Der Begriff von „alternativer Medien und Presse“ ist in jüngster Zeit immer stärker geprägt von einer extrem rechten Denkweise, die zum einen Mainstream-Medien ablehnt und zum anderen rechte Denkmuster in die Gesellschaft transportiert. So sind in diesem Zusammenhang „Lügenpresse“ und „Fake News“ bewusst gewählte Behauptungen, um das Vertrauen in die Medien zu zerstören.
Die extreme Rechte verbreitet gezielt Kritik und Kommentare gegenüber Mainstream-Medien, schürt Ängste und erreicht einen Vertrauensverlust in selbige, der dazu führt, dass insgesamt der Eindruck
entsteht, die Presse sei ein staatlich kontrolliertes Organ.
Unterschiedliche Studien aus der jüngsten Zeit kommen alle zu ähnlichen Ergebnissen: Bis zu 40 Prozent der Befragten verleihen in den Untersuchungen ihrer Medienskepsis Ausdruck und geben an, der
Berichterstattung wenig oder keinen Glauben zu schenken - wobei sich die einzelnen Werte zum Teil deutlich unterscheiden. Nur 18 Prozent der Befragten halten zum Beispiel das
öffentlich-rechtliche Radio für weniger glaubwürdig, aber 86 Prozent die Boulevardpresse.
Parallel dazu hat sich im Internet und den sozialen Netzwerken eine große „Gegenöffentlichkeit“ etabliert. Viele geteilte Berichte und Posts erlangen schnell Wahrheits-Status, auch wenn sie sich
später als unhaltbare Gerüchte herausstellen. Aber auch Fehler in der Berichterstattung der Massenmedien werden hier schnell aufgedeckt. Medien sind über Jahrzehnte davon ausgegangen, dass sie
die Wahrheit verkünden. Doch es gibt nicht DIE EINE Wahrheit. Es geht also zum einen um die Frage, wie können Medien das Vertrauen wiedergewinnen, aber auch zum anderen darum, wie leicht Menschen
manipuliert werden können, die sich eine sehr einfache Weltsicht aufgebaut haben.
Spätestens seit dem US-Wahlsieg von Donald Trump im November 2016, der mit heftigen Social-Media-Attacken und unwahren Behauptungen seine inner- und außerparteilichen KontrahentInnen und das
etablierte Mediengefüge torpedierte, gelten Fake News als übler Auswuchs in den sozialen Netzwerken. Laut Heise online überflügelte in den drei Monaten vor der US-Wahl die Zahl der
Falschmeldungen auf Facebook sogar die Verbreitung der erfolgreichsten Artikel von etablierten, anerkannten und seriösen Nachrichtenportalen.
Das Verbreiten von Gerüchten und Falschmeldungen gehört zu den ältesten Mitteln der Macht. Früher waren nur wenige TeilnehmerInnen involviert. Über die sozialen Netzwerke ist heute jede*r
NutzerIn sein/ihr eigene*r NewsproduzentIn und damit ein*e potenzielle*r VerbreiterIn von nicht verifizierten Inhalten.
Es ist bekannt, wie viele Menschen allein das Pentagon bezahlt, um Medienberichte vorzufertigen, um JournalistInnen auf eine bestimmte Sichtweise zu bringen. Alternative Sichtweisen und
kritischer Journalismus haben da kaum eine Chance Gehör zu finden, weil sie auch aus finanziellen Gründen und schlecht ausgestatteten Politikredaktionen Mühe haben, ein eigenes Bild
entgegenzusetzen.
Gefährlich wird es immer dann, wenn JournalistInnen es nicht darum geht, zu informieren, sondern, dass sie sich selbst für Akteure halten, für Menschen, die etwas voranbringen wollen in eine
Richtung, die sie selbst für gut halten. Und dann bestimmte Informationen auf bestimmte Weise zusammenbasteln oder Informationen auch weglassen.
