Im Tarnfromms für die anderen, so unbemerkt vom Delinquenten

Und die Blumen hübschen um die Wette. Doch niemand zahlt ihnen eine Prämie aus.
Dem Mann klappt die Psyche alle Knospen zusammen, wenn doch nur eine am Tage nochmal aufgehen würde.
Keine Hoffnung auf nur noch ein einziges, nur eine Stunde langes blühen.
„Zeig deine Farbe, Mensch!“, schreit er sich an, doch nur ein Perlen läuft ihm runter, perlt krallenlos an keinem Halten, läuft ab, an seinem nicht gewollten Lebensanstrich, an seinem zugestellten Sein.
Nichts läßt dieser Anstrich durch, nur das Grauen, das Spüren einer Wehrlosigkeit in seinem Innern, das ihn gebeugt im Schneckentempo und doch erregt gehetzt nur Starrheit spüren läßt, verzweifelt durch die Stube schiebt, sein Gesicht nicht öffnen, wie im Krampf erstarren läßt.

„Lauf um die Wette“, schreit ihm die Starre wie im Hohn in seine Unerträglichkeit, „lauf um die Wette!“, in seine Qual der Zeitlupe, „spring in die Grube, mit zu denen, die so nicht kranken müssen, vielleicht treten sie dich platt und du wirst gerade, blühst auf in dem Gestrampeltrampeln.

„Wie siehst du denn aus?“, fragt die Frau, die ihn schon lange kennt, „wie kommt nur diese Starre hinein in dein Gesicht?“

Was war er doch einmal für ein wehrhafter Mann gewesen, jetzt nur ein Haufen Jammer, eine Jammergestalt, die sich auf keinen Haufen klumpen konnte.
Noch einmal auf einen Komposthaufen kriechen können, noch einmal nahrhaft Dung von oben riechen, einsacken in den Mist, einsacken, so wie früher, um wieder rauszustampfen. Rausziehen, noch einmal spüren, wie es ist, sich rauszuziehen aus einem Haufen, der einen zu verschlingen droht.
Und dampfender Mist aus einem Stall, hochaufgetürmt zu deinen Füßen? Unten durch oder auch gleich wieder oben auf? Wie wäre es damit?
Siehst Maden um die Wette kriechen. Wer zahlt beim Zählen dir die Prämie aus?
„…sieben, acht, aus!“, hörst du den Richter, der nicht richtet, geht wirklich alles nur von selber? Gar niemand, der ein Urteil spricht? Mußt ganz von selber und alleine in deiner Auflösung untergehen, einfach verschwinden. Und wurdest doch so oft verurteilt in einem Richten. Warum kannst du nicht Nachrichten, dich selber jetzt vollstrecken, noch einmal, nur ein einziges mal emporrichten, dem Henker deiner Psyche noch einmal das Bein stellen, das dich zum Hohn im Schmerz dann auch noch stürzen läßt, um mit dem zweiten Bein emporzuschnellen…hervorzukommen, zuvorzukommen, nur eine Stunde vor dem nächsten weiteren Grauen…

„Siehst aber gut aus“, sagt sein Verleger, der ihn nicht wirklich kennt, nur die Geschichten, die nicht erzählen können, wie es wirklich ist, weil es für Wirklichkeit im langen Untergang zum Schleichtod einer Psyche rein keine Worte geben kann.
Gut, daß sie nicht spüren müssen.
Die das nicht spüren müssen, sie spüren nicht, sie könnten sich auch nur verspüren, in Angst vor nicht beschreiblichem, nicht vorstellbarem, würden sich die Lust, den Mut auf einen nächsten Cocktail nehmen.
Es geht nicht zu beschreiben, nur stumm und schreiend durchzugehen.

„Ist ja grauenvoll, siehst aber trotzdem gut aus“, hört der Mann von anderen, fragt sich: ’Wie ist das möglich?’ und kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Oh, wie perfide eine Psyche unbemerkt dem rausgestellten Menschen noch einen Tarnfromms rüberziehen kann.
Kann er nur sein Gesicht nicht sehen? Oh doch, er sieht es jeden Tag, sieht es erstarrt, so zugestellt und starrverkrampft in seinem Spiegelantlitz.
„Dann lassen sie sich doch einen Bart stehen“, hört er von einer Therapeutin, und an manchen Tagen schafft er es noch in letzter Kraft, ihren Rat nicht zu befolgen.

 

© by J. Landt

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