Rohvegan
v. Claudia Rennner
Mein 4-Wochen-Selbstversuch
174 Seiten: 13,00 €
ISBN: 978-3-9814621-6-6
www.compassionmedia.org
Juhu wieder ein neues veganes Kochbuch. Dieses Mal mit dem Schwerpunkt rohvegane Ernährung. Zugegebenermaßen ist mir die rohköstliche Ernährungsweise etwas suspekt. Daher war das Buch ein guter
Anlass die eigenen Vorurteile mal etwas zu überdenken. Zumindest ist mir nach der Lektüre der einleitenden Worte der Autorin verständlich geworden wieso es vermutlich gesund ist Rohvegan zu
essen. Dabei sind dann nicht nur alle Lebensmittel frei von tierischen Produkten, sondern auch nicht über 42 Grad Celsius erhitzt worden. So sollen in den Lebensmitteln enthaltene Nährstoffe und
Vitamine erhalten bleiben.
Soweit so gut und verständlich. Was mich dann aber doch wieder wirklich stört ist die Art und Weise wie für diese Form der Ernährung argumentiert wird. Häufiges Argument ist, dass es die bessere
weil gesündere und natürlichere Art der Ernährung ist. Was genau mit Natürlichkeit gemeint ist, wird dabei nicht definiert. Natürlich ist einfach immer gleich besser. Die Autorin verwendet den
Begriff ohne weiter darauf einzugehen, ich finde aber den Begriff kritisierungswürdig, da so einiges dahintersteht: Unser heutiger Lebensstil wird meist als eher unnatürlich konstruiert und
mensch bezieht sich auf irgendeinen vergangenen Zeitpunkt, an dem der Mensch vermeintlich noch natürlicher gelebt hat. Selbstverständlich lebten Menschen aber auch damals in sozial konstruierten
und normierten Zusammenhängen, die durch verschiedene Macht- und Herrschaftsverhältnisse geprägt waren. Ihr Lebensstil (oder auch Ernährungsstil) war deshalb nicht zwangsläufig besser, sondern
ebenso wie heute durch bestimmte soziale und ökonomische Faktoren bestimmt. Durch die Unbestimmtheit des Begriffes lassen sich mit dem Argument der Natürlichkeit dann auch bestehende
Unterdrückungs- und Herrschaftsverhältnisse verteidigen und reproduzieren (ein Beispiel dafür wäre die behauptete Unnatürlichkeit gleichgeschlechtlicher Liebe).
Neben der Natürlichkeit fällt mir als nächstes Argument für eine rohvegane Ernährung dann das der besseren Leistungsfähigkeit auf: mensch sei gesünder, bräuchte weniger Schlaf, die Autorin
schreibt sogar von einem „Glow-Effekt“, bei dem Menschen davon berichten sie würden, seit sie sich rohvegan ernähren, innerlich leuchten (vgl. Renner 2014: S. 34). Das erinnert mich doch sehr an
esoterische Abschweifungen und sorgt für reichlich Stirnrunzeln. Mir scheint es durchaus einleuchtend, dass gesunde Ernährung (also ausreichend Nährstoffe und Vitamine) gut und für meinen Körper
wichtig ist. Das Leistungs-Argument geht mir dann aber doch zu sehr einher mit gesellschaftlichen Vorstellungen von „schneller, mehr, besser“. Da lacht sich der neoliberale Kapitalismus dann eins
ins Fäustchen, wenn wir ständig bei unserer eigenen Reproduktion auch noch darauf achten immer leistungsfähiger werden zu müssen.
Abschließend möchte ich nun aber doch noch ein paar Worte über die Rezepte (schließlich geht es ja um ein Kochbuch) verlieren. Die sind nämlich durchaus lecker und können die vegane Küche prima
ergänzen. Es gibt eine ganze Reihe spannender Salate und Dressings. Aber auch Aufstriche, Soßen, Smoothies und auch Süßkram. Auch vom Design des Buches bin ich wieder sehr begeistert. Mit einem
Blick weiß mensch was eingekauft werden muss und wie viel Zeit zur Zubereitung eingeplant werden sollte. Auch super ist, dass es zu jedem Rezept ein schönes Bild gibt.
Wenn mensch sich also zwar über die Art und Weise wie für rohvegane Ernährung argumentiert wird durchaus streiten kann, die Rezepte lohnen einen Blick ins Buch.
© Regula