DER GESTRECKTE MITTELFINGER #5
100 DlN-A 5-Seiten; €2,50.-
Falk Fatal, Postfach 4146, 65031 Wiesbaden www.dergestrecktemittelfinger.de
Falk hat 2 Jahre für ein Nachfolgewerk des "Kleinod der schlechten Gossenliteratur benötigt. Dabei hat er nie gelangweilt in der Nase gepopelt und HARTZ IV Kohle versoffen, sondern
mit der Band FRONT eine Platte herausgebracht, das Studium beendet, ist umgezogen, hat kurz in die Arbeitswelt geschnuppert, einen Lesezirkel gegründet, kurzum: Falk sammelt Bonuspunkte für die
Herdprämie.
Damit der Herr nicht anbrennt, löscht Falk mit einer Auswahl von Kurzgeschichten, Intis und politischen Artikeln den Wissensdurst. In der vorliegenden Ausgabe gibt es ein kleines Special zu
"Swiss-Punk". Mit tatkräftiger Unterstützung von Lurker Grand gibt es einen historischen Abriss zu Punk in der Schweiz. Lurker selbst hat das Buch "Hot Iove“ herausgebracht und war offenbar die
Initialzündung für Falk, sich dem Special zu widmen. Falk selbst ist im Glauben, dass mensch von Punk in der Schweiz wenig mitbekommt. Diese Äußerung wundern mich, denn es gibt ja u.a. die
großartigen Labels VOODOO RHYTHM und LEECH REDDA, die u.a. auch einheimische Bands und die Schweizer Szene vorstellen. Falk stellt das Buch vor und befragt Lurker, warum er die Schweizer
Punkgeschichte aufgearbeitet hat (Zielsetzung) und diskutiert die Frage, Punk hätte Anfang der 90iger aufgehört zu existieren. Schön, dass dem Report historische Fakten (Timeline) beigefügt
wurden, die den Outsider-Status, den Pioniergeist verdeutlichen. Es folgt ein Inti mit Marco Repetto (GRAUZONE), der seinen musikalischen Werdegang schildert (GLUEAMS, GRAUZONE), den politischen
Einfluss reflektiert, den Song "Eisbär" als kommerziellen Durchbruch aber auch als Zerreißprobe bewertet (der Erfolgsdruck, die inneren Spannungen führten schnell zum Bandaus). Die Band
DISCOLOKOSST war eine kontrovers diskutierte Band der zweiten Punkwelle, die im Sinne von Widersprüche provozierte (textlich) und sich auch mal mit Rinderblut und Hackfleisch einrieben. Damit die
innere Sicherheit nicht gefährdet wird, verbreitet Falk Propaganda über "Stasi 2.0". Der Überwachungsartikel ist bereits etwas älter und somit haben sich einige Fakten geändert, die Angst und
Bedrohung ist geblieben. Der weltweite Datensammler GOOGLE wird durchleuchtet, der RFID-Chip und die Auswirkung auf das Persönlichkeitsgeheimnis und Privatsphäre vorgestellt. Außerdem wird das
prall gefüllte Zine mit vielen, vielen "Geschichten aus dem After der Gesellschaft" mit Beteiligung einiger Gastschreiber, knappe Tonträger-Rezis (RED BANNER kommen aus Katalonien, nicht
Italien!) und ausführlichere Fanzine-Rezis gefüttert.
Gesamteindruck: Der gestreckte Mittelfinger #5 Ist ein optischer Leckerbissen (Layout), wird aber erst durch die Thematiken aufgewertet. Die beiden Themenschwerpunkte "Swiss
Punk" und "Innere Sicherheit (-sgefährdung)" sind der Hauptaugenmerk und Köder für die "bored youth", sich weitergehend dafür zu interessieren, Kurzgeschichten sind zumeist unterhaltsam,
gleichwohl nicht jedes Erlebnis (In der Kneipe, Auf den Zug warten) den After reizt. Dennoch ist der gestreckte Mittelfinger die postpubertäre Gossenliteratur und entwickelt sich zu einem
lebendigen Literaturclub mit Punk-Attitüde, wobei sich dar Nihilismus wie ein roter Faden durch die Erlebniswelt zieht.