“Nieder mit der Springer Presse, schlagt ihnen ihre Lügen in die Fresse“…
forderten in drastischer Weise die Hamburger Punkband RAZZIA in ihrem Song “GG Art. 5 “. Insbesondere die auflagenstärkste zeitungsähnliche Publikation, die
BILD, wird seit Jahrzehnten vor allem wegen der fehlerhaften, einseitigen, schlecht recherchierten Artikeln mit nachweislich falschen Informationen und abgeänderten Zitaten
kritisiert. Nun feiert sich die BILD zum 60jährigen Bestehen und hat im Juni ein Gratisexemplar an alle deutsche Haushalte verschickt. Wir wollen als meinungsfreiheitliebendes Organ daran
erinnern wieso das Medium zur Kampagnenführung (also: Manipulation der Massen) eine Gefahr darstellt.
Noch immer ist “Bild” in Deutschland die Tageszeitung mit der größten Auflage, sie wird von anderen Medien am häufigsten zitiert, und sie bestimmt die Gespräche vieler Menschen. “BILD dir deine
Meinung” als medienwirksame Kampagne klingt da schon zynisch in Anbetracht der Tatsache, dass BILD einen großen Einfluss auf die Meinung nimmt, den LeserInnen die Verantwortung einer kritischen
Reflexion abnimmt und formt die öffentliche Meinung mit manipulierten Inhalten. Eine Zeitung, die schon für ihre LeserInnen mitdenkt, wird dann gefährlich, wenn sie durch Botschaften zu Gewalt
aufruft und Handlungen manipuliert wie am Beispiel der Berichterstattung der 68er Studentenunruhen in Berlin. Durch massive Kampagnen wurden gezielt Aggressionen gegen Anführer der
Studentenproteste geschürt. Diese Hetzschriften gipfelten im Anschlag auf Dutschke 1968 durch Josef Bachmann. Bachmann gilt dabei als das Beispiel der durch Presse manipulierten
Menschen. Als BILD über den Mord an Benno Ohnesorg am 3. Juni 1967 berichtet, ruft sie sogar zur Unterstützung der Polizei zur Ausschaltung der “Krawallradikalen” auf: “Die
Polizei trägt keine Schuld an den Zusammenstößen, die eindeutig von unseren Krawallradikalen provoziert wurden. Die Polizei tat ihre schwere Pflicht(…)Helft der Polizei, die Störer zu finden und
auszuschalten.”
Auf der Höhe der Macht werden Kampagnen gemacht und geschrieben, um die Manipulation systematisch zu steuern und bei der Entscheidungsbildung mitzuwirken.Dafür werden auch gerne Lobbyisten ins
Boot geholt. Die Versicherungskonzerne, die Finanzdienstleister und die Banken haben sich in den neunziger Jahren ausgerechnet: Wenn es ihnen gelingt, auch nur 10 % der bisherigen
Rentenversicherungsbeiträge von der staatlichen gesetzlichen Rente auf die Privatvorsorge, also auf Lebensversicherungen und andere Sparformen umzuleiten, dann erreichen sie einen Umsatzzuwachs
von ungefähr 15 Milliarden €. Das ist hoch attraktiv und versprach riesige Gewinne. Also haben sie sich eine Kampagne mit einer doppelten Botschaft ausgedacht: Die gesetzliche Rente reicht nicht
mehr, jetzt hilft nur noch Privatvorsorge. Es folgten dann unentwegt Serien in der Bild-Zeitung und in nahezu allen anderen Medien. Die Bild-Zeitung hat mit der Allianz Versicherungs AG direkt
zusammengearbeitet. Redaktionelle Beiträge wurden reihenweise von der Lobby der Versicherungswirtschaft geschrieben und bebildert. Das Vertrauen in die gesetzliche Rente wurde durch Propaganda
systematisch zerstört.
Um das wieder herzustellen, hat BILD eine Kampagne von Alster Werbeagentur GmbH mit Promis gestartet, die “ihre offene, ehrliche und ungeschönte Meinung zur BILD mitteilen”. WIR
SIND HELDEN wurden auch gefragt, haben abgelehnt und machen Anschreiben und Ablehnung öffentlich. Sängerin
Judith Holofernes stellt fest, dass “die BILD -Zeitung kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash -Kulturgut und kein harmloses “Guilty Pleasure” für
wohlfrisierte Aufstreber” ist, sondern “ein gefährliches politisches Instrument – nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges
Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda.”
Und die Agenda zielt ab gegen Migranten, HARTZ IV-Empfänger und alles, was eine reißerische Wirkung erzielt. Macht macht geil. Unheimlich! So sieht es auch Günter Wallraff heute, der
1970 getarnt als Hans Esser die Methoden von BILD aufdeckte: “Das
Unheimliche ist heute, dass sich so viele dem Blatt unterwerfen oder anbiedern.” Und Wirkung gegen BILD erziele man nur mit öffentlichen Gegenkampagnen, die die BILD-Methoden aufdecken und
entlarven, denn “auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil”.
Klar, BILD feiert trotzdem. Chefredakteur Kai Diekmann schaut zurück und philosophiert: „Das Land hat sich verändert“. Und der muss es ja wissen, denn schließlich ist er dafür
mit verantwortlich.