PUNKROCK! #15
100 DIN A 4 Seiten; € 4.-
Punkrock! Fanzine, Postfach 100523, 68005 Mannheim
www.punkrock-fanzine.de
PUNKROCK! arbeitet nun mit einer Firma zusammen, sodass das Magazine auch am Kiosk vertrieben werden. Mit den Neuerungen folgen auch inhaltliche Veränderungen. Neben einer grafischen
Aufpolierung, werden neue Rubriken eingeführt, die im Grunde Bands, Bücher, Personen und Projekte vorstellen, in der präsentierten Form fehlplatziert wirken und sicherlich ausbaufähig sind, um
sich besser zu integrieren. Wer Neues schaffen will und Veränderungen einführt, experimentiert gerne und wird auch mal ungeduldig. Das liest mensch auch in Bocky’s Kolumne heraus, der fast
kollabiert, weil er sich auf andere verlässt, diesen Personen aber offenbar nicht viel zutraut und dann ungeduldig wird, wenn es nicht so klappt wie er es sich vorstellt. Kollege Obnoxious macht
eine Fashion-Bildung und öffnet trendige Modeschubladen und wartet auf ein Zeichen des Herrn. Auch ANTI FLAG setzen ein Zeichen und Chris #2 erklärt die Hintergründe zu einigen Songs, die den
politischen Kampf und Bewegung in China, Seattle, Griechenland…thematisieren und klarstellt, dass die Band “aufgebaut” wurde, um ihre Songs bekannter zu machen, als damit Geld zu verdienen.
Jogges von EMPOWERMENT stellt mit der Hip Hop Dialektik klar, das HC antifaschistisch und DIY bleibt, was die aufgeführte HC HELP FOUNDATION auch repräsentiert, eine Organisation, die sich sozial
engagiert. Eine Diskrepanz besteht aber zwischen dem Engagement und den Hörgewohnheiten von Mitbegründer Rico, der NJ-HC Bands wie Warzone und AF abfeiert. Bands mit homophoben,
gewaltverrlichenden und patriotischen Inhalten und Plattitüden. Davon sind SLIME zwar weit entfernt, lassen aber noch Dampf ab und lehnen sich mit antiquierten, von Mühsam entliehenen Texten
gegen Autoritäten auf und pflegen das Rebellentum. Image verpflichtet. Das gilt auch für die Vorzeige-Punkrocker PESTPOCKEN, die noch genug “Luft zum Schreien” haben, Punk, DIY und das neue Album
auf sympathische Art und Weise erklären. TOXOPLASMA fummeln derzeit an der Fertigstellung zum neuen Album und reden über das Älterwerden und ein wenig über die Vergangenheit. Bent Cross dürfen
neben Fragen zu Musik auch mal überraschenderweise über Ängste schreiben. Neuzugang Kadda schreibt über und aus den Beiträgen zum Buch “Nazis on Speed”, War on drugs im 3. Reich, Amphetamin-Tests
für die Front, die LeserInnen der beiden Bände erfahren, wo die psychoaktiven Substanzen herkommen, gleichzeitig verschweigt Kadda aber, dass das Lesen der Bücher auch Mängel aufweist: der
Wechsel zwischen verschiedenen Stilen. Einerseits wissenschaftliche Abhandlungen, Schriften der Nazipropaganda oder politische Bewertungen, andererseits erschreckend öde literarische Experimente
z.B. von Wolfgang Neuss oder Seyfried. MANLIFTING BANNER haben auch ohne Drogen Visionen für ein neues (kommunistisches) Zusammenleben, während THE DETECTORS in ihre neue Platte eintauchen und
die Inhalte/Texte erklären. Ein paar Kolumnen, Bands und Reviews später folgt “Was bin ich”, ein literarischer Rate-Zirkel mit hohem Unterhaltungswert.
Gesamteindruck: Live und in Farbe. Das PUNKROCK! hat sich nicht neu erfunden, aber optisch/grafisch und vertriebstechnisch weiterentwickelt. Bunt, grell und geordnet
startet die Großoffensive, die große Punkrock-Namen aufgreift, die lokale Szene supportet und leider immer noch zu sehr darauf bedacht ist, die Gesprächspartner nicht aus die Reserve zu locken
und ein kontroverses Streitgespräch zu führen, sondern Fragen über die neue Platte und die Texte zu stellen. Der Lanz-Will-Maischberger-Effekt sollte schleunigst abgelegt werden, die Ausrichtung
deutlich streitlustiger werden, damit Punkrock! auch das verspricht, was es halten soll: Kein Kuschelkurs, sondern offensiv gestaltetes Kreuzfeuer ohne Zynismus, aber mit politischen Anspruch.
Ansonsten kann ich mir auch BILD DER FRAU kaufen.