HUMAN PARASIT #10
60 DIN-A-5-Seiten; € 2.-
P. Bäppler, Norderstr. 35, 24939 Flensburg
Bäppi hat mit seiner Jubiläumsausgabe eine Chronik verfasst, das Fanzine gleicht einem Buch, inklusive farbigen Schutzumschlag. Die Retrospektive wird mit Anekdoten, Statements und kritischen
Rückblicken aufgearbeitet. Gleichzeitig mischt Bäppi Gastbeiträge und Interviews bei. Er verzichtet dieses Mal auf layouttechnischen Schnickschnack und konzentriert sich vollends auf
Timeline.
Die Selbstbeweihräucherung ist weniger Geltungssucht als Verkaufsstrategie. Gelungen finde ich die Idee, die jeweiligen Cover wie bei einer Museumstour zu präsentieren und diese zu arrangieren.
Gleich im Vorwort liefert Bäppi einen persönlichen Rückblick und greift das Thema "Beziehung" auf. Ich bin sicher, dass dieses Thema durchaus in folgenden Ausgaben vertieft werden kann, zumal
Bäppi sehr viele rhetorische Fragen aufbringt. Bäppi schildert rückblickend die Umstände zum Erscheinen des H.P.‚ liefert Angaben zu Druck, Copy, Auflage und verknüpft das Datum des jeweiligen
Releases mit zeitgenössischen politischen, sportlichen, wirtschaftlichen Ereignissen in der Timeline. Der anfängliche Dilettantismus und die Naivität der Schreiber bzw. der infantile Inhalt
(“Wenn ich so zurückblicke(...)mit was für einen Blödsinn ich mir(...)meine Zeit vertrieben habe, da kann ich heute nur den Kopf schütteln") war mit ein Grund für den
gewollten-forcierten-inszenierten Fanzine-Krieg mit dem BUNDSCHUH-Fanzinern. Mit der Friedenspfeife folgte eine Splitausgabe. Bäppis Wegbegleiter werden mit Fotos und Anekdoten geehrt, Bäppis
Fanzinekollegen, mit denen getauscht wurde, kommen zu Wort und Jan (PROUD TO BE PUNK) kritisiert in seinem Essay über das Medium Fanzine u.a. die fehlende Kick-ass-Attitüde, die sich in Form von
oberflächlichen Interview-Fragen bzw. überflüssigen Sauf-Geschichten inhaltlich in vielen Fanzines niederschlägt. Mit einigen (selbst-)kritischen Worten zu Myspace und dem Nutzen des World Wide
Web und Internet verabschiedet sich Bäppi in die wohlverdiente Pause.
Gesamteindruck: Bäppis Worten merke ich an, wieviel ihm sein Fanzine bedeutet ("bin heilfroh, dass der Parasit in mein Leben getreten ist"). Er investiert sehr viel Zelt für
Recherche, Artikel, Layout. Bäppi ist ein Autodidakt, er hat mit der Zelt gelernt, mit Grafikprogrammen umzugehen, aber vor allem hat Bäppi Akzente mit Themenkomplexen wie "Punk und Porno",
"Bundeswehr", "Familie" in der Fanzinekultur gesetzt. Ich denke, gerade diese Schwerpunkte sind es wert, ein Fanzine zu kaufen, zu lesen, zu machen, da sich hier persönliche wie kontroverse
Stimmen einfangen lassen und viel über eine Person aussagen. Zeit zum Kuscheln hat Bäppi dennoch, seine menschlichen Vorlieben dringen immer wieder durch die Zeilen durch und sorgen für ein
warmherziges Klima. Mag die Bekämpfung des Klimawandels schwierig sein, die Parasiten-Invasion geht weiter.