PLASTIC BOMB #98

PLASTIC BOMB #98
PLASTIC BOMB #98

PLASTIC BOMB #98
80 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.- + CD
Plastic Bomb, Postfach 100205, 47002 Duisburg
www.plastic-bomb.de
Ronja ist froh, dass es Läden gibt, die sich als "links" bezeichnen und in denen Menschen wegen Fehlverhalten (Grau-, Braunzonenband-Shirts, sexueller Belästigung) konsequent vor die Tür gesetzt werden, beobachtet aber auch in anderen Läden/Festivals eine gewisse Gleichgültigkeit und Inkonsequenz, wenn mensch auf diese Klientel aufmerksam macht.

Ronja ist aber auch selbstkritisch und benennt eigene Widersprüche in ihrem Verhalten. Auch Basti macht sich Gedanken über Aussehen, Fehlverhalten und weiß, dass der erste Eindruck darüber entscheidet, jemanden zu sanktionieren, stigmatisieren und mit einer Fremddefinition abzuwerten, auszuschließen oder zu akzeptieren, respektieren. Basti sieht im polizeilichen Umgang mit Menschen aus Nordafrika am Kölner Bahnhof, die diese Klientel nach ihrem Aussehen und ihrer Nationalität "grundlos drangsalieren" rassistische Methoden: racial profiling.
Ronja und Iron Rob quetschen Mille aus. Eine redaktionelle Pflichterfüllung zur PR-Kampagne für die neue KREATOR-Platte, die im Gesprächsverlauf dann auch Appetit auf "Gods auf Violence" macht. Vincent von BRUTALE GRUPPE 5000 hat offensichtlich allerlei bewusstseinserweiterende Drogen eingeworfen und verfasst einen schier hanebüchenen Unsinn über...ja, was eigentlich: Bericht über Studioaufnahme in Köln zum neuen Album? Vincent will es den LeserInnen einfacher machen. Um seinen Gedankengängen folgen zu können, "werden Textzitate aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft II der Band rezitiert...". Ich denke, Vincent hat zu viel Back to the future geschaut und steckt in einer Zeitschleife fest. A.X.T. macht Werbung für die punkhistorisches und rares Material der beiden RAZZIA-Veröffentlichungen auf Colturschock. Ronja resümiert über die große A&P-Gala und errötet, wenn sie mal selbst auf der Bühne steht und gefeiert wird. Ronja herself hat aufgrund ihrer Erfahrungen im Umgang mit Menschen am Plattenstand verschiedene Typen kategorisiert und spricht mit TOTENWALD über die symbiotische Beziehung zwischen Punk und Gothic. Die Band sieht sich aufgrund ihres Aussehens (Aufheben der Rollenklischees) immer wieder mit Intoleranz und Sexismus konfrontiert, haben aber auch Begegnungen, in denen sich Leute von ihnen inspiriert fühlen. Alex von SCHROTTGRENZE taucht in die Queerszene ein und fühlt sich hier pudelwohl. Musikalisch vom OI! zum Emo gewechselt gibt es auf "Glitzer" satt sexistischen Fun-Punk nun Aufklärungsunterricht in Sachen Gender, sexuelle Orientierung und Dekonstruktion vom Geschlechtersystem. Basti greift die Frage an RESPECT MY FIST aus der letzten P.B.-Ausgabe auf und erarbeitet einen wissenschafts-theoretischen Leitartikel zu "Feminismus und critical whiteness" und schlussfolgert, dass es nicht auf Hautfarbe, Religion, sexuelle Orientierung ankommt, sondern auf den Einzelnen und wie sich mensch verhält.
Adam Riese von Äni (x) Väx macht nicht nur Schock und Drama, sondern leistet Öffentlichkeitsarbeit für die Stadt Münster und seinen kulturellen wie stadt-wirtschaftlichen Projekten.

Gesamteindruck:

Ronja rechtfertigt sich im Editorial, dass dieses Mal so "unglaublich viele" Beiträge von ihr im Heft sind, dass das aktuelle P.B. beinahe ein Ego-Zine geworden ist. Beim Lesen und Herausfiltern der Kernaussagen und Oberthemen stellt sich heraus, dass dieses Mal viele offene Fragen zur Sexualität debattiert werden. Reiseberichte, Artikel mit Eigenwerbung, versteckten Kaufbotschaften und eine inhaltliche Mischung aus Ruhrpott-Konglomerat und Provinz-Punk skizzieren eine bunt zusammengewürfelte Mischung aus Alt und Neu, aus Punk-Veteranen und Neuankömmlinge, die mehr können, als nur am Marktplatz/Bahnhof abhängen, Bier trinken und PassantInnen anschnorren.