PLASTIC BOMB #84
80 DIN A 4 Seiten; € 3,50.- + CD
Plastic Bomb, Postfach 100205, 47002 Duisburg
www.plastic-bomb.de
Micha erlebt stürmische Zeiten, fährt in andere Länder, um sich verstümmeln zu lassen, während Herder sich vorstellt, warum Menschen vorm PC sitzen und Kundenkommentare auf Verkaufsportale
kommentieren. Der Rest vom Schützenfest steckt in Rhetorik, technischen Problemen und Spionageaffären fest. Da hilft womöglich ein Ausflug in die Provinz, wo Tradition garantiert jeden Trend
schlägt oder die Ironie verwaltet wird, bis sich alle Superfreunde in den Armen liegen und feiern wie das Spieß-Bürgertum.
JAYA THE CAT sind von THE CLASH beeinflusst und finden, die beste Zeit zu haben ist “die Nähe zur Religion” und das Leben sei ein Kissen. Na dann, gute Nacht! Lars (by the way: wurde Lars
eigentlich schon mal vorgestellt? Wo kommt er auf einmal her?) zieht weiter in der Provinz und den LOKALMATADOREN umher und landet in Pforzheim. Andi nerven Einleitungen und kommt mit AC4 gleich
zur Sache und stellt recht oberflächliche und standardisierte Fragen. Das erste Highlight ist das ausführliche Gespräch mit Olli Schulz, der aus seinem Leben erzählt und viele Anekdoten parat hat
und mit detaillierten Punkplattenwissen glänzt (Die Band LWS stammt aber nicht aus Hannover, sondern aus Wilhelmshaven). Das Resümee zur Plastic Bomb Party ist wohl eher ein Pflichtauftrag für
Krisko, der konsterniert, keinen Bock mehr zu haben, was mensch dem Inhalt auch anmerkt. Chris Scholz kümmert sich gewissenhaft um die Bundestagswahl und nimmt sich die Parteien und ihre
Programme zur Brust. Der auf dem Cover angekündigte “Punk in Peking”-Artikel ist Etikettenschwindel, denn in dem Reise-Bericht von Kadda sucht mensch den Punk vergeblich, was sie aber
mehrfach entschuldigt, liefert eher allgemeine Eindrücke von “Land und Leute” und schildert viel über “Visa, Klos und Essen”. Einer der wenigen Höhepunkte dieser Ausgabe ist erneut die Rubrik
“Anders Leben” mit der Vorstellung von Personen mit Punkbezug, die sich selbständig gemacht zu haben. Tolle Idee, gute Umsetzung, leider viel zu kurz.
Gesamteindruck: Warum die thematische Auswahl dieser Rubrik nicht mal zu einem Heftschwerpunkt ausweiten??? In dieser Rubrik steckt meiner Meinung nach das beste Potential, das
aufgrund des begrenzten Rahmens verloren geht und sich nicht entfalten kann. Die vielen Musik-Interviews sind hingegen oft langweilig, wirken auch in der Fragestellung beliebig, austauschbar und
verkrampft. Daneben ist Olli Schulz das einzige Highlight, weil er als Gesprächspartner auf Stichwort viele persönliche Einblicke gibt und das Interview autobiographische Züge aufweist. Diese
gewählte Form nimmt die Leser_innen auf Entdeckungsreise mit. Denn das Leben ist nicht nur ein Kissen, sondern auch more than music!