Alternative Medien und die Suche nach der echten Wahrheit gegen das Schweinesystem, gegen die Eliten aus Mainstreammedien und Politik waren Ansichten und Forderungen, die mensch lange nur von
außerparlamentarischen linken Bewegungen und linken Akteuren vertreten wurden, sowie ein Grund, dass sich 1979 die taz gründete. Die einigende Feststellung, dass ein kapitalistisch organisiertes
System zur Lösung der grundlegenden Existenzfragen der Menschheit strukturell nicht in der Lage ist, erfordert radikale Änderungen. Es scheint derzeit eher so, dass Neue Rechte und
rechtskonservative Medien, die sich als alternativ gerieren, Anklang und Unterstützung in großen Teilen der Gesellschaft finden, denn als alternativ gilt hier vor allem gegen all das zu sein, was
Merkel und das System als solches repräsentiert: Lügenpropaganda, Multi-Kulti, Gutmensch, Elite.
Neurechte Medien und ihre Strategien
Einen wesentlichen Beitrag zur Intellektualisierung und Modernisierung rechter Denkmuster leistet die durch Theoriezirkel, Zeitungen, Verlage und Autoren repräsentierte Neue Rechte. Das
Monatsmagazin Compact, das Blog „Politically Incorrect“, die Theoriezeitschrift Sezession, Manuscriptum-Verlag bezeichnen sich als alternative Medien. „Die neuen Medien erlauben den Aufbau einer
Gegenöffentlichkeit. Es sind Versuche auf Graswurzelniveau, um sich das Land zurückzuholen“, schreibt die rechtskonservative Wochenzeitung Junge Freiheit. Dafür ist jedes Mittel recht. Vor allem
Geflüchtete sind Ziel der Stimmungsmache durch Fake News. So wird im August 2016 in einem Beitrag des Kopp-Verlags (Verlagsgründer Jochen Kopp), der eine Mischung aus Esoterik,
Verschwörungstheorien und extrem rechte Gedankenwelten verbreitet, behauptet, dass über den Flughafen Köln-Bonn 500.000 Flüchtlinge nach Deutschland heimlich eingeschleust werden. Der Link auf
den Beitrag von Kopp-Online wird auf Facebook über 34.000 mal geteilt und geliked. Die Gegendarstellung des Flughafens Köln-Bonn, es handele sich um den üblichen Tourismusverkehr in und aus der
Türkei, wird lediglich 240 mal geliked.
Beiträge der Seite newsblitz.net sprechen eine eindeutige Sprache: Täglich werden abfällig und hetzerisch neue Meldungen über „Krimigranten“, „illegale Sozialschmarotzer“ und „Invasoren“
veröffentlicht, täglich wird vor einer drohenden „Islamisierung“ gewarnt. Die meisten kommentierenden FacebooknutzerInnen sind wütend über die dargestellten Informationen – es bleibt keine Zeit
für die Überprüfung der Sachverhalte. Diese überschwänglichen Emotionen bewegen die NutzerInnen dazu, sofort auf die Nachricht zu reagieren – ein wütender Kommentar, ein wütender Smiley, das
Teilen der Meldung innerhalb des eigenen Freundeskreises. Dabei konnte in einer Studie der Columbia University festgestellt werden, dass die meisten NutzerInnen nicht einmal die Zeit aufbringen,
den geteilten Beitrag überhaupt zu lesen. Die meisten der analysierten NutzerInnen auf Twitter (59 Prozent) teilten Beiträge nur auf Basis der Titel. Das wirft die These auf, dass Fakten nicht
die Grundlage für Denkmuster sind, sondern entscheidend sei, was die Menschen fühlen. Dieses sogenannte postfaktische Denken ist eine Strategie der Neuen Rechten, an der Götz Kubitschek und das
Institut für Staatspolitik (IfS) maßgeblich beteiligt ist.
Das Institut für Staatspolitik bezeichnet sich selbst als die „wichtigste Denkfabrik der ‚Neuen Rechten’“. Die strategische Positionierung des im Mai 2000 gegründeten neurechten Think Tanks
beschreibt recht zutreffend die ihm zugeschriebene Funktion: „eine Plattform für unabhängige Forschung und Bildungstätigkeit“ zu bieten und „Forschung, Information und Orientierung“ in
institutionalisierter Form miteinander zu verknüpfen, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen. Heute betreibt Götz Kubitschek in Schnellroda in Sachsen-Anhalt den rechtsnationalen Kleinverlag
Antaios und die rechte Denkfabrik. Kubitschek arbeitet seit mehr als 20 Jahren daran, rechtsnationales und völkisches Gedankengut in den politischen Diskurs einzuspeisen. Als Journalist, Verleger
und Aktivist. Er initiierte die extrem rechte Spendenkampagne „Ein Prozent für unser Land“ („Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk“) und war an der Gründung des deutschen Ablegers der
extrem rechten Identitären Bewegung beteiligt, die sich immer wieder mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen ins Gespräch bringt.
