TRUST #178
68 DIN-A-4 Seiten; €2,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
https://trust-zine.de/
Dolf sitzt seit 30 an den Tastaturen und hat in diesen Jahren viele Texte fürs TRUST geschrieben, die im übrigen nie redigiert werden, was den Lesefluss beeinträchtigt/stört. Er stört sich an die
Richtlinie des Pressekodex in der Berichterstattung über Straftaten, wonach rassistische, diskriminierende Kennzeichnungen in den Schlagzeilen, Artikeln Vorurteile schüren und erwartet, sich von
diesen veralteten Denkweisen zu verabschieden und zu nennen, wie es ist.
Auffällig ist im jeden Fall die gewählte Form, die von den Medien aufgegriffen wird, um bspw. Menschen, die eine Straftat begangen haben, unterschiedlich zu kategorisieren und stigmatisieren. So
nennen JournalistInnen in ihrer Berichterstattung zu Straftaten, die von Menschen mit Migrationshintergrund verübt wurden ihre ethnische Herkunft, während bei anderen, von inländischen Personen
ihre Namen angegeben werden (Bsp.: Klaus S.). Das in der Berichterstatter Menschen und ganze Personengruppen stigmatisiert werden, und dass seit vielen Jahrzehnten, ist also eine gängige
rassistische Praxis in den Medien. Jüngstes Beispiel ist die journalistische Bezeichnung von "Problemflüchtlinge" im Zusammenhang in der Berichterstattung zu "kriminellen, unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge". Wenn die LeserInnen also in den Medien über ausländische StraftäterInnen lesen, bestätige sie das in ihren Vorurteilen. Ein Vorgang, der meiner Meinung weiterhin
kritisch bewertet werden sollte, gerade vor dem Hintergrund, dass die AfD und andere extrem rechte Parteien und Gruppierungen versuchen, diese Schlagzeilen für ihre Zwecke und ihr Weltbild zu
instrumentalisieren.
Bacardi-Werbung, Kurt Tucholsky, Strafvollzug als Wirtschaftszweig, Metal-Journalismus, Herrenwitze. Jan Röhlk hat vielseitige Interessen und teilt "uns" seine Gedankenspiele mit, die in
der komprimierten Form von Schnelligkeit geprägt sind und mit einem analytischem Blick formuliert werden, sodass sich ein konfuses Bild ergibt. Ein Werte-Maß, überhaupt einzuschätzen, wo er steht
und was er durchdacht und recherchiert hat und hieraus der Eindruck entsteht, wie er einerseits darin vollkommen aufgeht und anderseits es darauf hinausläuft, nicht verstanden zu werden.
Im 2. Teil der Abhandlung zum kritischen Konsum ("Shop 'till you drop!") thematisieren Sabrina Schramme und Jonas Schmeinck Nachhaltigkeitsideen und -strategien im Umgang mit
Konsum, Vermeidung von Müll, zeigen Alternativen zum globalen Wirtschaftswachstum auf (Verzicht, Reduzierung, wachstumskritische Perspektive) und kommen zum Schluss, dass "ohne weitreichende
Veränderungen unseres aktuellen Lebensstils" ein reduziertes Wirtschaftswachstum nicht möglich ist und, dass es keinen "guten" Konsum gibt. Ergänzend gibt es einige Fragen und Antworten zu und
von Firmen, die nachhaltige Konsumgüter anbieten (z.B. Waschbär, FairBleiben, avesu) und ganz interessante Positionen bekleiden zwischen Wirtschaftlichkeit, Profit, Verantwortung zum ethischen
Konsum.
Gitarrist Weigner von THOUGHT wird von Interviewer Mika mit Zitaten aus George Orwells Buch "1984" konfrontiert und muss diesbezüglich selbst
erst mal recherchieren, um darauf zu antworten, ist "gerade gestern erst aufgewacht und hatte Langeweile, wusste nichts, mit sich anzufangen". Sam und Mikey von SCHEISSE MINELLI
betreiben auch eine Siebdruck-Firma (BAD PRESS) und geben Einblicke in die Bereiche Anfrage, Herstellung und Vertrieb.
Gesamteindruck:
Bei ganzen 10 Seiten Schwerpunkt-Thema bleibt wenig Platz für andere Dinge im TRUST. Insofern wirken die beiden Interviews etwas deplatziert. Der Schwerpunkt zum kritischen Konsum ist aufwändig erfasst, was fehlt ist die Erkenntnis, dass jedes Bedürfnis schon auf irgendeine Weise durch die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt ist, in denen das Subjekt sich bewegt. Jedes Unternehmen im Kapitalismus verfolgt den Anspruch der Kapitalakkumulation und muss ihn auch verfolgen, da es zu den anderen Unternehmen in Konkurrenz steht und darin untergeht, wenn es diesen Anspruch nicht immer wieder von neuem verwirklichen kann. Der Unterschied zwischen BAYER oder WaschBär besteht nicht in ihrem Prinzip, sondern nur in der Größenordnung, in der sie sich bewegen. Wer also ein Problem damit hat, dass in dieser Gesellschaft der Großteil der Gebrauchsgüter Schund ist und dass einem dieser Schund auch noch als das Allertollste angepriesen wird, muss den Zweck kritisieren, unter die kapitalistische Produktion abläuft, und die Form der Konkurrenz. Statt den Zweck der Wirtschaft zu kritisieren, wird ein moralischer Appell an die Einzelnen gerichtet, ihre Bedürfnisse zurück zu schrauben (Verzicht, Einschränkung...) und sich somit in einem System einzurichten, das notwendigerweise einen Großteil ihrer Wünsche unerfüllt lässt. KonsumkritikerInnen wie Sabrina und Jonas es ausgiebig formulieren sind sich dessen nicht bewusst und glauben, auf dem Wege des bewussten, nachhaltigen Konsums eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung herbei führen zu können, geht in die falsche Richtung und lässt das dahinter liegende kapitalistische Prinzip unangetastet.