TRUST #162
68 DIN A 4 Seiten; €2,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
www.trust-zine.de
Dolf schlussfolgert in Bezug auf das Tageszeitungssterben, dass “solange die Journalisten nicht die richtigen Gedanken machen, sterben können”. Für Jan ist die Welt des Punk und HC ein lebendig
brodelnder Kosmos, was ihn dazu ermuntert, die Ursprünge zu erforschen und herauszufinden, ob Punk seine Wurzeln im Fluxus oder in der Art scene hat. Bevor er daran verzweifelt, gewinnt er die
Erkenntnis , dass “Non-Profit-DIY-HC-Punk-Aktiv-Sein zukünftige berufliche Kompetenzen schafft”. Denn HC bietet “unsichtbare Bildungsprogramme”, was Jan als “Empowerment-Strategie” bewertet. Hart
ins Gericht geht Jan dann mit TRUST-Kritiker_innen, da die TRUST-Red. es niemanden recht machen kann und führt widersprüchliche Kritikpunkte auf. Mika cruist irgendwo in der südostasiatischen
Pampa rum, Jan Tölva ist ein Plattensammler, ein Nerd, der sich selbst kurieren/therapieren und sein Konsumverhalten neu justieren möchte. Bela stellt sich die Frage, woran man merkt, dass man im
Herzen Punk ist und weiß, dass am Ende das Leben dran hängt. Jan Tölva hat in Dylan Carlson (EARTH) einen Gleichgesinnten gefunden, einen Leidensgenossen, der aber nicht mehr so intensiv an der
Rille hängt, entwickelt dafür seine Band weiter, indem Folk- und Countryeinflüsse zunehmen und hasst die moderne Welt. Diese entsteht gerade in Indonesien. Das 8seitige Special erklärt den Punk,
stellt Aktivisten und Treffpunkte vor und schildert kurioses Verhalten einiger Konzertbesucher, die Ladenbesitzer wie einen Präsidenten empfangen, alles in Auf- und Umbruch, vieles wird aus der
westlichen Welt kopiert, aber für Darius sind es vor allem die politischen Punks und die Gastfreundschaft, was ihn begeistert hat. Jan Röhlk krallt sich Jens, Ingo und Jonas vom Ventil-Verlag,
vergleicht diesen als das “Dischord der Verlage” und thematisiert exemplarisch einige der vielen Publikationen und ihre Autor*innen, bittet um Stellungnahme und Hintergründe und debattiert die
Frage, wie sich die Zielrichtung des Verlages dahingehend ändert, um wieder Impulse für die Popkultur, Politik und Gesellschaft zu setzen. Diese setzen CATHARSIS, die HC und Anarchismus
verknüpften, ungewöhnliche Taktarten und das Streben nach einer freieren und freudigeren Welt. Brian identifiziert sich mit Menschen, die gegen Machtstrukturen kämpfen und verfolgt den Ansatz,
dass alle in den “Genuss von Privilegien” kommen. Benjamin und Jan Tölva greifen in diesem Zusammenhang interessante Aspekte auf, die mit Brian diskutiert werden. Alle sollten umsonst reisen
können, alle sollten ausreichend Nahrung haben, ohne mit ihrer Arbeitskraft zahlen zu müssen, was im CrimethInc.-Kontext reflektiert wird. Insofern entwickelt sich das Gespräch auch weg von der
Musik hin zu antikapitalistische, antiautoritäre Aktionen und Prozesse, welche CrimethInc. dezentral organisiert und Kultur, Arbeit, Leben kritisch hinterfragt.
Gesamteindruck: Punk in Indonesien und CATHARSIS/CrimethInc. sind die qualitativ wertvollen Spots der aktuellen Ausgabe. Im Grunde aber möchte ich mal für das TRUST sprechen und
hier mal erklären, dass ich die Zielrichtung, HC als einen analytischen Zugang zu begreifen, gutheiße, denn die Inhalte sind ja bewusst eine Grundlage für Kontroversen, Schwärmereien ohne
oberflächliche Anbiederung oder Lifestyle-Fokus, stehen für Inspirationskraft, Kreativität und Offenheit. TRUST erhitzt die Gemüter, aber es werden auch Diskussionen angeregt, Impulse gesetzt.
Begeisterung oder Empörung. Jede Reaktion ist eine Wirkung, die Denk- und Handlungsprozesse in Gang bringt und HC in Bewegung hält.