Eine medienwirksame Bühne extrem rechter Medien bot die letztjährige Frankfurter Buchmesse. Vor dem Stand von Kubitscheks Verlag Antaios war es zu heftigen Wortwechseln und Rangeleien zwischen
Rechten und linken Demonstranten gekommen. Der Eklat war zugleich auch die erhoffte Reaktion in der Medienwelt, die mediale Aufmerksamkeit war enorm. Schlimmer noch. Mitarbeiter und
Familienmitglieder Kubitscheks erhielten ein Podium, auf denen über den „Rechten Umgang mit den Rechten“ diskutiert wurde. Die Strategie: Zum einen versuchten sie sich immer wieder durch
demonstrative Auftritte Raum anzueignen. Gleichzeitig inszenierten sie sich als Underdogs, die mit ihrem Auftritt das „linke Establishment“ in Verlegenheit bringen. Die Neue Rechte inszeniert
sich als Opfer eines repressiven links-liberalen Mainstreams und Teile der deutschen Presse pflichteten bei, dass die Meinungsfreiheit für alle gilt.
Die Junge Freiheit ist am stärksten in der Öffentlichkeit bekannt, die 1986 als zweimonatlich erscheinende Schüler- und Studentenzeitung gegründet wurde und mittlerweile als Wochenzeitung mit
einer Auflage von ca. 26.000 Exemplaren erscheint. Sie zählt zu den führenden Theorieorganen, die sich intensiv mit dem Gedanken- und Ideengut der Neuen Rechten beschäftigt. Sie nahm für sich bis
zur „Wende“ 1996 in Anspruch, als Organ einer intellektuellen Bewegung zu gelten, die sich an dem Gesellschaftsentwurf der „Konservativen Revolution“ orientierte und als hoffnungsvollstes, da
medienträchtigstes, Projekt der Neuen Rechten galt. Die Junge Freiheit bezeichnet sich als konservative Wochenzeitung, die sich vorwiegend - parteipolitisch nicht gebunden - einer Vernetzung von
nonkonformen und patriotischen Kräften in Deutschland verschrieben habe. Durch das unverdächtige Etikett „konservativ“ wird - laut dem Verfassungsschutzberichts des Bundes von 1996 - geschickt
der zugrundeliegende Rechtsextremismus, im Sinne einer, die Demokratie delegitimierende und biologistisch geprägten Weltsicht, verschleiert.
Nach Richtungsstreitigkeiten in der Redaktion und im Verlag wurde ein politischer Kurswechsel verkündet, der vom damaligen Chefredakteur als Durchsetzung des „konservativ-liberalen Impetus gegen
die nationalrevolutionäre Komponente“ bezeichnet wurde.
Die Neue Rechte, die sich gegen die „Alte Rechte“ (NS-Leugner, -Relativierer und Neonationalsozialisten) aber auch gegen demokratische Konservative (auf dem Boden der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung) abgegrenzt, nutzt intensiv die neuen Kommunikationsmöglichkeiten im Internet. Auf der einen Seite zur Werbung, zur Selbstdarstellung und als communication market, als
Medium, mit dem mensch Informationen austauscht und auf der anderen Seite im Sinne einer Aktionsbündelung, indem z.B. versucht wird, in den vielfältigen Diskussionsforen die Inhalte und auch den
Diskussionsverlauf vorzugeben und Gegenöffentlichkeit herzustellen.
