TRY TO WAKE UP WITH A SMILE ON YOUR FACE #7
36 DIN-A 5-Seiten
posicore@baerenhor.de
Chriz ist bekennender Fußball-Fan und verlagert seine Berichte diesbezüglich in einem neuen "Fussi"-Fanzine, das er u.a.
mit Mika Reckinnen (wo hat der eigentlich überall seine Finger drin?) ins Leben gerufen hat. Chriz wünscht sich - passend zum Cover-Slogan - eine "prohomoantifastraightedge"-Haltung im HC/Punk,
die er auch im aktuellen Ttwuwamoyf in einen öffentlichen Diskurs stellt. Um Probleme lösen zu können oder Zusammenhänge zu verstehen in denen sie auftreten, benötigen wir die Hilfe anderer, weil
die eigene Konstruktion von Welt unzulänglich und begrenzt ist. Dazu lädt Chriz Michelle ein, die Mutter, Sängerin bei DRAMA ist und selbst das Strength&Courage"-Zine produziert. Michelle hat
zudem das Foto-Zine "The girls haver their say!" publiziert, arbeitet derzeit an einem weiteren Foto-Buch von ihr fotografierten Bands auf Shows und arbeitet mit Nora Bendl an einem Tattoo-Buch,
das Menschen und ihre Tattoo-Motive im Zusammenhang mit HC-/Punkbands zeigt. Des Weiteren empfindet Chriz das Vegan Straight Edge-Label trendy und in einigen Fallbeispielen als realitätsfremd,
wenn er dieses im Zusammenhang mit den wirklichen sozialen Problemen seine Klientel bringt und kritisiert, dass dieses Etikett für einige als der einzige Lebensinhalt bestünde, was "mit dem Leben
der meisten Menschen nix zu tun habe". Diese Unterstellung bekräftigt Chriz mit dem Re-Print des kritischen Artikels "Animal rights-can bite me" von Laura Wirtz aus dem Jahre 1999. In diesem
diskreditiert die Autorin Bands wie INTEGRITY mit Sexismus-, Vergewaltigungsvorwürfen und stellt bspw. Ray Cappo's Aussage über Fleischverzehr als eine Ungerechtigkeit mit "wirklichen"
Ungerechtigkeiten gegenüber. Nun, tatsächlich sollte(n) die eigene Lehre, Lebensideale und Wertevorstellungen nicht missionarisch betrieben und "über alles" gestellt werden, um gesellschaftliche,
soziale und politische Probleme aus dem Blickfeld zu verdrängen, denn wenn sie erst mal aus dem Blickfeld sind, muss mensch sich auch nicht mehr um die betroffenen Personen(gruppen) kümmern. Und
wenn eineN das schlechte Gewissen plagt, dann nutzt mensch Fremddefinitionen, Stigmatisierungen und Ausgrenzungen, um sich besser zu fühlen.
Ein weiterer Gastbeitrag thematisiert die Soli-Arbeit der ROTE HILFE e.V. mit "linken" NGOs in der Ukraine, die von ukrainischen Rechten angegriffen werden und fordert eine klare Positionierung
zu Orgas wie KPU und Borotba, die nachweisliche mit AntisemitInnen, RassistInnen, homophoben pro-staatlichen Orgas/Personen zusammen arbeiten.
Gesamteindruck: Schickes Covermotiv, Chriz, das lässt Interpretationen und Assoziationen zu: Die Auswirkungen der Anti-Autoritären Erziehung auf Eltern und Kinder. Chriz'
Intention, einen Austausch von Argumenten anzuregen, der die Standpunkte aller Beteiligten erweitert, ist sehr offensiv gestaltet. Er setzt Kritik dort an, wo Menschen nicht mehr über Szenenormen
und -verhalten reflektieren, weil diese übernommen werden und zu einer Floskel, einem Slogan auf einem Shirt verkommen. Darüber hinaus gefällt mir seine persönlichen Aufreger im Alltags- und
Berufsleben, die nachvollziehbar sind. Und zwischendurch pult er immer noch Flyer und Plakate ab, die er mit Kommentare in das Layout einfügt. Und so wirkt das aktuelle Ttwuwamoyf wie ein
kulturell-sozialer Spaziergang durch sein Viertel, an dem ich mich gerne beteilige und Lust habe, Handzettel zu verteilen.