Heute ist der 3. Oktober. Ein offizieller Feiertag. Ein Blick auf die Straßen zeigt eine ganz andere Stimmung, die Anlass für Sorge ist, als dass es einen Grund zum Feiern gebe. In Dresden sollen zur Feier 2600 Polizisten im Einsatz sein, die mit Maschinenpistolen und Schutzausrüstung als schnelle Eingreiftruppe für den Ernstfall parat stehen. Der Ernstfall setzt bereits am vergangen Montag ein, als bislang noch unbekannte TäterInnen 2 Bomben explodierten ließen, die einen extrem rechten Hintergrund vermuten lassen.
Der rechte Terror steht in einer traurigen, unmenschlichen Phase der europäischen Unordnung. Es gibt derzeit keinerlei verlässliche Institutionen und Bündnisse, die durch Gemeinschaft Sicherheit
böte. Nicht nur bezogen auf die europäische Flüchtlingspolitik rückt die bürgerliche Mitte immer weiter nach rechts und stärkt den radikalen Nationalismus, den Parteien wie AfD, Front National,
Vlaams Belang, Ataka, Dansk Folkeparti, Chrysi Avgi, Lega Nord, FPÖ propagieren. Und so stehen auch heute in Dresden RechtspopulistInnen zusammen mit WutbürgerInnen auf der Straße und sehen sich
bedroht von was auch immer, ohne zu verstehen, dass die Integration von Flüchtlingen mit Bleiberecht eine Chance ist, aber kein Grund, um Angst zu haben, Ängste zu schüren und das „Schrumpfen als
deutsches Volk“ (Frauke Petry) zu verhindern. Die AfD will den Schießbefehl an deutschen Grenzen. Sie wertet das Leid der Schutzsuchenden ab – und begegnet ihnen mit Gewalt statt Empathie. Wir
können also einen europäischen Entsolidarisierungsprozess und erstarkenden Nationalismus beobachten. Aber der Stand des ursprünglichen Anlasses des Feiertags – die Wiedervereinigung – sollte
einem ebenfalls zu denken geben. Zu groß sind die Differenzen zwischen „West“ und „Ost“, zu unsolidarisch verlief und verläuft der Einigungsprozess, in dem nach 25 Jahren noch nicht einmal das
Lohnniveau angeglichen werden konnte. Die Schere zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft wächst stetig, der Niedriglohnsektor gedeiht, die Gesellschaft wird gespalten, Ressentiments werden
befeuert, jede und jeder sucht und findet jemanden, der die Schuld an allem hat. Da kommt die Angst vor dem Fremden sehr gelegen. Die Feierlaune ist nur erheblich getrübt, sondern die Feiertage
in Dresden werden zur Farce. Das gemeinsame "Wir " findet mensch in "Wir schaffen das" (Angela Merkel) und "Wir sind das Volk" (PEGIDA-DemonstrantInnen) und hat zwei ganz unterschiedliche
Auffassungen von Solidarität und Gemeinschaft. Der Mob hetzt, Häuser brennen und Menschen werden gejagt, in der Bevölkerung breitet sich der Hass aus. Deutschlands Zustand ist eine reine
Katastrophe.
Der Sekt ist erst kaltgestellt, wenn die Grenzen (im Kopf) überwunden werden und Menschen nicht länger in Angst vor rechten Terror leben müssen.