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Tierbefreiung #94

Tierbefreiung #94
Tierbefreiung #94

Tierbefreiung #94
68 DIN-A-4-Seiten; €4,00.- 
die tierbefreier e.V., Postfach 150325, 44343 Dortmund
www.tierbefreier.de
Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist erneut der anhaltende Vegan-Trend sowie die Entstehung der Idee und des Begriffs Veganismus. Bereits in Tierbefreiung #84 wurden verschiedenste Aspekte zu diesem Thema beleuchtet. Nach 2 Jahren ist es für die Redaktion notwendig, einen kritischen Blick auf den Veganismus-Trend zu werfen und greifen in vier Texten Veganismus als Konsumentscheidung und politische Haltung auf.

Ina Schmitt stellt in "Hauptsache vegan?" das Konsumverhalten in den Fokus und macht deutlich warum sich Tierausbeutung mit einem veganen Konsum nicht verringern lässt, wenn beim Konsumverhalten auf Produkte zurückgegriffen wird, die von Fleischproduzenten/Molkereibetrieben hergestellt und veganisiert werden. Ein Widerspruch, der vielen VeganerInnen egal zu sein scheint, weil es ihnen offenbar nur um die Ernährung, nicht aber um die Tierethik geht. Ina resümiert, dass mit einem bloßen Konsum keine Ausbeutungsverhältnisse überwinden werden können und es nicht genügt, die fertigen veganen Produkte zu kaufen. Was Ina Schmitt allerdings versäumt zu erwähnen ist, dass eine alternative die Grundalge für viele VeganerInnen aus den 80er Jahren darstellt: Lebensmittel selber herstellen oder anbauen. Ihre berechtigte Kritik von einem veganen Konsumverhalten zeigt keine wirklichen lebenspraktischen Alternativen und Möglichkeiten auf, dieses Verhalten auch zu ändern. Daran schließt eine siebenseitige-Reportage über die Geschichte des Veganismus an. Günter Rogausch macht  in seiner Zwischenbemerkung klar, dass sein Artikel die frühen Positionen und Argumentationen nicht analysiert, sondern erarbeitet zwei charakteristisch miteinander verbundene Momente des Veganismus: die der veganen Utopie (Ablehnung von Tierausbeutung, Überwindung dieser) und die vegane Praxis (Nicht-Nutzung satt Konsum). Günter sieht es als wichtig an, der Bedeutungslosigkeit des Begriffs "Veganismus" das Streben nach einer neuen Gesellschaftsordnung entgegenzusetzen.
Mirjam Rebhan findet den veganen Boom auch aus eigennützigem Interesse gut, fragt sich aber, ob der bleibende Fokus auf "veganoutreach/Veganisierung" die Tierbefreiungsbewegung voranbringt und fragt weiter, wie "wir" diesen Boom für das Ziel, die Tierausbeutung zu beenden, nutzen können, ohne dafür ein paar hilfreiche und konkrete Vorschläge zu machen.
Alma wird da schon tiefgreifender und sieht die Relevanz der Tierbefreiungsposition zur Kapitalismuskritik und die "Verzahnung menschlicher Unterdrückung mit nicht-menschlicher Ausbeutung" als Kampf gegen alle Formen der Diskriminierung.

Gesamteindruck:

Hauptsache vegan-Hauptsache für die Tiere. Für diese Grundsatzdiskussion ist das Schwerpunktthema zu unkonkret ausgearbeitet. Die einen wollen eine emanzipatorische Gesellschaft, in der auch andere Spezies als die menschliche befreit werden. Für sie ist Tierbefreiung Teil einer umfassenden Gesellschafts- und Herrschaftskritik, die sie auch in die Bewegung tragen wollen. Die anderen sind ausschließlich dem veganen Ernährungstrend zugetan. Die Betrachtungsweisen verpuffen auf eine kontraproduktive Weise, denn da wo ein gesellschaftlicher Diskurs nötig wird, fehlt die Analyse von Mensch-Tier-Verhältnissen, wird der komplexen Realität nicht gerecht und kann daher nur zu verkürzter Kritik oder zu unvorteilhafter Rhetorik führen. Eine Mischung von herrschaftskritischen Gruppen, die die gesamtgesellschaftliche Emanzipation und Überwindung des Kapitalismus anstreben und Menschen, die vegan leben, könnten mit emanzipatorische Argumentationen, Denkanstöße und Strategien einen Schnittmenge, Übereinstimmungen und eine Kooperation finden. Wie und wodurch diese ermöglicht werden, was für Konsequenzen das hat bleibt unbeantwortet.