AIB #109

AIB #109
AIB #109

AIB #109
68 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-
AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
www.antifainfoblatt.de
Das AIB-AutorInnen-Kollektiv greift die "hässliche" Zeiten auf, in denen Islamisten Menschen ermorden, deren Terroranschläge aber auch in der aktuellen Debatte um Geflüchtete in Verbindung gebracht werden; in denen PEGIDA Brandstifter ist für eine erhöhte Zahl von Über- und Angriffen auf Flüchtlingsheimen.

Im letzten Jahr gab es in diesem Zusammenhang eine gesteigerte Form rassistischer Gewalt, rassistische Demonstrationen und Kundgebungen. Die rassistische Artikulation reicht in allen Schichten der Gesellschaft hinein. Von daher greift das AIB nicht nur den (gesellschaftlichen wie politischen) Umgang mit Geflüchteten in Deutschland auf, sondern  auch die Frage, wie antifaschistische Handlungsmöglichkeiten aussehen können.
Die CSU und besorgte BürgerInnen fordern eine Obergrenze für Flüchtlinge. Unions-PolitikerInnen fordern weiterhin sogenannte Transitzonen, um Geflüchtete im grenzkontrollfreien Raum festzuhalten und abzuschieben. Hinzu kommt ein immer offen kommunizierter Rassismus, der laut AIB nicht zugenommen hat, sondern immer schon sehr hoch war.
Ein Mitglied einer Potsdamer Gruppe berichtet wie diese Geflüchtete bei ihrer Weiterreise geholfen und sichergestellt hat, dass Refugees nicht ohne eine Perspektive oder ziellos weiterreisten.
Daran knüpft ein diskursorientierter Artikel an, der den Konflikt der Potsdamer Linke beschreibt, die einerseits Kritik am Erstaufnahme"lager" äußern, zugleich aber am Aufbau und Betrieb eines solchen beteiligt ist. Möglichkeiten aus diesem Dilemma sind eine weiterführende Unterbringung für Geflüchtete in die Stadt, Androhungen von Hausbesetzungen, aber auch eine bundesweite Vernetzung zwischen Geflüchteten und auch Helfenden.
In Dänemark wurden Anfang des Jahres Grenzkontrollen eingeführt.  Dänemark ist Haupt-Transitland für Migranten, die über Deutschland nach Schweden wollen, um dort Asyl zu beantragen. Zuvor gab es bereits in Schweden Passkontrollen, die auch zu Protestcamps der Geflüchteten führten bzw. zu einer Selbstorganisation und solidarischen Fluchthilfe, um ihre Kämpfe für Blei­be­recht und gegen Abschiebung wo gewünscht zu unterstützen.

Gesamteindruck:

Das Titelthema ist ein wenig irreführend, denn es geht thematisch nicht vordergründig um den Umgang mit Geflüchteten in Deutschland, sondern auch um Antizigianismus in den Debatten um Flucht aus Staaten des ehemaligen Jugoslawiens,die EU-Flüchtlingspolitik, Fluchthilfe in Dänemark. Insofern wird weniger auf die deutsche Willkommenskultur eingegangen, als grob die restriktive europäische Asylpolitik skizziert. Fakt ist, Europa macht dicht. Ungarn machte den Anfang an der Grenze zu Serbien. Bulgarien rollte an der Grenze zur Türkei Stacheldraht aus. Auch in Kroatien, Slowenien und in Österreich gelten Zäune als Option, zumindest als "letztes Mittel", um Menschen aus dem Land zu halten, vor allem jene, denen von vornherein keine Schutzbedürftigkeit zugesprochen wird oder deren Asylchancen als sehr gering gelten.
Um beim Thema zu bleiben, hätte das AIB-AutorInnen-Kollektiv gut daran getan, den Fokus auf antirassistische, solidarische Unterstützung für Geflüchtete zu richten und/oder Projekte/Initiativen vorzustellen, zu interviewen, die Proteste organisieren und sich gegen die Abschiebungspraxis kämpfen. In dem Zusammenhang hält auch pro Asyl viele Informationen bereit, was die Fluchtursachen sind und wie sie zu bekämpfen sind. Insofern bleibt der AIB-Schwerpunkt zu unausgegoren und zeigt bis auf eine Ausnahme (Kurzinterview mit Refugee-Aktivist Potsdam) wenig davon, wie praktische solidarische Hilfe aussieht, welche Maßnahmen erforderlich sind und welche Forderungen von Geflüchteten und Helfenden erstellt werden sollten.

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