In der Notunterkunft in Burbach im Siegerland sollen Wachmänner einen etwa 20 Jahre alten Algerier misshandelt und gedemütigt haben. Der Vorfall ist auf einem Handy-Foto festgehalten. Darauf sind ein gefesselt am Boden liegender Mann und zwei uniformierte Sicherheitsleute zu sehen. Einer der beiden setzt dem Opfer seinen Fuß in den Nacken.
Misshandlungen durch Sicherheitspersonal
Seit Tagen verdichten sich Vorwürfe schwerster Misshandlungen von Asylsuchenden durch den Sicherheitsdienst.
Prügel-Attacken, Demütigungen in Flüchtlingsheimen durch Personal, das nicht geschult, ausgebildet oder qualifiziert ist, schlimmer noch, das mit Neo-Nazis und vorbestraften Kriminellen besetzt
wird.
Sicherheitsfirmen wie die Nürnberger Sicherheitsfirma SKI, aber auch vor allem das Unternehmen European Homecare (EHC) sind Hauptbetreiber für
Flüchtlingsunterkünfte. Dass private Wachdienste Flüchtlingsunterkünfte bewachen, ist nicht ungewöhnlich. Karitative Dienste wie Rotes Kreuz, Malteser oder die Kolping Gruppe können die steigende
Zahl an Asylsuchende personell nicht mehr betreuen. Länder wie NRW beauftragen private Organisationen wie eben die EHC. Offenbar macht EHC gute Geschäfte. Pro Flüchtling zahlt das Land monatlich
angeblich 1000 Euro. In den vergangenen Monaten soll EHC die Standards bei der Unterbringung kaum noch eingehalten haben. Es wird also zunehmend sichtbar, dass aus der Not ein Geschäft gemacht
wird und Standards unterlaufen werden. Das Personal im Falle des betreffenden Sicherheitsdienstes in NRW setzt sich zu Teilen auch aus vorbestraftes Personal und Neo-Nazis zusammen.
Extreme Rechte in Sicherheitsfirmen
Besonders bei Veranstaltungen wie Fußballspielen oder Konzerten werden Ordner aus der rechten Szene eingesetzt. Im Niedriglohnsektor Wachschutz herrscht ein hoher Bedarf an Arbeitskräften. Offene
Stellen würden innerhalb der Szene unter der Hand weitergegeben. Öffentliche Auftraggeber können sich Informationen über potentielle Arbeitnehmer einholen, am besten beim Verfassungsschutz. Für
private Auftraggeber ist das schwieriger. Sie müssen sich darauf verlassen, dass das zuständige Ordnungsamt am Sitz des Wachdienst die entsprechende Firma ordentlich prüft.
Zuletzt in den Schlagzeilen geriet der Internet-Versandhändler Amazon, der eine private Sicherheitsfirma (Hensel European Security Services) beauftragte, dessen Personal
europäische Leiharbeiter schikanierte und die ARD-Reporterin Diana Löbl und ihren Kollegen Peter Onneken einzuschüchtern versuchten.
In einer ausgestrahlten ARD-Reportage ("Reportage "Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon") berichteten die Autoren des ARD-Beitrags im Hessischen Rundfunk, die ausländischen
Arbeitnehmer seien von dem Sicherheitsdienst auf Schritt und Tritt kontrolliert worden. Die Firma soll zudem Kontakte in die Neonazi-Szene haben. Mitarbeiter hätten Neonazi-typische
Kleidungsmarken getragen, und der Geschäftsführer der Firma zeige sich auf Fotos im Internet mit verurteilten Neo-Nazis, erklärten die ARD-Journalisten.
Verknüpfung zwischen Neonazis und Wachschutz
In Brandenburg beispielsweise sind mehr als 100 registrierte Nazis als "Security" beschäftigt tätig, und "beschützen" u. a.
auch Flüchtlingsunterkünfte.
Medien zufolge spricht der Brandenburgische Verfassungsschutz von einem "Neonazi-Problem" beim Wachschutz. 1.150 Neonazis - inklusive der Mitglieder von NPD und DVU - sind in Brandenburg
registriert. Etwa jeder Zehnte davon ist als Wachmann tätig. Diese werden bei öffentlichen Kultur- und Sportveranstaltungen eingesetzt, aber auch zum "Schutz" von Flüchtlingsunterkünften. Auch
Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen seien mit einem ähnlichen Problem konfrontiert. In die Kritik geriet auch die "Haller Security", die in dem Ruf steht, Angestellte zu beschäftigen,
die in der extrem rechten Szene und/oder verfassungsfeindlichen Organisationen aktiv sind. (Quelle)
Bislang ist der Zusammenhang zwischen Neonazis und Wachschutz kaum thematisiert worden, obwohl es in mehreren Bundesländern schon länger eine offensichtliche Verknüpfung gibt und die jetzt
öffentlich gemachten Bilder in Flüchtlingsunterkünften in NRW wie in Burbach kein neues Phänomen darstellen. Es hat nur eine neue Dimension erreicht, die offenlegt, wie einfach es ist, dass die
Führungskader einzelner Gruppierungen strategisch vorgehen und gezielt in die Sicherheitswirtschaft streben.
Neonazis im kriminellen Milieu
Die Kontakte von Neonazis ins kriminelle Milieu sind auch den Sicherheitsbehörden seit langem bekannt. Doch es sind zumeist
journalistische Rechercheren zu verdanken, dass derlei Verstrickungen öffentlich gemacht werden.
WESER KURIER-Redakteurin Christine Kröger beobachtet seit Jahren die deutsche Neonazi-Szene. Ende 2008 schrieb sie die Reportage „Rocker rücken sich ins rechte Licht“.
Dafür besuchte sie die Tätowiermesse des Rockerclubs Hells Angels in Hannover. Sie entdeckte nicht nur zahlreiche in die Haut gestochene Hakenkreuze, sondern auch
Hannes F., der für die Sicherheitsfirma des Hannoveraner Hells-Angels-Bosses Frank Hanebuth arbeitete. Er war damals ein sogenannter „Anwärter“ auf eine
Hells-Angels-Mitgliedschaft – und polizeibekannt.
Kurz vor Erscheinen der Reportage stand F. noch in Halle an der Saale vor Gericht. Er soll für die „Sektion Niedersachsen“ von „Blood and Honour“ (deutsch: Blut und Ehre) gearbeitet
haben.