AUF JAHRE UNSCHLAGBAR #1
40 DIN-A-5-Seiten; €???
fanzine@aufjahreunschlagbar.de
Chriz und Mika teilen sich die Vorliebe für das Runde (Leder), was ins Eckige muss und haben ein Fanzine für "Fußlümmelei"
produziert. Der Titel ist eine Aussage von "Kaiser" Franz Beckenbauer, der der deutschen Fußball-Elf nach dem WM-Titelgewinn 1990 prophezeite, auf Jahre hinweg unschlagbar zu sein. Eine krasse
Fehleinschätzung. Aber Chriz und Mika geht es mehr darum, eine "Fuck you"-Attitüde nach Außen zu transportieren und mit "unreflektiertem Größenwahnsinn" zu kombinieren. Dafür torkelt Mika durch
die Straßen, führt Selbstgespräche und besucht ein Spiel von TeBo Berlin beim Nordberliner SC und kommentiert den Spielverlauf und den Rückweg mit alkoholartigen Getränken,
Wissensspiele und Schokoladen-Pralinen. Chriz schnappt sich KLAPPSTUHLGANG, die in der Rubrik "Punkrock&Fußball" ihre drei Akkorde für ein Halleluja auf Günter Netzer erklären, Chriz mit
seinen taktischen Fragen aber schnell in die eigne Spielhälfte zurückgedrängt wird. Gastautor Andreas schildert als passionierter Stadiongänger die Fußballhistory auf Kuba, wo seit 15
Jahren Fußball im TV gezeigt wird und viele Menschen auf den Straßen in Fußballtrikots rumlaufen. Sehen und gesehen werden hätte auch das Motto bei Rot-Weiß-Essen werden können. Gastautor Herder
fühlt sich nämlich völlig underdressed in einer latent aggressiven Fanszene und überlegt sich nach dem Besuch im Stadion, ein Essay zum Thema "Ruhrpott-Asi" zu schreiben. Brauchst du
nicht, Herder, dafür gibt es doch schon die LOKALMATADORE. Chriz ist vom FC UNITED Manchester begeistert, wo er auch seinen eigenen Nachwuchs heranführt und findet non-league-football okay.
Gesamteindruck: Interessant, was sich neben dem und auf dem Spielfeld jenseits der obersten Fußball- und Fanszene so abgeht. Zugaben werden eher von den Sprechchören oder dem
tanzenden Ronny verlangt bzw. bietet die Musikauswahl in der Halbzeitpause Anlass für Spekulationen. Die Autoren, respektive Mannschaft, spielen/spielt sich die Bälle geschickt und taktisch klug
hin und her, und selbst, dass sich hier ein ansehnliches, sprich kurzweiliges Spiel einstellt, sehe ich mich zu einem unsportlichen Verhalten genötigt, grätsche mit boshafter Absicht hinein in
die laufende Spielzeit oder wie Thomas Müller im tiefsten Bayerisch "Des interessiert mich ois ned" grantelte. Themen wie Homophobie, Rassismus oder schwul-lesbische Fangruppierungen sind mir
wichtigere und relevante Themenaspekte, die ich über Fußball lesen will. Denn Fußball ist viel mehr als alkoholartige Getränke und Schokoladenpralinen. AUF JAHRE UNSCHLAGBAR will keinen Beitrag
zur integrativen oder sozialen Funktionsweise im Fußball herleiten. Und so plätschert das Spiel komplett an mir vorbei. Aber ich bin mir sicher, die Redaktion wird noch weiter in die Offensive
gehen, getreu dem Motto: "We have to fight weiter."