Exodus Namib
-Ein Hörspiel v. Kai-Uwe Kohlschmidt
(majorlabel.de/Broken Silence)
Hintergrund: Im Jahre 1940 fliehen zwei deutsche Geologen – Henno Martin, Hermann Korn und Hund Otto – in die namibische Wüste, um sich dem drohenden Zugriff durch die
südafrikanische Mandatsmacht zu entziehen. Sie führen ein Jäger- und Sammlerdasein, das sie eintauchen lässt in die archaische Grundsituation der Steinzeit. Neben fundamentalen, auch heute noch
gültigen Erkenntnissen über die Region, fördern sie wesentliche Einsichten über die Natur des Menschen an sich zutage. Der Auszug aus der Zivilisation wird zu einem Abenteuer des Bewusstseins.
Als die beiden krankheitsbedingt ihre Robinsonade nach zweieinhalb Jahren abbrechen müssen, bleiben sie zwar unbehelligt, aber auf immer von ihren Erfahrungen geprägt. Während Henno Martin ein
Buch über die gemeinsamen Erlebnisse schreibt, findet Hermann Korn nicht mehr in die Zivilisation zurück: Er bringt sich 1946 in Windhoek um. 70 Jahre später begibt sich der Komponist und
Hörspielautor Kai-Uwe Kohlschmidt auf eine Expedition in die namibische Wüste und stößt dort auf die Spuren der beiden Forscher.
Kritik: Spuren lesen und Fährten lesen, eintauchen in die Geschichte. Autor Kai-Uwe Kohlschmidt erzählt die Geschichte zweier Geologen, die während des 2. Weltkrieges ohne
Forschungsauftrag von staatlicher oder offizieller Seite in das Gebiet der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, damals das Mandatsgebiet Südwestafrika unter Verwaltung der
Südafrikanischen Union (heute Namibia) reisten. Kai-Uwe pilgert dorthin, wo die beiden zweieinhalb Jahre ein primitives Jägerdasein führten und sich vor der Polizei sowie Einheimischen versteckt
hielten, weil Henno und Hermann befürchteten, als feindlicher Ausländer verhaftet und interniert zu werden: in die Wüste um den Kuiseb-Canyon westlich von Windhoek. So vermischen sich Geschichte
und eigene Erlebnisse auch im Hörspiel, vermischen sich Eindrücke aus der Wüste mit dem zweieinhalb Jahre dauernden Abenteuer. Mensch kann sich schwerlich vorstellen, was Henno und Hermann in
ihrer selbstgewählten Exil-Expedition für einen Überlebens-Kampf führten. Doch neben der Suche nach Nahrung und Wasser beschäftigten sich die beiden Forscher auch weiterhin mit ihren
kartographischen und geologischen Arbeiten sowie mit philosophischen Fragen und diversen Evolutionstheorien, um “das Denken und die Kultur nicht zu verlieren”. Die wenigen Tiere und ihre
Verhaltensweisen zu studieren und sich wundern, wie diese in der extremen unwirtlichen Landschaft zurecht kommen. Am Ende geht es wieder – bedingt durch Vitaminmangel und Krankheit – rein in die
Zivilisation, in der Hermann Korn nicht mehr zurechtfindet und nachts im Auto am 09.08. 1946 von der Eisenbahnbrücke stürzt, vielleicht, weil er die Gespenster nicht mehr loswurde, die ihm immer
wieder begegnen, weil er sich nicht mehr anpassen konnte.
Kai-Uwe Kohlschmidt versucht die Authentizität des ”Survival of the fittest” als philosophische, esoterische Odyssee, das Exodus Namib komprimiert und mit subjektiv wichtigen Momenten
erlebbar zu machen. Auf der Spur nach der schöpferischen Vielfalt und dem Gefühl, dem Ursprung der Menschheit näher gekommen zu sein, weil der Anblick der Wüste der Ankunft des Lebens gleicht:
wüst, kahl, verschottert. Eine spannende und auch dramatische Geschichte, die für kurze Zeit lebendig wird.
Eine Chronologie der Ereignisse (mit Kartenauschnitte, Bilder gibt es hier nachzulesen)