielen. Dank unseren Refrent_innen Julia
Lemmle und Sharon Dodua Otoo haben wir uns z.B. mit Rassismus und Critical Whitness auseinandergesetzt. Die Aspekte Körper und Gesundheit
wurden dank Magda Albrecht und Petra Benz thematisiert. Dank der trans*genialen f_antifa wurde die Perspektive von Trans- und Interpersonen doch noch ein Teil des ersten
Kieler laDIYfestes etc. pp.
Ich persönlich fand es total positiv, dass wir eine so große Vielzahl an Themen auf dem laDIYfest hatten, über die wir diskutieren konnten.
Wie problematisch ist es, die verschiedenen politischen Ansprüche miteinander zu verbinden und im laDIYfest einfließen zu lassen?
Wie schon gesagt, wir waren total unterschiedliche Menschen bei der ersten Planung und auch in der zweiten Planung sind wir sehr unterschiedliche Charaktere. Das bietet unglaublich viel
Diskussionsstoff, wir streiten uns, diskutieren viel und finden dann einen Konsens. Wichtig ist nur, dass mensch sich zuhört und das mensch nicht persönlich wird. Das wir uns alle persönlich sehr
gern haben ist da oft eine Hilfe, kann natürlich aber auch ein Nachteil sein, wenn sich dadurch eine_r persönlich angegriffen fühlt. Bei der Referent_innenauswahl waren wir uns auch dieses Jahr
wieder sehr einig, was deutlich macht, dass wir in eine Richtung zusammen gehen.
An drei Tagen lag der Fokus hauptsächlich auf Workshops und Vorträge, weniger auf Live-Musikdarbietungen oder Filmvorführungen. Warum habt ihr weniger Wert auf die Bereiche Film und Musik
gelegt?
Es gab so Vieles, was wir noch hätten machen wollen und was wir noch hätten machen können. Allerdings haben wir einen ganzen Abend, von nur zwei Abenden, mit Konzert und Open-Mic-Session
verbracht. Deswegen sehe ich das auch anders und denke, wir haben damit schon ein relativ großes Augenmerk auf Musik gelegt. Einen Filmabend hätten wir super gerne gemacht, aber die Lesung von
Sharon war uns dann doch wichtiger. Dafür wird es wohl beim nächsten laDIYfest etwas zum Thema Film geben. Mensch kann ja auch nicht gleich alles beim ersten Mal machen. Es muss ja noch
Entfaltungsmöglichkeiten für das nächste Mal geben.
Innerhalb der queer-feministischen Szene sind Print-Fanzines ebenfalls immer seltener geworden. Erfreulicherweise wolltet ihr an einem NM ein Fanzine gestalten. Ist es zu einem Ergebnis
gekommen und wurde das Zine weiterverbreitet?
Wir hätten gerne ein Zine zusammengebastelt und jede_r sollte die Möglichkeit bekommen, ihre_seine Eindrücke und Erfahrungen zusammenzustellen und mit weiterem Material als kleines Zine
zusammenzuschustern aber leider haben wir das nicht geschafft. Ganz ehrlich: Wir waren als feste Orga-Gruppe nur zu viert und haben uns komplett übernommen. Ohne unsere Freund_innen und die
vielen Helfer_innen, die uns wirklich großartig unterstützt haben, hätten wir dieses Wochenende ohnehin nicht auf diese Art und Weise stemmen können. Das geplante Zine ist deswegen leider nicht
zustande gekommen. Aber das ist so eine Sache, die wir uns ganz fest fürs nächste laDIYfest, dieses Jahr im Mai, vorgenommen haben. Jetzt sind wir auch eine etwas größere Orga-Gruppe, deswegen
klappt das diesmal hoffentlich.
Welche Ideen/Erfahrungen sind aus dem laDIYfest Kiel 2014 entstanden?
Also, wir waren auf jeden Fall zu wenig Menschen in der Orga-Gruppe. Nur Dank unserer vielen Freund_innen und Helfer_innen hat trotzdem alles so gut geklappt.
Dann war da noch die Geschichte mit der trans*genialen f_antifa. Das habe ich ja ein bisschen erläutert. Die trans*geniale f_antifa hat sich innerhalb des laDIYfestes mit Transmysogonie
(Anmerkung der Red.: Abwertung und Diskriminierung von Trans*-Frauen/Trans*-Weiblichkeiten) in feministischen Räumen beschäftigt und hat dafür auch einen kleinen Text aus unserem
Programm herangezogen. Das war erstmal ein ziemlich doofes Gefühl. Das Gefühl, das mensch was falsch gemacht hat und das wir damit andere Menschen verletzt und vor den Kopf gestoßen haben. Keine
schöne Erkenntnis. Aber andererseits haben wir daraus auch unglaublich viel gelernt. Die Kritik von der trans*genialen f_antifa war vielleicht unser größtes Gesprächsthema während der wenigen
Pausen während und dann auf jeden Fall nach dem laDIYfest in unserer Reflexionszeit. Was ich persönlich echt gut fand war, dass die Menschen, der trans*genialen f_antifa trotzdem nach Kiel
gekommen sind und vielleicht auch gerade deshalb. Weil die Menschen unser Programm gesehen haben und das Gefühl hatten, dass etwas übersehen wurde, was sie durch ihre Perspektive anders
darstellen können. Das fand ich ziemlich stark und ich habe mich darüber gefreut. Wir laden die Menschen von der trans*genialen f_antifa auch auf jeden Fall zum nächsten laDIYfest nach Kiel ein,
weil sie mit ihrer Gruppe unglaublich wichtige und relevante Arbeit zum Teil (leider!) sehr differenzfeministisch geprägten Diskurs leisten.
