Tierbefreiung #85

Tierbefreiung #85
Tierbefreiung #85

Tierbefreiung #85
92 DIN-A-4-Seiten; €3,00.-
die tierbefreier e.V., Postfach 150325, 44343 Dortmund
www.tierbefreiung.de
Der Anlass für den Heftschwerpunkt zu "Tierrechts-Recherchen" war eine Undercover-Recherche im Max-Planck-Institut Tübingen, bei der die Zustände in der Primatenforschung sichtbar gemacht wurden. Im Rahmen des Titelthemas antworten Aktive von SOKO Tierschutz, Rights Watch, Tier im Fokus, Vegan Heute und der niederländischen Gruppe Ongehoord.

(Bewegte) Bilder sprechen uns an, dokumentieren die Wirklichkeit, enthüllen Lügen. Die Redaktion hat diverse Rechercheteams interviewt, die unterschiedlich planen, agieren und berichten. Wer selbst aktiv werden will, sollte zunächst mit dem Team von ARIWA(1)in Verbindung aufnehmen, rät Redakteur Emil Franzinelli im Intro. ARIWA recherchieren sorgfältig, sachlich und machen innovative Aktionen für die Anerkennung von Tieren und sind bundesweit mittels vieler Ortsgruppen aktiv.
Friedrich Mülln (SOKO Tierschutz) beschreibt seinen Bezug zu Undercover-Recherche. Die Hauptsorge gelte den Aufdeckungen von Tierleid und -ausbeutung und stellt klar, dass diese Aufdeckungen keine Selbstverständlichkeit ist. Mittlerweile werden Ermittlungen von Tierrechtsrechercheteams auch von den TV-Sendern ernst genommen. Die Tierausbeutungsindustrie antworte mit Beschönigungen oder setzt auf die Strategie, dass die Rechercheteams die Bösen sind, die die Fleischindustrie ungerechtfertigt diskreditiert. Die moderne Technik böte zudem Möglichkeiten, versteckte Kameras zu installieren. Sinnvoll seien aber immer auch verdeckte Ermittler, die sich in die Fleischindustrie einschleusen. Friedrich Mülln konsterniert, dass Recherchen für jede Bewegung unentbehrlich seien. Dabei seien Standards wie journalistische Präzision, Nachweisbarkeit, Nutzung und Vernetzung zu anderen Aktivistengruppen wichtig. Im Kurz-Interview gibt er Tipps und erläutert Taktiken, Vorgehensweisen für das Sichtbarmachen von Tierleid.
AktivistInnen der AG Recherche(2) beschreiben Möglichkeiten und Grenzen von Recherchen am Beispiel des Schweizer Schweinereports in einem 7-Punkte-Programm. Der Schweinereport fand mediales Interesse, es gab auf einer einberufenen Medienkonferenz Debatten und Forderungen. Selbstkritisch kann der Report nicht als Erfolg bewertet werden, weil der Erfolg davon abhängt, inwieweit weitere Aktionen, Kampagnen anschließen und auch andernorts AktivistInnen für die Sache mobilisiert werden können und die "grausame Normalität der Tierausbeutung" sichtbar zu machen.
AktivistInnen aus dem Rechercheteam von Animal Rights Watch erläutern die methodischen, technischen und praktischen Grenzen in der Recherche.  Der Artikel zeigt auf, inwieweit Filmrecherchen nur eine begrenzte politische Methode darstellt, lässt aber auch viele Vorzüge beiseite und motiviert, sich "besonnen an das Erlernen von Filmrecherche" zu machen. Dafür liefert der Artikel praxisnahe Tipps. Anschließend gibt es ein aktuelles Fallbeispiel über filmisch dokumentierte systematische Gesetzesverstöße in der deutschen Schweinezucht, die von ARIWA aufgedeckt wurden(3).
Johan Boonstra schildert im Kurz-Interview über europäische Tierrechtsgruppen, ihre Themen und ihren Status.
Dann folgt mit einem subjektiven Recherchebericht ein Aktionsbericht, der aufgrund der ehrlichen Worte berührt und gleichzeitig unerträglich ob des erlebbaren Leidens wird. Pawel schließt mit einem Einblick in die Praxis den Schwerpunkt ab und schildert das duale Verhältnis zur eigenen Identität, das sich während der Recherche entwickelt, hebt die Belastungen hervor, über die mensch sich immer im Klaren sein muss und führt Gründe auf, warum Undercover-Recherche einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen können.

Gesamteindruck:

Es gibt sicherlich Gründe, warum die Redaktion nicht über peta und deren Undercover-Recherchen berichtet. Mit der hier präsentierten Auswahl gibt es aber auch so genügend Einblicke und Hintergrundwissen, was bewegte Bilder bewirken, wo ihre Grenzen sind und welche Maßnahmen wichtig sind, einen aufgedeckten "Skandal" am laufen zu halten (Nachhaltigkeit). Was in den Artikeln fehlt sind Erwähnungen und Fallbeispiele von Repressionen der Tierausbeutungsindustrie und wie damit umgegangen wird. Wichtig ist in dem Zusammenhang mit dem Schwerpunkt-Thema auch, dass auch die Aspekte der "Bio"-Tierhaltung aufgegriffen wird, bei der es den Tieren nicht besser geht. Bio-Kühe und Bio-Schweine durchlaufen dieselbe Tötungs-Prozedur wie die konventionell gequälten Schweine und Kühe. Die vielen aufgedeckten und öffentlich gemachten Skandale zeigen, dass Undercoverrecherche, das konsequente Aufdecken von Tierleid, nötig und wichtig ist, dass sie riskant und gefährlich sind, dass aber auch Pressearbeit wichtig ist, Bild- und Videoaufnahmen effektiv an die Öffentlichkeit zu bringen, um eine breite gesellschaftliche Debatte und letztendlich ein Umdenken zu erreichen.

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