TRUST #170
68 DIN-A-4 Seiten; €2,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
www.trust-zine.de
Dolf, bist du das auf dem Cover, links unten im Bild? Hahaha, eine verblüffende Ähnlichkeit, aber du bist ja selten vorne im Pit zu finden, ne?! Hast ja auch aufgehört, Ski zu fahren,
meckerst über Elektro-Autos und Evo-HC-Kids, aber freust dich auf das TRUST Bier. Kollege Jan Röhlk sinniert über das Tragen von Fahrradhelmen, findet es gut, dass Mülleimer einen Kranz
für Pfandflaschen haben, zitiert Loddar Matthäus, um seine geistigen Kurzschlüsse zu Sport und Musik zu untermauern.
Mika berichtet von erfolgreichen OCCUPY-Aktionen in Manila und erlebt widersprüchliches Verhalten bei Anarcho-Punx, wenn es um die Auswahl der Location beim Trinken geht. Jan
Tölva fühlt sich immer noch bei Punk und HC am stärksten zu Hause und regt sich auf über Bands, die alle Klischees zu bedienen, ohne mal aus der Rolle zu fallen. Bela ist genötigt
worden, zwei Mal hintereinander WIZO's aktuellen Release anzuhören, was ihn nach draußen befördert, um Kette zu rauchen (hüstel). Punk ist umsonst und macht krank. Sabrina schnappt sich
Tobi von TWISTED CHORDS während der Label Tour und berichtet von der Labelarbeit, von der Platten- und CD-Sammlung und (gähn) was für neue Veröffentlichungen in den
Startlöchern stehen. Bela ist begeistert vom NEW DIRECTION FESTIVAL, das aufzeigt, "dass Punk/HC(...)noch nicht am verrosten ist". Mika hat 2014 das erste Mal
TIGER PUSSSY in Cebu, Philippinen, gesehen und war begeistert. In einem Interview erfährt er, wie sich das Gefühl von Frustration in den Texten widerspiegelt, dass Sängerin Jan
nicht religiös ist, dass es viele wunderbare Frauen in der philippinischen Szene gibt, "die ständig Revolutionärinnen auf ihre eigene Art" sind. Jan R. interviewt Marc
Gärtner, der auf Punk-Konzerten Fotos schießt und Punk und Fotografie damit vergleicht, dass "man(...) halt auch einfach Kamera auf Auto und abdrücken [kann]. So wie man Punk machen kann
ohne Noten zu lernen". Marc ist kein Perfektionist und würde eher weglaufen, wenn Punk sich zu einem elitären Zirkel entwickeln würde. Marc kommt sympathisch rüber, was vor allem an
seinen ehrlichen, (selbst)kritischen Antworten und guten Resümees liegt ("Was am Ende zählt, ist aber, dass die Band gut klingt, der Computer rechnet und das Auto fährt").
WØLFENSTEIN aus Stuttgart machen das Beste aus ihrem Können und finden die Stuttgarter Szene super, "weil da man schnell auf einer Ebene ist, da gibt es kein Gemecker über die
Jungen oder, dass es früher besser war". Edgar stellt auch gleich klar, dass sie nicht Anti_Deutsch seinen, sondern lieber saufen.
Gesamteindruck:
Eine sehr durchwachsene Ausgabe. Ich kann mir aber aus den Antworten und Ansichten der InterviewpartnerInnen positive Aspekte herausziehen, die haften bleiben, die mir wichtig sind. So erfahre
ich einiges über den politischen Widerstand in Manila, von feministischen Punx und Occupy-Aktionen, um Forderungen durchzuboxen. Marc berichtet en detail über Punk und Fotografie, kommentiert
Verhaltenseisen auf Konzerte und bezieht klar Stellung zu Themen wie DIY, Freundschaft. So sind es die prägnanten Aussagen, die die LeserInnen eben für sich selbst im quantitativen Wust entdecken
muss und die mensch verantwortungsbewusst evaluiert. Auch gut, dass die TRUST-Schreiber darauf verzichten, angesagte Bands zu interviewen (aktuell überall zu lesen: DONOTS, NAPALM DEATH, FEINE
SAHNE FISCHFILET) und sich somit immer noch deutlich von den anderen "großen" Zines unterscheidet. Und dieser Unterschied macht das TRUST nicht sonderbar, sondern einzigartig.