PLASTIC BOMB #91
80 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.- + CD
Plastic Bomb, Postfach 100205, 47002 Duisburg
www.plastic-bomb.de
Erst DONOTS, jetzt ANTI FLAG. In jedem großen Fanzine sind immer wieder die gleichen "Aufhänger", grinsen oder gucken grimmig vom Cover. Andi hat den Luxus,
Justin und Chris#2 einen Tag lang zu begleiten und interviewt sie im Auto, beim Essen, unter der Dusche und im Bett. Das sehr ausführliche intime Gespräch liefert einig
Statements und Botschaften, liefert aber auch Erkenntnisse darüber, wie es ist, wenn du dich mit der Band dafür entscheidest, von der Musik zu leben. "Don't give up, give in!"
Beinahe nur eine Randnotiz, stellt Lars das Projekt "MV für Kobane" vor. In letzter Zeit häufen sich viele Soziale Hilfsprojekte unter Beteiligung von Punks und
AntifaschistInnen, die schwerpunktartig in der "Anders leben"-Rubrik gehören. Jonny von SOCIAL DISTORTION fühlt sich im Prinzip wie in einer Bob Dylan Band ("Alle
kommen, um seine Songs zu hören"). Heinz Strunk ist schon ein stranger Typ. Verrückte Ideen und gute Songs mit großem Unterhaltungswert. Ronja analysiert das Interview und versucht
herauszufinden, wie ein Mensch, der sich in Interviews traurig, unmotiviert darstellt, auf der anderen Seite lustig formulieren kann und auf Abruf raus holen kann. Ja, Ronja, also entweder ist
das ein Borderline-Syndrom oder Anzeichen für eine bipolare Störung.
Micha hat es unter schwierigen Umständen doch geschafft und Kontakt zu Dierk, Sänger von der legendären Deutschpunk-Kapelle NEUROTIC ARSEHOLES, herstellen können. Und so
wuschig und fertig er auch rüberkommt, ganz klar sind seine Erinnerungen und Aussagen zur Bandgeschichte, neigt mitunter aber an wahnhaften Ideen und ist sogar fest davon überzeugt, dass es noch
mal Konzerte geben wird ("Es weiß keiner, dass Konzerte kommen, aber ich bin mir da sicher(...)weil das immer so war(...)" und verliert sich in Wunschvorstellungen und realitätsfremden
Ideen.
Einige Plastic Bombler haben das Karnevalspunkfestival in Düsseldorf besucht und sich gleich mehrere Interviewpartner gekrallt. THE KIDS und der wahre
Heino. Komisch nur, dass weiter hinten im Heft eine Suurbier-Story folgt, die Band selbst aber nicht persönlich interviewt wurde, obwohl sie beim Festival doch auch
anwesend waren. Nun ja, wäre aber auch ein wenig viel auf einmal gewesen, ne?!
Ronja und Kadda haben es sich zu Eigen gemacht und interviewen mittlerweile Bands und Personen mit offensiven Fragen, suchen eine direkte Auseinandersetzung und
konfrontieren Bands und Personen mit deren eignen Textinhalten. Heute müssen ABFUKK bluten, wobei Ronja etwas übers Ziel hinaus schießt und nicht gut recherchiert hat.
Aber der Stil gefällt mir und ist entgegen der gewöhnlichen Art und Weise endlich mal kein Kuschelkurs, sondern eben eine Vorgehensweise, wie ich mir es auch in den TV Talkshows wünsche:
Offensive Fragen, Konfrontation, statt Vorstellung des neuen Films, respektive der neuen Platte und belangloses oberflächliches Gelaber. Gründlich zusammengetragen und recherchiert hat erneut
Vasco und erklärt in der "wunderbare(n) Welt der Propaganda" die Zeilen zwischen den Schlagzeilen, die einseitige Berichterstattung zu
Griechenlands Staatskrise und dem Ukraine-Russland-Konflikt und kommt zum Schluss, dass sich die tägliche Berichterstattung nur ablenken soll, "weg von Dingen, die uns alle hier viel dringender
betreffen". Felix aka ADAM ANGST vermisst die Direktheit in den Texten anderer deutscher Bands und DAGOBERT ist immer auf Geschenke angewiesen.
Hui, Henry Rollins im Interview. Konsequent wie immer. Er ist nicht daran interessiert, was jetzt oder als nächstes geschieht". SCHMUTZSTAFFEL ist die Message
wichtig und NAGEL wartet auf Inspiration und Lust.
Gesamteindruck:
Der Anteil an mit Männern geführten Interviews ist erneut überdurchschnittlich hoch. Abgesehen davon überrascht der Inhalt auch mit genreunüblichen Vorstellungen (DAGOBERT, HEINZ STRUNK,
TUBBE...), die ein erweitertes Repertoire an Ausdrucksformen ermöglichen. Das hat durchuas Einfluss auf die konzeptionelle Ausrichtung. Asi-Punk mit und ohne Niveau, Kunst, Kultur und Theater,
Ska und Electro. Dieses mal kein Interview mit einer Hip Hop-Combo. Nun ja, ich bin mir sicher, dass in der nächsten Ausgabe eines folgt, wo Punk und HipHop wieder eine Schnittmenge haben:
KEIM-X-ZELLE, wetten???