OX #127
132 DIN-A-4-Seiten; € 5,50.- + CD
OX-Fanzine, Postfach 110420, 42664 Solingen
www.ox-fanzine.de
Joachim hört Krach und Lärm. Keine Crust-Platte, kein Grind-Gegrunze, sondern Baustellen-Musik der ratternden Motoren. Das ist belastend und nervt natürlich. Zum Ausgleich debattiert er mit
Milo von DESCENDENTS über die Vorzüge von Kaffee-Konsum und einer damit einhergehenden möglichen Koffein-Vergiftung, sowie über Fürze im Tourvan, TTIP-Verhandlungen und
dem angestauten Frust über das SST-Business-Modell.
Alex Gräbeldinger beschreibt den Alltag in der Tagesklinik und die Folgen der Medikamentenumstellung, die bei ihm Panikattacken in öffentlichen Verkehrsmittel auslösen. Tom van Laak
durchlebt einen Horrortrip und hat bei all den Katastrophen in der Welt das Gefühl, er lebe auf einem Pulverfass. Zum Ende des Tragbucheintrages gerät Tom richtig in Wallung, und dass zum Glück
mal ohne Port und Kräuterzigarette. Aufregen ist gut für den Kreislauf. Davon scheinen sich DINOSAUR JR. schon länger gelöst haben und streiten nicht mehr so häufig und
sind laut Lou anspruchslose Musiker, die die Songs so schnörkellos raushauen wie die RAMONES. BARB WIRE DOLLS sind wie Nomaden ohne festen Wohnort, für Isis Queen ist
die Band ihre Familie und die Songs sind ihre Kinder. Genesis Breyer P-Orridge alias Neil Andrew Megson (THROBBING GRISTLE, PSYCHIC TV) hat eine turbulente Vergangenheit
und immer noch eine aufregende Zeit und glaubt, dass "wir" uns auf ein Zeitalter des totalitären Kapitalismus zubewegen, der sich zurückentwickelt zu einer "scheußlichen Form von
mittelalterlichem Feudalismus".
Thorsten Stein wurde aus MAD SIN herausgekickt und möchte nach den ganzen turbulenten Aussagen über die Trennung seine Ruhe haben, der aber im Interview mit Markus Franz recht
deutlich leidet und immer noch sehr enttäuscht ist. Anke Kalau lässt GLITTERHOUSE-Mitbegründer Rembert Stiewe die Geschichte vom Fanzine zum LAbel erzählen, die
von Erfolg, DIY und Headhunter-Politik handelt.
Gesamteindruck:
Das OX ist ein Standardwerk für musikrelevante Forschungsgebiete im Punk- und HC-Sektor, die zumeist oberflächlich, bisweilen auch tiefgründig ergründet werden. Wenige Interviews sind ausführlich und bieten Hintergrundinformationen und Perspektivwechsel außerhalb der musikalischen Ebene. Es macht leider keinen Sinn, den Platz im Heft mit standardisierten Fragen/Antworten zu füllen, ohne dass die Qualität leidet. So werden nach wie vor im Schnellverfahren Bands abgefragt, die in der Fülle beliebig/austauschbar sind und in der Masse untergehen. Immer wieder gut sind jedoch die Nischen, die "V.A."- Rubriken, wie auch die kompetent geführten Film-Rubriken. Die Stärke liegt an der persönlichen Begeisterung der FragenstellerInnen, die immer dann aufkeimt, wenn sie Möglichkeiten bekommen, sich zu entfalten und die Entwicklungen in der musikalischen Sub- und Popularkultur an konkreten Beispielen zu skizzieren (bspw. Genesis Breyer P-Orridge). Das bietet einen Nachhaltigkeit-Effekt, der ein Qualitätsmerkmal darstellt und ein Fanzine auszeichnet. Gemessen an der hohen Seitenzahl wird das jedoch zu wenig umgesetzt, sodass der austauschbare Inhalt nur wenige qualitative Höhepunkte bietet. So bleibt das OX ein gutes Infotainment-Magazin, das weniger innovativen und investigativen Journalismus betreibt und komplexe gesellschaftskritische, politische Zusammenhänge erklärt, sondern Standardrubriken etabliert, die aktuell informieren und manchmal unterhaltsam sind (Comics, Alex'/ Tom van Laaks/ Kent Nielsens Kolumnen).