ROMP #40
40 DIN-A-4 Seiten; €2,50.-
Romp Zine, Postfach 6633, 6000 Luzern 6, Schweiz
zine@romp.ch
Nach einem Sammelsurium von Polit-News aus der Schweiz zu Repressionen, Prozessen, Nazi-Konzerte und Hausbesetzungen folgt mit HÄSSIG das erste Interview. In diesem wird offenbar, dass sich der
Interviewer schlecht vorbereitet hat. Woher die Band stammt und welcher Inhalt die Texte haben und ob diese "negativer oder eher positiver Natur" sind kann selbst recherchiert werden. Im Zuge
dessen können Anhaltspunkte und Ansätze gefunden werden, die Band mit ihren Inhalten zu konfrontieren und eine Debatte zu führen.
Das ist journalistisch aufregender und hochwertiger, als das Basiswissen abzuklopfen. Diese Art und Weise der Interviewgestaltung und -führung ist allgemein auch ein Schwachpunkt im ROMP. Die
Geschichte des Sedels wird zum 35-jährigen Bestehen wiedergegeben, der Fokus liegt auf Abschnitte, "welche im direkten Bezug zum Sedel oder klassischer Punker Angewohnheiten stehen". Der
Schwerpunkt des aktuellen ROMP-Fanzines ist ein langer ausführlicher Artikel von Barbara, die zwei Bücher zum Anlass nahm, sich eines Tabuthemas zu bedienen, das sie selbst bis an den Rand des
Wahnsinns trieb. Auf Grundlage der Bücher "#Regretting Motherhood: Wenn Mütter bereuen" (Orna Donath) und "Die Mutterglücklüge: Warum ich lieber Vater geworden wäre" (Sarah Fischer) reflektiert
Barbara ihre Rolle als Mutter und schildert, warum sie in der Mutterschaft nicht die "vorgeschriebene" Erfüllung findet. Sie greift auch Fallbeispiele in den Büchern auf, die offenbaren, dass
Frauen, die öffentlich machen, ihre Mutterschaft zu bereuen und unglücklich sind, von der eigenen Familie, FreundInnen sanktioniert und negativ stigmatisiert werden, was vor allem an der
Buchautorin Sarah Fischer deutlich wird. Während Sarah sich öffentlich andauernd verteidigen muss(te), weil sie schon drei Monate nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten ging und Morddrohungen
erhielt, betrieb die israelische Soziologin Orna Donath eine Feldforschung mit 23 Befragten zum kontroversen Thema, das heftige Empörungen zur Folge hatte, wie Frauen denn ihre Kinder bereuen
können und bekommen öffentliche Reaktionen und Vorwürfe wie Wehleidigkeit oder Egoismus zu spüren. Für Barbara sprechen diese Frauen aus der Seele und schreibt den Artikel für Mütter und auch
Väter, die unter dem Druck stehen, endlich eine Familie gründen zu müssen.
Des Weiteren gibt es einen aktuellen Blick auf die Finnland-DIY-Punk/HC-Szene, der leider sehr verkürzt präsentiert wird und im Wesentlichen Bandkontakte und ein paar Festivals auflistet. Joachim
vom OX-Fanzine hat das ROMP darüber informiert, dass der von ihnen benutzte Begriff "Kochen ohne Knochen" geschützt ist und bittet/untersagt eine weitere Nutzung im ROMP für die vegane
Rezept-Seite. Im Zuge dessen gibt es ein Interview mit Joachim, der trocken formulierte und sachlich begründete Antworten zum OX, Kok abliefert.
Gesamteindruck:
Der kontroverse Artikel zum Thema "Sein Kind lieben - aber nicht das Muttersein" böte Anlass für eine weiterführende Debatte, die im ROMP nicht stattfindet. Wie gehen andere Frauen, Väter mit diesem Tabuthema um? Gerade in der Punk- und HC-Community gibt es viele Väter und Mütter, die ihre Gedanken und Meinungen zum Tabu-Thema haben und die Diskussion lebendig halten würden. Des Weiteren wären Aspekte wie "Mutterschaft ist ein Identitätskonzept", "Mütter ohne Rechte im Patriarchat", "Matriarchat", "das moderne Geschlechterverhältnis mit den entsprechenden polaren Geschlechterzuweisungen" in der Sache hilfreich gewesen, das Thema umfassender zu durchleuchten. Das ist zwar nicht der Anspruch des Herausgebers gewesen, wäre aber im Sinne der Kritik und Ergänzungsbedürftigkeit für eine emanzipatorische Perspektive notwendig gewesen.