Tierbefreiung #90
96 DIN-A-4-Seiten; €3,00.-
die tierbefreier e.V., Postfach 150325, 44343 Dortmund
www.tierbefreiung.de
"Gemeinsam gegen Konzerne und Kapitalismus!" Die Redaktion widmet sich mit dieser Schwerpunktausgabe ganz der Kampagnenarbeit. Die verschiedenen Bündnisse und Kampagnen wie "LPT Schließen",
"OGPI, "Mastanlagen Widerstand" waren und sind ja stets redaktioneller Bestandteil im Magazin.
Nun aber gibt es sozusagen ein Update, eine Vorstellung der Kampagnen/Bündnisse mit ihren Zielen, die aufzeigt, warum die Tierrechtsbewegung "auf andere Ressourcen und Mittel zurückgreift(...)",
um die Wirtschaftszweige und Unternehmen, die Tiere aus wirtschaftlichen, profitorientierten Gründen ausbeuten, züchten, halten, töten und ermorden.
Beispielhaft für eine erfolgreich abgeschlossene Kampagne ist das Modeunternehmen Peek&Cloppenburg West, welches schon kurz nach Kampagnenstart der OGPI im Herbst 2015 eine erneute Erklärung
abgab, ab 2016 wieder aus dem Kaninchenpelzhandel auszusteigen.
Die Kampagne LPT-Schließen ist ein Netzwerk aus verschiedenen Tierrechtsgruppen und -organisationen, welches sich aktiv gegen die Tierversuche und die Tierhaltung des
Unternehmens LPT – Laboratory of Pharmacology and Toxicology mit Sitz in Hamburg richtet. Die AktivistInnen fordern die Abschaffung jeglicher Tierversuche durch LPT.
Zum Erreichen des Kampagnenziels organisieren sie Proteste, z.B. in Form von Demonstrationen und Aufklärungsarbeit, stellen Aktionsmaterial und Informationsmaterial bereit und betreiben
Öffentlichkeitsarbeit. In ihrer Selbstkritik/Selbstreflexion stellen sie fest, dass es sinnvoller/attraktiver ist, direkt vor den Toren des Labors zu demonstrieren. Um mit der Arbeit letztendlich
Erfolg zu haben, ist es wichtig, das Unternehmen strategisch zu analysieren und auch die KooperationspartnerInnen ins Visier zu nehmen.
Die Offensive gegen die Pelzindustrie ist eine Kampagnengruppe, die für die Abschaffung des Pelzhandels eintritt. Als Kampagne ist sie auf Pelz bezogen, verfolgt ein bestimmtes
Fernziel (Beendigung der Pelzindustrie) und mehrere Nahziele (Pelzverkaufsstopp in einzelnen Waren- und Modehäusern, Schließung von Pelzläden und sog. Pelztierfarmen, gesetzliches Verbot der
Pelztierhaltung*). Für die Realisierung dieser Ziele entwickelt sie eine bestimmte Strategie (einen Aktionsplan) und verfügt über eine Netzwerkstruktur. Die OGPI versucht einen Überblick über den
Modemarkt im deutschsprachigen Raum zu behalten und sammelt in diesem Zusammenhang auch Daten über die Pelzindustrie. Ein ausgewählter Erlebnisbericht aus dem Jahr 2006 (???) schildert eine
Protestaktion gegen den Pelzverkauf bei P&C in Wien, eine Timeline belegt die Erfolge und auch "Was bisher geschah". Die Kampagne gegen Tierfabriken stellt sich vor, ein
Karte veranschaulicht Bündnisse und Kampagnen im deutschsprachigen Raum. Wichtig in dem Zusammenhang wird deutlich, dass die Kampagnenarbeit mit Infoveranstaltungen, Blockadeaktionen nicht nur
gegen Tieranlagen gerichtet ist, sondern auch Aspekte der Umweltzerstörung durch Tierproduktion debattiert/berücksichtigt werden.
Gesamteindruck:
Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung ist eine vergleichsweise junge soziale Bewegung, die sich unter anderem durch eine enorme Varianz an Protestformen und Strategien auszeichnet. Besonders
in ihren Anfangszeiten hat sie sich häufig an klassischen Formen und Methoden des Protestes orientiert, so etwa in Form von Großdemonstrationen gegen Tierversuche, Aktionen zivilen Ungehorsams,
Informationsständen in Innenstädten. Da im Vergleich zu Tierschutzkampagnen, welche zumeist vor allem aus Öffentlichkeitsarbeit und Medienstunts bestehen, die Kampagnen der Tierrechts- und
Tierbefreiungsbewegung einen enormen Druck auf die Kampagnenziele erzeugen, wird häufig auch von sogenannten ‘Pressurecampaigns’ gesprochen, um diese Aktionsstrategie von anderen ‘Kampagnen’
abzugrenzen. Diese Abgrenzung bzw. die genauen Unterschiede zwischen Tierrechts- und Tierschutzkampagnen fehlen im Schwerpunkt. Auch die Aktionen und Kampagnen der ALF bleiben
unerwähnt.
Eine zentrale Botschaft von Kampagnen ist, dass die Proteste nicht medienwirksam einmalig durchgeführt werden, sondern dass die AktivistInnen gewillt sind, so lange die Proteste aufrecht zu
erhalten, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Das wird in den verschiedenen Aktionsberichten auch deutlich hervorgehoben. Hieran wird am deutlichsten sichtbar, welchen Stellenwert das Durchhalten
während einer Kampagne haben kann. Nicht unerwähnt bleiben sollte aber auch, dass die Kampagnenarbeit nicht selten an die Grenze der eigenen Belastung geht. Darüber gab es ja schon einen
Schwerpunkt in der Tierbefreiung #88
("Widerstand in der Krise. Wenn politischer Aktivismus zur Belastung wird").