PUNKROCK #12
100 DIN-A-5-Seiten; €3.-
PUNKROCK! Fanzine, Postfach 100523, 68005 Mannheim www.punkrock-fanzine.de
Bocky kotzt so einiges an, "diverser Schwachfug" bringe ihn aus der Fassung, da sich Eigenschaften wie Arroganz, Neid und Ignoranz auch seiner Meinung nach in der Subkultur wiederholen: anderen
das Leben schwer machen, lästern und Gerüchte in die Welt setzen.
Bocky steht über den Dingen, scheißt auf die Idioten und maßregelt alle und jeden, die nicht in sein Denkmuster passen. Das bekommen die im letzten Heft angekündigten STOMPER 98 Phil und
Sebi zu spüren, die er mit Vorwürfen und Beispielen zu rechtsoffenen Beziehungen und Aktionen konfrontiert, die die beiden pflegen. Sein Fazit ist eigentlich nichts aufregend Neues, was jedeR,
der/die sich mit diesem Thema auseinandersetzt, nicht auch schon selbst weiß, mich wundert vielmehr, warum er dieser Grauzonen-Combo so viel Platz und Raum gibt. Hat Bocky erwartet, die beiden
als extrem rechte Spacken entlarven zu können? Ich mein, wer Ravioli kaut, weiß doch auch vorher, wie der Inhalt schmeckt. Aber wer sich in einen Dialog mit rehtsoffenen Spacken begibt, schenkt
ihnen nicht nur Aufmerksamkeit und eine Plattform, sondern weckt sogar noch das Interesse an die Band. Verzichten kann Snitch nicht mehr auf die Rock and Roll Butterfahrt und ging mit
Kapitän Fabsi auf Kaperfahrt nach Helgoland. Oben die saufenden Leichtpiraten, unten der H&M-Mob, dazwischen die ‘normalen‘ Touris. Hilfe, die Deutschen kommen oder "die pfälzisch babbelnde,
unkoordinierte Figuren, die umherstürzen wie BSE-Kühe auf ‘nem Trampolin". RIOT BRIGADE behalten lieber einen klaren Kopf, schärfen den Verstand mit plakativen Floskeln und schulbuchmäßigen
Vorträgen über Kapitalismus-Kritik, Grauzonen-Taktiken, vermitteln aber ähnlich wie Bands wie GUERILLA und ZSK positive und kreative Perspektiven und Ideen, die laut Bandaussage zum
"eigenständigen Denken und Handeln" motivieren sollen, damit es bunter und vielfältiger wird. ABFUKK sind genervt von Reunions, überteuerte Konzerte, Booking-Agenturen und sehen den DIV-Gedanken
verloren gehen. Sie selbst kommen jedoch meist nicht aus ihren Buden raus, proben den Standortvorteil und versuchen mit satirischen Shirtmotiven die Szene zu schocken.
Wie war es für STRIKE ANYWHERE auf Tour (Gähn!), was hattet ihr für schreckliche Frisuren (Schnarch!), wie ist es auf Bridge 9 (Rem-Phase erreicht). Zum Glück für Bocky ist Thomas ein sehr
geduldiger Gesprächspartner und rettet das Interview mit Anekdoten und Erlebnissen.
Klaus N. Frick feiert mit einem Bericht zum Freak&Art-Festival seinen Einstand und friert sich beim Fahrradfahren und draußen vor der Halle den Arsch ab, während sich einige Iro- und
Nietenkaiser doch tatsächlich in eine Plastikplane zum Schlafen wickeln. Warm wird es Enpunkt nicht mehr richtig und macht unpunkig einen schwachen Abgang. Stark hingegen die Vorstellung der OIRE
SZENE-Bloggerlnnen, ein Redaktionskollektiv, die sich auf die SHARP-Bewegung bezieht und Aufklärungsarbeit leistet, rechtsoffene Tendenzen in der Grauzone öffentlich zu machen, sich aber auch
selbstkritisch zu eignen falschen Behauptungen bekennt. Gleichwohl Bocky immer wieder betont, dass er kein Grauzonen-Beobachter sein will und sich lieber Themen widmen will, die Spaß machen,
nimmt er sich auffällig oft diesem Themen-Komplex an. Vielleicht möchte er sich endlich reinwaschen, schließlich ist er in der Vergangenheit oft genug selbst ins Fettnäpfchen getreten, als er
(unwissentlich und unbedarft) für rechtsoffene Bands und zwielichtige Festivals geworben hat.
Gesamteindruck: Trotz meiner Kritikpunkte ist das PUNKROCK! Fanzine ein kunterbuntes Lese-Vergnügen, was vor allem auf den Umgang mit den musikalischen Themen zurückzuführen ist:
Liedermacher-Special, Knallfrösche in Pop, Fanzine-Treffen, Butterfahrt. Mir hat dieses Mal die heitere Seite besser gefallen, wirkten diese Artikel nicht so oberlehrerhaft wie die von Bocky mit
erhobenem Zeigefinger. Bocky richtet seinen Blick zu sehr auf sein Selbstverständnis und Selbstbild aus. Vielleicht sind das aber auch erste Anzeichen für die Wechseljahre. Dennoch: Ich mag die
streitbare Art, denn die bringt Respekt mit sich. Und den hat sich das PUNKROCK! mittlerweile verdient!