Am 20. Oktober erscheint das Debütalbum „Atomic Pieces“ der Kölner (&Düsseldorfer) Postpunk-Band PORT ROIS auf Vinyl & digital.
»Atom« von griechisch átomos bedeutet »unteilbar«, die atomaren Teilchen seien die grundlegenden Bausteine, aus denen alles besteht. Dachte man zumindest lange. Eine weitere Erfahrung der
Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis: Atome teilen sich auf in Neutronen und Protonen, diese weiterhin in Quarks und... und auch alle weiteren Einsichten müssen schulterzuckend – weil alles
Lebensweltliche transzendierend – hingenommen werden. Wenn Raphael Kösters, Sänger der Band Port Rois, im Titelsong des 2017 erscheinenden Debütalbums also von diesen atomaren Teilchen des Lebens
und der Dinge singt, muss er sich absichern. Und das geht wiederum nur im Dialog mit den Anderen: »Do you hear what I say? And can you relate? Do we still compete or do we resonate?«
Ja, eine Resonanz findet Kösters auch und vor allem bei seinem Songwriting-Partner Frank Hagemann. Die beiden Musiker aus Köln und Düsseldorf wissen was sie tun, nehmen langjährige
unterschiedlichste Banderfahrungen (u.a. The Dimensions, underparts) zusammen, um zu einer Leichtigkeit zu kommen, die die musikalischen Muster nie schemenhaft und thematische Referenzen nie
bemüht erscheinen lässt. »Atomic Pieces« schwingt als Gitarrenmusik zwischen The Sound (Fading) und Weezer (Giants), zwischen 80s Wave und Indierock der »Nullerjahre« – aber wer kann schon sagen,
was das noch bedeuten soll. Port Rois sind Punks with an Archive: Die Resonanz ist da, bei der Einsicht, dass man nichts Neues artikuliert, sondern Komplexe umformuliert und in seiner
Nachträglichkeit immer etwas hinterherjagt und damit angreifbar ist: »It is simple to break a man who cherishes something fading.« Für Port Rois stehen an Stelle des Moments und Impulses der
Prozess und die Bricolage: Nach der bereits 2012 erschienenen Erstlings-EP »Permanent Midnight« und mehreren Besetzungswechseln stand Anfang 2014 der Neuanfang. Statt etwas ad acta zu legen,
arbeitete die Band an Songs, konservierte hier eine Idee, eine Struktur, probierte dort einen Sound, eine Technik. In Eigenregie wurde ab Sommer 2016 aufgenommen. Großteils im Proberaum. Nicht,
weil so die Punk-Erzählung eben geht, sondern weil diese Isoliertheit auch Freiheit sein kann, Abwesenheit von Zeit- und Gelddruck. Und weil man so vielleicht doch etwas Neues findet, einen
unerwarteten Sound, eine eigene Ästhetik. »Atomic Pieces« gelingt eine Mischung aus Transparenz und krachigem Lo-Fi. Und hat den Platz für Verspieltheiten, gibt den Raum um Akzente wie Orgeln und
ein starkes Saxophon in Blood Brothers nicht bemüht, sondern einfach wirken zu lassen. Jack Shirley (Oathbreaker, Deafheaven, Joyce Manor) sorgte in den Atomic Garden Studios in San Francisco
schließlich dafür, dass die Leichtigkeit auf »Atomic Pieces« trotz allem drückt.
(Philipp Ohnesorge)