LOTTA #70
68 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.-
Lotta, Am Förderturm 27, 46049 Oberhausen
www.lotta-magazin.de
Männlichkeit spielt in der extremen Rechten eine große Rolle. Kameradschaft, Mut und Ehre gehören zu den meist beschworenen Tugenden - ganz im Gegensatz zur Realität in der Szene. Doch auch in
der Gesamtgesellschaft wünscht man(n)cher sich zurück in die „gute alte Zeit“. Männlichkeit ist für die extreme Rechte eine Ressource, mit der Widersprüche in der eigenen Szene verdeckt und
Brücken weit über diese hinaus geschlagen werden können.
Geschlecht, Sexualität und Familie stellen zentrale Kategorien für volksgemeinschaftliche Politik und deren öffentliche Inszenierung dar. Mehr noch: Geschlechter- und Familienbilder sind
konstitutive Elemente extrem rechter Phänomene und einer patriarchalen Vorstellung.
Der Schwerpunkt liefert anti-emanzipatorische Männlichkeitsbestrebungen in Männerbünden, Männer(rechts)bewegungen und welche (pädagogische/antifaschistische) Herausforderungen sich hieraus
ergeben.
Jan Raabe und Sonja Brasch konsternieren, dass "sich unsere Gesellschaft dank der Emanzipationskämpfe von Frauen und LGTBIQ* (zwar verändert), trotzdem gilt weiterhin, dass dort, wo Macht und
Geld konzentriert sind, immer noch Männer dominieren." Während einige Feministinnen davon ausgehen, dass ihr Anliegen nicht genügend Aufmerksamkeit erfährt, besteht die Idee der bedrohten
Männlichkeit weiter.
Männer fühlen sich bedroht, die AfD betreibt eine antifeministische Kampagne, wettert und twittert gegen die „Genderideologie“ und der „(Früh)Sexualisierung der Kindheit durch staatliche
Sexualerziehung“.
Gesamteindruck:
Der relativ kurze Schwerpunkt liefert Thesen und Positionen zu und über die zentrale Werte männlicher Identität. Vieles ist an dieser maskulinen Geschlechterpoltitik und ihre Szenen ist ablesbar, stellt sie doch ein anschauliches Beispiel dar, um die Melange aus männlicher Selbstrepräsentation, völkischen Familien und Geschlechterbildern sowie neonationalsozialistischer Politrhetorik zu betrachten. Der Schwerpunkt belegt die patriarchale Verbindung von Zeugung und Männlichkeit und stützen die Tehse, dass Kameradschaften und Organisationszusammenhänge als Männerbünde schlechthin gelten. Die zunehmend politische wie gesellschaftliche anti-feministische Rhetorik erfordert eine grundsätzliche Debatte um den Stellenwert von Männlichkeit in der politischen Agitation, männlichkeits- und identitätskritische Arbeit und Konzepte. Der LOTTA-Schwerpunkt will Geschlecht und Männlichkeit als zentrale Kategorie in der Neonazismus-Prävention mitdenken, verzichtet aber weitgehend auf eine Erweiterung um geschlechterreflektierte Ansätze. Was macht Neonazis eigentlich für Männer attraktiv, was sind die Schnittstellen zwischen Männlichkeit und Neonazismus analysiert. Wann und wie wird Männlichkeit bei Neonazis thematisiert, welche Aspekte sind für neonazistische Männlichkeitskonstruktionen relevant, welche unterschiedlichen Männlichkeitskonstruktionen gibt es innerhalb des Neonazismus und wie ist deren Binnenverhältnis zueinander? Hierzu hätte ich mir tiefgründigere Antworten, Analysen, Praxen und Ideologien zum Thema gewünscht.