TRUST #175
68 DIN-A-4 Seiten; €2,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
www.trust-zine.de
"Wer demonstriert gegen das Wirtschaftspartnerabommen (EPA)?" Dolf regt sich auf und berichtet ansonsten über Banales und auch darüber, dass viele LeserInnen den Foto-Artikel über das TRUST Black
Pils-Brauen nicht als Statement für das Craft Bieren wahrgenommen haben. Vielleicht meint Dolf in diesem Zusammenhang "Handwerk und Tradition", das würde zumindest passen.
Ich wundere mich immer wieder über Jan Röhlks Akribie und Detailversessenheit, was seine Recherchen zu Ursprünge von Bandnamen und Songtitel ergeben und welche Assoziationen er anstellt,
wenn er die archivierte Zitatensammlung durchgeht. Ob Jan hieraus eine Weltverschwörungstheorie in Umlauf bringt? Jan Tölva moniert als Mitglied der Antifa e.V. keine Stempelkarte vom VS erhalten
zu haben, weiß er doch, dass die Antifa fürs Demonstrieren Geld vom Staat bekommt. Mika erkennt, dass nicht nur das TTIP böse ist, sondern auch der Investitionsschutz für europäische Konzerne und
Gänsehautmomente erlebt, wenn Fans der Tennis Borussia Berlin "Refugees are welcome-here" singen und mit ihnen feierten!
Jan trifft sich mit Frank von EPISTROPHY RECORDS, der über MP3-Songs vs. Vinyl kaufen spricht und sich mächtig aufregt, wenn sich Plattensammler nur über den Wert einer Platte
definieren und Leute wie Sven Regener (ELEMENT OF CRIME) mehr öffentliche Gelder einfordern, ohne dass jemand erst mal die Gelegenheit bekommt, selbst darüber zu entscheiden, was mensch nach dem
Hören der Lieder bereit ist, auszugeben. Neben den überwiegend langweiligen wie banalen Fragen zu den einzelnen Label-Veröffentlichungen ergeben sich aus diesen Antworten einige wesentliche
Merkmale, die sogar einen weiteren Schwerpunkt rechtfertigen würden.
KÜKEN drehen das 2. K punkermäßig um und Bela macht aus dem Interview weniger als eine Randnotiz einer ansonsten coolen Punkband, die in bester Killed by Death-Manier loslegt.
Auch Martin Scheers Interview mit GOVERMENT FLU ist ebenfalls nicht nur großzügig layoutiert, sondern hat einige gute Ansätze, die aber leider von der Band und Interviewer nicht
vertieft werden (Nazis, Hools in Polen). Ausführlich und sehr gut hingegen Claas Reiners Artikel über die Shanghaier Subkultur (im Vergleich zu Peking), dem ein Interview mit
Blogger, Autor, Musiker (ASTROFUCK) Andy Best anschließt. Andy informiert und gibt Aufschluss über die rasche Entwicklung der Subkultur in der Stadt, gibt Ausgeh-Tipps und skizziert eine
überschaubare, aber kreativ-experimentelle junge Szene.
Gesamteindruck:
Eine Ausgabe mit wenig Licht und viel Schatten. Das TRUST als Experimentierfeld für Punk und HC liefert ansatzweise informative Kernpunkte und -themen, die die LeserInnen für sich selbst herauslesen/-finden müssen. Das ist umso ärgerlicher, denn gerade da, wo ein Diskurs stattfinden könnte, versiegt ein mögliches bildungsintensives Programm. Lediglich der Artikel und das anschließende Interview über Shanghai bietet eine spannende Forschungsreise in die Subkultur der Stadt. Der wenige Rest führt ein Nischendasein, ist eine quantitative Erfüllung der Selbstaufgabe ohne überraschende Wirkung.