Wave and smile
v. Arne Jysch
17,50 x 24,50 cm (Hardcover); Seiten 200; 24,90 €
ISBN 978-3-551-73053-4
carlsen.de
Zum Buch: Arne Jysch wendet sich als erster deutsche Zeichner dem Thema Afghanistan zu. "Winken&Lächeln" war die Strategie der ISAF-Patrouillen
in Afghanistan, wenn sie ihre Camps verließen.
Arne Jysch verarbeitet in seiner Graphic Novel viele Widersprüche des deutschen Nato-Einsatzes in Afghanistan.
Inhalt: Kunduz, 2009. Acht Jahre nach Beginn der NATO-Mission. Die Sicherheitslage hat sich dramatisch verschlechtert, die ISAF ist nur noch in gepanzerten Fahrzeugen und schwer bewaffnet unterwegs. Hauptmann Chris und Hauptfeldwebel Marco sehen den Besuch der Fotoreporterin Anni als willkommene Abwechslung und nehmen sie sogar zu einem gefährlichen Einsatz mit. Als ihr Helikopter unter Beschuss gerät und im afghanischen Niemandsland notlanden muss, beginnt eine Geschichte, in der es um mehr als nur ihr Überleben geht.
Gesamteindruck: Arne gelingt es sehr gut, die politische Misere und das Vorgehen des NATO-Einsatzes zu kritisieren, der das Wiedererstarken der Taliban zur Folge hat, was u.a.
auch mit der zunehmenden Ablehnung und Unterstützung des afghanischen Volkes für den NATO-Einsatz erklärt wird, weil US-Einheiten und ihrer Verbündete zum größten Teil als Fremde gesehen werden
und Taliban-Kämpfer als eine von ihnen gelten. Des Weiteren vermittelt Chris die Botschaft, dass "das hier ein Scheißkrieg" ist und erstellt mit der Figur Chris eine Verhaltensstudie, die geprägt
ist von Trauma, Schuldzuweisungen, Verlust, Aggressionen. Und so lenkt Arne den Fokus mehr und mehr auf das Schicksal von Chris, eine Figur, die im realen Leben gescheitert ist, für die eigene
Familie selbst ein Fremder geworden, auf der Suche nach einem erfolgreichen Abschluss.
In den detaillierten Gesprächen mit Ex-Milizen und Taliban-Kämpfer lassen sich viele offene Fragen unterbringen und aufgreifen, was Arne dadurch löst, dass die Figur, Hauptfeldwebel Chris, ein
Interview mit einem Taliban-Führer führt und zur Erkenntnis gelangt, dass die Taliban keinen Zweifel haben, für den Djihad zu sterben. Zum Ende hin entwickelt sich das anfängliche Drama zu einem
Polit-Thriller und Chris erfährt am eigenen Leibe durch die Internierung in einem US-Lager, dass es keinen Rechtsstaat gibt, in dem Menschen ohne Anklage inhaftiert sind, Menschen, die nicht
wissen, ob sie jemals wieder freikommen werden.
Gestützt durch journalistische Mithilfe und Fotos hat Arne ein spannendes Abenteuer geschaffen, das zum Einen viele persönliche Aspekte aufgreift wie mensch einen Kriegseinsatz verarbeitet, aber
auch gesellschaftspolitische Aspekte aufgreift, die Sinnlosigkeit des NATO-Einsatzes kritisiert, aber vernunftbegabt befriedet, denn "trotz der traumatischen Erfahrungen" sind die Erfahrungen
Teil "unserer Geschichte". Hier vermischt sich Politik und Persönliches und das macht auch die ganze Stärke des Buches aus. Es geht nicht um Vergebung, Vergessen oder Versöhnung, sondern um die
Fähigkeit, sich in anderer Weise zu erinnern, um mit einer aufopfernden Selbstsuche ein Weiterleben zu ermöglichen, auch um sich von einer kollektiven Schuld befreien zu können.