Ein Filmabend war auf jeden Fall eine Idee, die wir zwar auch schon 2014 hatten, aber leider nicht umsetzen konnten. Das klappt hoffentlich dieses Jahr, genau wie das verplante Zine. Außerdem
wollen wir ein Augenmerk auf den Sex-positiven Feminismus legen und Dr. Laura Merrit nach Kiel einladen. Wenn das klappt, wäre das ein sehr schöner Erfolg. Wichtig bleiben auch weiterhin die
Themen Körper und Gesundheit. Durch den ätzenden antifeministischen Diskurs der letzten Monate und die Hate-Speech gegen Lann Hornscheidt möchten wir uns auch mit Antifeminismus auseinandersetzen
und mit Netzdiskriminierung und Handlungsstrategien dagegen entwickeln. Damit habt ihr einen kleinen Einblick in die hiesige Orga, mehr möchte ich aber noch nicht verraten.
Was befürchtest du, kann daneben gehen?
Das erste laDIYfest ist ziemlich gut gelaufen und es waren echt viele Menschen da. Ein bisschen schwebt natürlich immer die Angst im Raum, Erwartungen von Teilnehmer_innen nicht erfüllen zu
können. Aber ich bin eigentlich optimistisch und denke, dass das laDIYfest auch dieses Jahr wieder wunderschön wird und wir noch gestärkter aus dem zweiten Fest herausgehen. Das erste laDIYfest
bleibt natürlich trotzdem etwas ganz Besonderes. Es war eben das erste Mal.
Ladyfeste fungieren als „Lernorte“ für politische Bildung, wo (akademischen) Debatten und Errungenschaften zu feministischen Debatten geführt werden. Wie könnte denn ein wirklich
„neuer“ Feminismus aussehen?
Ein „neuer“ Feminismus… Es gibt einfach nicht „den“ Feminismus, deswegen finde ich die Frage schwer zu beantworten. Ich kann dir nur sagen, was ich mir wünsche, wenn ich mich in (wie auch immer)
feministisch geprägten Räumen bewege und was ich mir für einen „Feminismus“ wünsche. Ich bin gegen Dogmatismus. Ich bin gegen festgefahrene Denkmuster. Ich möchte, dass wir uns als Menschen
begegnen, mit Respekt, und nicht als Träger_innen von irgendwelchen Geschlechtsmerkmalen. Dass wir uns nicht verurteilen, nur weil ein Mensch so oder so aussieht. Ich möchte, dass wir uns zuhören
und dass wir uns erlauben Fehler zu machen. Denn aus Fehlern lernt der Mensch. Ich bin ja auch nur ein Mensch und auch ich erwische mich dabei in Kategorien zu denken. Da mach ich mir nichts vor.
Und auch ich habe (leider) Vorurteile. Ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich Menschen irgendwie ein- und zuordne. Wenn ich mich dabei ertappe muss ich entweder schmunzeln oder mir eine
innere Ohrfeige verpassen. Ich wünsche mir Ehrlichkeit und die Bereitschaft Dinge zu erklären und ich möchte ganz viele Fragen stellen dürfen. Und ich möchte auch selber bereit sein Fragen zu
beantworten. Es gibt immer wieder Phasen, in denen ich mich radikalisiere, um mich abzugrenzen aber dann bin ich auch meistens nicht so richtig mit mir zufrieden. Dann bin ich ungeduldig mit
meinem Menschen gegenüber und habe keine Lust schon wieder zu erklären, warum ich etwas so und so sehe und warum jetzt dieses oder jenes sexistisch war. Dann stoße ich auch oft Menschen vor den
Kopf. Das möchte ich nicht. Trotzdem passiert es bestimmt immer wieder mal. Aber das ist auch ok. Es gibt nicht den einen Feminismus und es gibt bestimmt nicht den einen richtigen Weg. Und mit
einem laDIYfest lösen wir auch nicht das Problem des strukturellen Sexismus innerhalb der Gesellschaft. Aber wir können ein kritisch konstruktiver Teil sein innerhalb eines
Empowermentprozesses. Wenn ich mir einen „neuen“ Feminismus vorstelle, dann verstehe ich all das darunter. Feminismus als einen ständigen Lernprozess.
(1) http://ladiyfestkiel.blogsport.de/2014/08/26/kleine-trickkiste-fuers-ladiyfest-zum-selberbauen/