Fahrradmod
v. Tobi Dahmen
Hardcover, 480 Seiten, schwarzweiß; 29,99 €
ISBN 978-3-551-76308-2
carlsen.de
Inhalt: Mods, Skinheads, Scooterboys - die britische Subkultur erreicht auch die Kleinstadt Wesel, in der Tobi aufwächst. Er wird Mod, übernimmt deren modischen Style, hört
Ska-Musik und sucht nach Anerkennung. Die Bewegung wird ihn nicht mehr loslassen, doch die Übergänge zu anderen Subkulturen sind fließend - und gefährlich.
Gesamteindruck:
Tobi macht aus den Erfahrungen seiner Jugend ein autobiographisches Buch, einen bebilderten Soundtrack. Einleitend zu den 4 Kapiteln skizziert Tobi die Jugendkultur der Sixties-Szene: Mods,
Scooterboys, Skinheads. Immer in Style. Soul, Ska, 2 Tone. Zusammengefasst lässt Tobi durchblicken, dass es allgemein und auch ihm wichtig war, cool zu sein, sich gut zu kleiden und gute
Platten/Musik zu hören. Dabei ist er immer auf der Suche nach dem "echten" Style und möchte in der Gemeinschaft aufgenommen werden und aufsteigen. Denn innerhalb der Mod-Szene gibt es
Kategorien/Klassifizierungen über den Status. Das wird von Älteren innerhalb der Szene genau überwacht und führt zu Ausgrenzungen oder zu Akzeptanz. Je nachdem, was du kaufst, was du hörst, was
du fährst. Darüber wird sich definiert. Und darüber wird auch Tobi fremddefiniert. Ehrlich schildert und zeichnet er seine Zweifel, sein mangelndes Selbstwertgefühl. Insofern ist es Tobi auch
gelungen, die soziologische Seite aufzugreifen, die verantwortlich ist für Identitätsfindung, ICH-Werdung, Selbstannahme, die über die Gruppe bestimmt wird. Es gibt Vorbilder und die
Zugehörigkeit zu einer Gruppe gibt dem Jugendlichen Halt und Sicherheit.
In diesem Prozess des Angenommenwerdens, auf der Suche nach Bestätigung und Akzeptanz, bleiben Tobi vor allem seine Freunde, auf die er sich verlassen kann. Mit denen er die (All)Nighter
feiern und tanzen kann. Und darauf legt Tobi den Fokus. Es geht vor allem um Nighter, um Party machen und feiern, um Musik hören und um die Verhaltensänderung der Leute auf den Parties, die dazu
führen, dass Tobi andere Stile ausprobiert. Das passiert in seiner Graphic Novel immer dann, wenn Menschen sich wie Skins kleiden und ihre rechte Gesinnung zeigen. In diesem Zusammenhang
schildert/zeichnet er eine Schlüsselszene über die Ermordung eines ihm bekannten Skinheads, der aus der extrem rechten Szene ausgestiegen war.
Tobi hat grafisch einige gute Ideen umgesetzt. Etwa die Darstellung einer Szene, die er in mehreren Panels unterteilt oder großflächige Panels ausfüllt, die er posterartig skizziert. Dabei lässt
er viel Musiktexte einfließen. Schließlich beginnt das Buch mit einem Mixtape, das er findet und endet mit einem Mixtape, das er verschenkt. Was übrig bleibt ist also die Lust auf Musik, die
Bilder einer Jugend projiziert, die Erinnerungen weckt. Alles hat seine Zeit.