OX #129
132 DIN-A-4-Seiten; € 5,50.- + CD
OX-Fanzine, Postfach 110420, 42664 Solingen
www.ox-fanzine.de
NEUROSIS sind für Joachim ein Wegbegleiter, ein Freund und hält den vertrauten Moment, den dieser seit der ersten Begegnung in San Francisco hinterlässt, mit einer
Titelstory fest. Für Joachim waren und sind ihre Shows "überwältigende Ereignisse". Steve erledigt noch kurz vor der Schule seine Hausarbeit und beschreibt den Alltag außerhalb
des Rockstar-Daseins.
Steve kümmert sich um die Familie, um die Band, das Label und erklärt auf esoterische und philosophische Art die Ansätze und Aspekte ihrer Musik, die die existentiellen Fragen, die
Erfahrung von Leben, Tod und Wiedergeburt aufgreift und sich am Rande von Schamanismus bewegt. Tom van Laak beschwört auch weiter seine inneren Dämonen, ist dieses Mal aber sehr
melancholisch und berührt, weil er einen Slalomlauf der Gefühle fährt, diesen - wie gewohnt - mit dem reichlichen Konsum von Portwein und anderen alkoholischen Getränken kompensiert, und trotz
gemeinsamer glücklicher Wohngemeinschaft mit Marion nicht einen einzigen Tag ohne Alkohol bleibt. Das bleibt nicht ohne Folgen und Tom gerät leicht in Panik, weil er gelesen hat, dass übermäßiger
Alkoholkonsum und Darmkrebs in Zusammenhang stehen. Daniel Schubert entdeckt ganz andere Zusammenhänge und beschreibt/analysiert u.a. die verschwörungstheoretischen Ansichten/Texte von
INTERRUPTERS, die indirekten Bezug zur New World Order nehmen, während Sängerin Aimee schon für Ron Paul Wahlkampfhilfe geleistet hat. Ein US-Politiker, dessen
Publikationen Kommentare enthalten, die als rassistisch (tritt zudem für eine striktere Migrationspolitik ein), homosexuellenfeindlich (er lehnt u.a. die gleichgeschlechtliche Ehe ab) und
verschwörungstheoretisch kritisiert wurden.
PASCOW haben Heimweh, haben sich von dem Gedanken, von der Musik zu leben, verabschiedet und empfinden es als Luxus, zusammen irgendwo hinzufahren und die Leute kennen ihre
Musik. Deshalb zeigen sie uns die "Wiege ihrer Musik" in einer Doku, die Andi und Kay festgehalten haben. Ebenfalls festgehalten haben SICK OF SOCIETY ihre
flüchtige Schnapsidee, eine Tour in Südost-Asien zu machen und davon zu berichten. So erfahre ich u.a. das Barrak (ein illegaler, klarer indonesischer Schnaps) auf Bali schmeckt wie ein
verbrannter Autoreifen. Da schmeckt die Pizza von Kevin Cole (TURBO A.C.'s) in Puerto Rico's Strandbar schon besser, der u.a. auch eine vegane Pizza ("World
Peace") als Anspielung auf die Cro Mags anbietet. Gerrit Meijer beweist Rückgrat und haut im Buch "Berlin. Punk. PVC" Leute in die Pfanne, "die auch mal Doofes gesagt haben". Kent
Nielsen holt das Mid-80er-Euro-HC-Feeling ins Hier und Jetzt und erfährt, wie es ist, mit "seiner" Band L.U.L.L. völlig abgebrannt mit einem geliehenen Bus im Ausland zu stehen, und nicht zu
wissen, wie es wieder nach Hause geht.
Gesamteindruck:
Im großen Pool der Interviews gibt es für mich einige gute, herausragende Geschichten und Gedanken, die Eindruck hinterlassen haben. Das Interesse wurde immer dann geweckt, wenn die InterviewpartnerInnen über und von sich erzählen und für einen Augenblick lang den rebellischen Geist aufleben lassen, der mit dem Finger auf der Wunde des Mainstream legt und unangepasst und musikalisch getrieben, Haltung, Kreativität und ein einzigartiges Lebensgefühl beschreibt. Das schwingt nicht in jeder Zeile mit, aber flackert hier und da auf...meistens dann, wenn "die Alten" aus ihrem Leben erzählen und die Punk immer noch prägen.