PLASTIC BOMB #83
80 DIN A 4 Seiten; € 3,50.-
Plastic Bomb, Postfach 100205, 47002 Duisburg
www.plastic-bomb.de
Micha sieht es positiv, “wenn es vorwärts geht”. Herder lernt bei Talkshows, Ullah denkt sich “Nie wieder Alkohol” und kündigt seinen Job, weil “das war einfach zu viel Aufregung am frühen
Morgen” ist. Ronja verbrennt sich den Finger am Stockbrot, Häktor besucht das BEATLES-Musical und fand die Szenen, die sich nach der Vorstellung an der Garderobe abspielten, am besten. Helge
weiß, warum er Punk geworden ist und ist sich, seinen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Überzeugungen über 30 Jahre treu geblieben. Who the fuck ist Krisko? Egal, er zieht die
Flipflops an. Hm, dann erst mal Fat Mike und NOFX im Telefongespräch. Micha warnt schon in den einleitenden Worten, dass “Interviews mit Mike an eine Zangengeburt” erinnern. Und ja (gähn), ich
mein, was soll er auch bei Fragen “Was hältst du von Wahlen im Allgemeinen” groß antworten? Fragen wie “Was hältst du von…?” oder “Wie findest du….” erinnern mich an Kleinkinder, die ganz
allgemeine Fragen formulieren: “Wie findest du Krieg?”, “Warum riechen tote Menschen scheiße?”. Von Helge, Micha, Krikso hätte ich mir Gretchenfragen erwartet (Info: Die Gretchenfrage bezeichnet
eine direkte, an den Kern eines Problems gehende Frage, die die wahren Absichten des Gefragten entlarven soll. Sie ist dem Gefragten meistens unangenehm, da sie ein Bekenntnis verlangt, um das
dieser sich bisher herumgedrückt hat; Quelle: wikipedia).
Who the fuck is Lars???? Wo kommt der plötzlich her? Er berichtet vom Festa Martinska-Festival in Kroatien, dem besetzten sozialen Zentrum in Girona, bevor es in Sachen Antifa-HC und What we feel
erst mal konspirativ weitergeht. Sehr gut auch das von Atakeks mit Yok geführte Interview, der seine Texte bei OPTION WEG, YOK erklärt, dessen “Denke immer noch radikal”, aber nicht mehr so
verkopft wie früher ist. Daniel Ryser ist Autor von “Slime-Deutschland muss sterben” und war zusammen mit 3 Slime-Mitglieder auf Lesetour, vergleicht die Radikalität zwischen SLIME und THE
BUTTOCKS und fängt an zu weinen, weil er im Nachhinein einiges anders gemacht hätte. Als Lakota-Indianer zum ersten Mal europäische Clowns sahen, bezeichneten sie diese als Heyoka. Heute ist das
eine in Frankreich bekannte Punkband, deren Texte überwiegend die marxistische Theorie repräsentiert. Syster schildert seine Position zu den Auswirkungen der globalen Systemkrise und das Banken-
und Finanzwesen und resümiert, dass der Kapitalismus seine Limits erreicht hat. ZSK sind noch noch lange nicht am Limit und machen ihre Sachen weiter, die ihnen wichtig sind. Antifa, Politik und
Musik. Joshi meint, dass Punk ernster als Electro ist und “man sich mehr verpflichtet”. Das führe dann zu Wut im Bauch und “diese Sachen ins Positive zu verändern”. REFPOLK vergleicht die
Wichtigkeit des Rap im Vergleich zu Punk und benennt Unterschiede (gesellschaftliche Ausgrenzung) und Gemeinsamkeiten (Rebellion, Provokation, Arroganz). In “Anders leben” geht es heuer um das
Thema “Wasser” und wie Firmen wie Nestlé und Coca Cola ihre Macht dazu benutzen und eben nicht Wasser für Alle zugänglich machen zu wollen, sondern es als Nahrungswert bemessen und “die Hand auf
die Quellen halten”. Wer wie Coca Cola, Vivendi und Nestlé Wasser privatisiere und zu einem Handelsgut wie Öl mache, verwehre dem Volk ein Menschenrecht, das so grundlegend ist wie die Luft zum
Atmen. Nestlé hat unter anderem eine Wassersparte entwickelt mit “Nestlé Pure Life”. Das ist im wesentlichen gereinigtes und mit Mineralien angereichertes Grundwasser in Flaschen, teuer verkauft.
In der nigerianischen Hauptstadt Lagos kostet ein Liter “Pure Life” mehr als ein Liter Benzin, Slumbewohner brauchten schon die Hälfte ihres Einkommens, um sauberes Wasser zu kaufen. Von Wasser
als primärer Ressource finanziell profitierende Konzerne wie Nestlé und Coca Cola geben vor, gemeinsam mit UN-Organisationen und NGO die Wasserkrise zu bekämpfen. Stattdessen betreiben sie unter
dem UNO-Signet ihre Politik der Wasserprivatisierung systematisch weiter – ohne Berücksichtigung existierender, verbindlicher Öko- und Sozialstandards.
Gesamteindruck: Die P.B.-Redaktion traut sich endlich auch, neben Punk auch politischen Rap aufzugreifen. Refpolk und Herdes Artikel sind erste Vorboten, die “Scheuklappen”
abzulegen. Während mich die Redaktion “ab in den Sommer schickt”, gibt es noch ein Blick zurück auf die ersten Ausgaben und warum Leser_innen der ersten Stunde ihre Hefte in einen Schrein
aufbewahren und angötzen. Hm, vielleicht glauben die “die hard-Fanatiker” der P.B.-Leserschaft ja wirklich daran, dass sich Micha zynisch zum Weltverbesserer erklärt, der keine Ahnung hat, in
welche Richtung sich alles verändert und alles auf “uns” zukommen lassen will. Amen!