Dr. Mieke Roscher hat seit kurzem an der Kasseler Universität die bundesweit erste Professur für die Geschichte der Beziehungen zwischen Tieren und Menschen (Human-Animal
Studies) inne.
Die Juniorprofessorin betrachtet Tiere nicht mehr nur als Objekte, sondern als eigene treibende Kraft, die die Geschichte der Menschheit beeinflusst.
Nicht der Mensch allein präge die Geschichte, so Mieke Roscher: „Ohne Tiere lässt sich die menschliche Geschichte nicht erklären. Tier und Mensch hätten sich in einer
“kulturellen Koevolution” entwickelt. Ihre Forschungsthemen sind Bausteine für eine “Politische Tiergeschichte der Moderne”, ein Projekt im Kasseler LOEWE-Schwerpunkt “Tier-Mensch-Gesellschaft”,
den das Land Hessen seit dem vergangenen Jahr mit rund 3,6 Millionen Euro fördert.
Schwerpunkt Tiere im Dritten Reich
Roscher richtet ihren Focus dabei auf die Neue und Neueste Geschichte, außer mit dem kolonialen Britisch-Indien beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit dem Dritten Reich. Über den
Nationalsozialismus sei breit geforscht worden, doch die Perspektive auf die Einbindung von Tieren in das ideologische Konzept der Nazis ermögliche viele neue Einblicke. So stamme das erste
deutsche Tierschutzgesetz, das bis 1972 in der Bundesrepublik gültig und weltweit vielfach kopiert worden war, aus dem Jahre 1933. Eindeutig seien darin antisemitische Tendenzen festzustellen,
etwa durch das Schächtverbot. Die Massentierhaltung ist nach Roschers Interpretation ebenfalls in dieser Zeit konzeptuell angelegt, als die Nazis den Zweiten Weltkrieg planten und dafür
die Agrarwirtschaft umstrukturierten. Neben Menschen wurden dann auch Hunde für den Krieg „gemustert“ und an die Front „eingezogen“.
Roscher (Jahrgang 1973) studierte in Göttingen, Bremen und in London und promovierte an der Universität Bremen zur Geschichte der britischen Tierrechtsbewegung. Danach war sie u.a. als
Post Doc am Deutschen Historischen Institut in London tätig.
Ihre Forschungsthemen sind Bausteine für eine „Politische Tiergeschichte der Moderne“, ein Projekt im Kasseler LOEWE-Schwerpunkt „Tier-Mensch-Gesellschaft“, den das Land Hessen seit dem
vergangenen Jahr mit rund 3,6 Millionen Euro fördert. Die Juniorprofessur wurde im Rahmen dieses LOEWE-Schwerpunkts eingerichtet. Die Landes-Offensive zur Entwicklung
wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz – kurz LOEWE – soll die hessische Forschungslandschaft stärken und Verbundvorhaben fördern. Im Kasseler Schwerpunkt „Tier-Mensch-Gesellschaft“ arbeiten
außer Historikern und Historikerinnen wie Mieke Roscher auch Agrarwissenschaftler, Germanisten, Kunsthistoriker, Philosophen und Theologen mit.