Bereits seit 2004 gibt es die Seite „Politically Incorrect“ (PI), die, gegründet von Lehrer Stefan Herre, täglich mehrere zehntausend Mal angeklickt wird. Auf dem Blog werden in hysterischer,
pathologisch fragwürdiger Art und Weise, Angstszenarien propagiert, die auf den ersten Blick lächerlich erscheinen. Die mittlerweile zahlreichen „AutorInnen“ und PI-BloggerInnen sind der Ansicht,
dass die kommerziellen Medien über gewisse Themen „nicht angemessen“ berichten. Angeblich, um öffentliche Debatten zu beschwichtigen oder ganz abzuwürgen. Laut PI veröffentlichen die
kommerziellen Medien nur Artikel, die „politisch korrekt“ sind. Die PI-Leitlinien richten sich explizit dagegen. Sie setzen sich gegen „die politische Korrektheit und das Gutmenschentum“ ein, das
ihrer Ansicht nach „heute überall die Medien“ dominiert. Der Name des Blogs kann daher als Statement verstanden werden, das lautet: Wir lassen uns den Mund nicht verbieten, wir sprechen die
Probleme unserer Gesellschaft offen an, auch wenn es denen da oben nicht passt! PI-News macht besonders den sogenannten Multikulturalismus für gesellschaftliche Probleme verantwortlich. Wer für
Vielfalt ist, sei ein naiver Gutmensch. Diese würden die Realität ausblenden und ihre Augen vor Problemen verschließen.
FreieWelt.net ist eine Internet- und Blogzeitung, die der Alternative für Deutschland (AfD) nahe steht. Sie gehört zu einem Netzwerk von Organisationen (Zivile Koalition, Institut für
Strategische Studien (ISSB), Allianz für den Rechtsstaat und Initiative Familienschutz), die von Sven von Storch (Ehemann von Beatrix von Storch) gesteuert wird. Das Netzwerk wirbt für
wirtschaftsliberale, christlich-konservative und rechtspopulistische Positionen. Auf dem Blog wurde 2012 durch Beatrix von Storch, die dem Redaktionsbeirat angehörte, und andere gegen den
Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mobilisiert.
Fazit
Medien können unterschiedliche Einflüsse auf Konflikte haben, die widerum in den Medien verschiedene Rollen spielen und unterschiedlich behandelt werden. Die Rolle der Medien ist also entscheidend für den Ausgang und die öffentliche Wahrnehmung. Nun können Medien Konflikte/Ängste schüren oder vereiteln, auflösen oder zum Eskalieren bringen. Konflikte verleihen Medien aber erst ihre Daseinsberechtigung. In dem mensch etwas darüber weiß, fangen sie an zu existieren. Und sind Begriffe wie Lügenpresse, Fake News erst einmal in der eigenen Gedankenwelt eingepflanzt, wird eine Kontroverse ausgelöst, die sich verstärkt, je mehr Gewichtung/Relevanz und Aufmerksamkeit das Thema in den Medien bekommt. Die Behandlung des Inhalts kann dazu führen, dass die Medien Konflikte vermeiden. Zum Problem wird es erst, wer unterschiedliche Positionen vertritt und wenn Medien eine aktive Rolle spielen. Neurechte Medien nutzen soziale/gesellschaftliche Verunsicherung und Ängste als regressive Rebellion gegen etablierte Parteien, Medien und das System und die Wahlerfolge der AfD sind lediglich der parlamentarische Ausdruck tiefgreifender gesellschaftlicher Strukturbrüche. Die Folgen sind schwindender sozialer Zusammenhalt und eine verstärkte subjektive Verunsicherung, die einen Akzeptanzverlust von demokratischen Regeln und kultureller Diversität in der Bevölkerung nach sich ziehen. Treiber und Motor hierfür sind neurechte Vordenker und Medien, die rassistische Denkmuster in sozialer in politische Ungleichheit transformieren, sich als Opfer gerieren und ein Höchstmaß an Selbstinszenierung an den Tag legen. Identitätskrisen, Zukunftsängste, soziale Ausgrenzung sind einige der Gründe, die vorhandene Ressentiments aktiviert und aus der latenten Demokratie- und Diversitätsablehnung eine soziale Bewegung formt. Der Umgang mit neurechten Akteuren und Medien erfordert auch einen Aufstand gegen die Angst, ist ein sozialer Klassenkampf, der entschieden gegen anti-emanzipatorisches, rassistisches Gedankengut vorgeht. Abzulehnen sind alle Aktionen, die gesellschaftliche Verhältnisse verklären, in erster Linie Ressentiments bedienen oder solche, die reaktionäre Lösungen propagieren, wie die eines rechten Elitentausches.
Tipp
Handlungsempfehlungen und Umgang mit Hetze, Hass gegen MigrantInnen in sozialen Netzwerken