PROUD TO BE PUNK #20
80 DIN-A-5-Seiten; Preis:???
jan.sobe@t-online.de
Jan hat in den letzten 12 Monaten einen inneren Konflikt ausgetragen, sein Motivationstief aber überwunden und hat
festgestellt "wie klein die Punk-Szene im Vergleich zur Vielseitigkeit des Lebens sein kann." Des Weiteren meint Jan, dass viele Probleme dieser Welt aus "fehlender Bildung bzw. Erfahrung
resultieren". Insofern nutzt Jan sein "Pamphlet" um multiperspektivisches Hintergrundwissen zu vermitteln. Dafür greift er zunächst auf einen Gastbeitrag zurück: Resistencia y
autonomía ist ein Artikel, der den Kampf der EZLN erklärt, aber die Kritik an Subcommandante Marcos nicht weiter vertieft, sondern die aktuelle Situation der Zapatistas beschreibt.
Konkrete Utopien, vermischt mit revolutionären Projektionen, bekamen in den Monaten und Jahren nach dem 1. Januar 1994 mit dem YA BASTA Aufschrei der Zapatistas einen neuen Hoffnungsschub, um
Gerechtigkeit und die Anerkennung ihres Rechts auf Selbstverwaltung einzufordern sowie eigene Konzepte umzusetzen – autonom, gemeinschaftlich und basis-demokratisch. Das zapatistische Konzept der
Organisierung von unten, also von der Basis aus, die fortwährende Reflexion eigenen Handelns ist sehr konstruktiv und bereichernd, trotzdem es manchmal auch schwierig ist, "Hoffnung zu haben,
wenn man ständig Angst vor Unterdrückung und Gewalt haben muss, was die konkreten Vorfälle in den Gemeinden aufzeigen.
Darüberhinaus nutzt Jan die 20. Ausgabe für einen ausführlichen und selbstkritischen Rückblick auf die ersten 10 Hefte, schlägt das redaktionelle Festivalzelt mit seinen
Interview-Partnern Enrico (Killed System), Mürk (Strastwuj dorogoi Druga Jana!), Tony (Störfaktor-Festival) und der Paranoya-Crew auf, die ihre Beweggründe und Erfahrungen wiedergeben.
ÄMBONKER indes lassen sich nicht unterkriegen, verlieren nicht den Mut und entwickeln, jedeR für sich, eine Strategie, um sich zu befreien. Der eindeutige Höhepunkt dieser
Ausgabe ist die ausführliche Diskussion (15 Seiten) mit Deek von OI POLLOI, den Jan mit bekannten Vorurteilen/Vorwürfen konfrontiert, die zumeist von Anti-Deutschen (sic!)
aufkommen oder Stichworte liefert, die Deek gerne aufgreift und es den Anschein hat, als wäre Deek dankbar, sich endlich mal den ganzen Frust von der Seele zu schreiben.
Tja, und dann gibt es noch den Sachsen-Report mit News zu Bands, Zines und Projekten.
Gesamteindruck: Jan mag seine Gründe haben, in der 20. Ausgabe eine Retrospektive zu erstellen, bezweifle aber generell den Nutzen für die LeserInnen an dieser Umsetzung, die im
Grunde nur dem eigenen Ego und der Vita dienlich ist, aber keinen differenzierten politischen Blick auf politische/geschichtliche Ereignisse ermöglicht, was Jan ansonsten mit dem P.t.b.P. auch
realisiert. Ich denke, dass eine Retrospektive dazu da sein sollte, das Verständnis zu verschiedenen Themen zu überprüfen und Leitgedanken zu entwickeln, um Kommunikations- und Lernprozesse zu
ändern, etwa, um zu klären, was wird wie beeinflusst, was wird beibehalten usw. Zum Glück gibt es aber mit Deek und dem Gastbeitrag Resistencia y autonomía zwei lesenswerte tiefgründige Inhalte,
die das aktuelle "Pamphlet" mit einem analytischen und konstruktiven Blick zu einer Art bedeutungsvollen Bildungsprojekt macht und ein wichtiger Baustein für Wissensmanagement ist.