TRUST #184
68 DIN-A-4 Seiten; €3,00.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
https://trust-zine.de/
Dolf ist genervt vom testosteron-überproduzierten Macho-Metal, entflieht in die Bay Area, geht zur Mutter aller Punk/HC-Fanzines, besucht das B.O.B.-Festival in Oakland, reist später
nach Kuba und zack, kaum dass es interessant wird und Dolf mich anfixt, schließt er die Kolumne mit den Worten, dass würde jetzt zu weit führen. Ja, mensch, wozu ist denn ein Fanzine da?
I'm not amused!
Jan Röhlk wundert sich über Reaktionen auf Kritik, das zu Sanktionen und Ausschlüssen führt. Ein brisantes Thema, das in der Punk-Community weit verbreitet ist. Was und wem nützt es,
wenn wir aus falscher Bescheidenheit und auf Kumpelbasis immer nur nett und unkritisch sind? Kritik ist im Grunde nichts anderes als eine subjektive Beurteilung, also eine persönliche Meinung,
ein Feedback. Es ist ja auch ein Unterschied, ob du jemanden mit Worten verletzt oder eine Person oder das Verhalten, einen Vorfall, eine der Handlungen etc., die aus seiner Sicht nicht okay
waren, kritisierst. Wichtig ist halt, Kritik zuzulassen, nicht beleidigt sein oder die Kritik umkehren und mit kränkenden Worten "zurückzuschießen". Oft rutschen wir als kritisierende Person auf
die emotionale Ebene ab und fühlen uns verletzt, klein, stecken den Kopf in den Sand und werden aggressiv. Warum fragen wir nicht nach, warum legst du nicht deine Sicht der Dinge dar, was soll
sich ändern? Kritisieren, ohne zu verletzen, zu beleidigen. Wer damit nicht umgehen kann, hat ein mangelndes Selbstvertrauen und wird auch zukünftig bei kritischen Worten auf der
emotionalen Ebene verharren, aber dann muss mensch eben auch die Konsequenzen ziehen.
Ansonsten kauft Jan Unterhosen über Amazon, erhält diese in einem Paket aus Belfast und hat bereits über 80 Seiten Manuskript für seine Kolumnen fertig geschrieben, die bis zu TRUST #205
reichen.
Das MRR hat mit Grace Ambrose eine neue Koordinatorin, die sich im Interview als vielbeschäftigte, vielseitige, analytische, sachliche-denkende Geschäftsfrau zeigt und
Einblicke in ihren Arbeitsabläufen gibt und sich nicht von Jan R. dazu hinreißen lässt, "schmutzige Wäsche zu waschen". KRANK stellen sich vor, Stulle fühlt sich nicht
zu alt für Punkmusik und überhaupt geht es zunächst viel ums Alter und was sich dadurch in Bezug auf Punk verändert (Motivation, Flexibilität, Alltag gestalten). Stulle hält
Marten von TURBOSTAAT für den besten Texter überhaupt und hat ein ständiges Bedürfnis, "in den Texten die Scheiße, die uns umgibt, anzuprangern". NO WEATHER TALKS sehen es aufgrund
früherer Banderfahrungen als Befreiung an, in andere Bereiche des DIY-Punk auszuweichen, Jens gibt zögerlich zu, RAMONES-Fan zu sein, Flicke ist genervt von der "Genderkeule" bezüglich
Musik-Reviews und Jens hört heimlich bei geschlossenem Fenster die "Shock Troops" von Cock Sparrer.
Mika erfüllt die Exoten-Punk-Quote, spricht mit NO U TURN aus Myanmar, den politischen Wandel, die auch für Punkband einige wenige Verbesserungen gebracht haben und mit
JAM IT! eine Möglichkeit gefunden haben, die verschiedenartige Subkultur als eine gemeinsame Szene zu vernetzen. LÜGEN aus Dortmund erklären sich und ihre Songs. Sabrina vermisst
Frauen, Trans*-Personen, queere Menschen in der Punk-Szene und geben Tipps wie Protest und widerständige Aktionen gegen Neo-Nazis in Dortmund erfolgreich sein können.
Gesamteindruck:
Diese Ausgabe hat mich rundum begeistert. Hochinteressant war die Nachricht und der Hinweis, dass das MRR seine kompletten Ausgabe online stellt und die riesige (50.000) Plattensammlung online archivieren will. Die Auswahl der interviewten Bands und Personen ist international und in der Ausführung gehaltvoll und entspricht dem DIY-Gedanken. Hier re-vitalisieren Menschen den Punk-Spirit abseits des Mainstreams mit positivem Aktivismus, mit kritischem Blick auf die Dinge und das TRUST agiert als Vermittler dieser "Szene" mit dominanten Netzwerk-Aspekten.