PLASTIC BOMB #103
68 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.-
Plastic Bomb, Postfach 100205, 47002 Duisburg
www.plastic-bomb.de
Die P.B.-Redaktion musste immer wieder damit rechnen, von männlichen Narzissten, Selbstbetrügern aufgesucht zu werden, die nicht mit schlechter Kritik umgehen können und drohten bspw. Daniel zu
verprügeln, weil dieser ein schlechtes Review zu Band XYZ geschrieben hatte.
Dafür kotzt Bäppi sich über anderer Leutes Umgang mit dem Internet ab....so ganz allgemein und meint vielleicht auch die Smartphone-UserInnen, die sofort in Panik verfallen, wenn sie den
WhatsApp-Klingelton hören und ansonsten nicht mehr in der Lage sind, ihre Umgebung wahrzunehmen. Maks ist mit dem Rad im Straßenverkehr sehr aufmerksam unterwegs und sieht rot, obwohl er grün
hat.
Iron Rob stellt CRUDE aus Japan vor, und die LeserInnen erfahren u.a., dass Hidetoshi gerne Ritter Sport-Schokolade isst.
Basti indes seziert jeden Song der THE WARRIORS- Platte "The Full Monty", schildert die Vorzüge und textlichen Bezüge/Hintergründe und resümiert, dass er die Platte nicht in seiner Sammlung
missen möchte.
Ronja stolpert über DIVIDING LINES, deren Platte auf Plastic Bomb Records veröffentlicht wurde. Das Interview ist demnach eine schmale Gratwanderung zwischen Eigenwerbung und Assessment. Sich
selbst und die neue Platte präsentieren, aber auch einen fundierten und aussagekräftigen Eindruck über die Band und ihre Aktivitäten zu bekommen.
Die "...wenn das der Führer wüsste..."-Rubrik sollte endlich aufgelöst werden. Warum werden die "schlechten" Kritiken nicht einfach in der standardisierten Review-Rubrik veröffentlicht und
bekommen anstelle dessen einen Extra-Platz???
Eine Kontoverse ist die Aufbereitung des Dokus "Festival der Demokratie". Zum Einen gibt es von Marius eine konstruktive Kritik über Stärken und Schwächen zum Inhalt der Doku, zum Anderen
erklärt Lars* die Hintergründe zur Doku und gibt Einblicke in die Produktion und die Umstände, die den Film möglich gemacht haben.
Bastis biographische Erzählung geht in die nächste Runde und seine heile familiäre Welt gerät zunehmend aus den Fugen und Punk(musik) ist der Antrieb für Rebellion und Fluchtgedanken.
Der im P.B. eingeführte Rap/HipHop-Einschlag wird mit einem ZUGEZOGEN MASKULIN-Interview fortgesetzt, die nicht genau wissen, wo sie sich im deutschen Rap genau verorten sollen. Testo findet,
dass "man versuchen (muss), Gerechtigkeit und Freiheit in einer neuen Gesellschaftsform zu verwirklichen". Doch bevor Interviewer Tobias und Theo hier nachfragen, wie diese denn aussehen könnte,
erklären Testo und Grim104 die Ursachen des Rechtsrucks und üben deutliche Kritik an die Linke.
Ronja interviewt Philipp Meinert zu Hinter- und Beweggrund, das Buch "Homo Punk History" zu schreiben, welches kein wissenschaftliches ist, sondern aus einer Fan-Perspektive heraus, die mit
überlieferten Geschehnissen zum Thema schwule Männer ergänzt wird.
Bäppi stellt in seiner "Fanzines"-Rubrik Sint Grimmizers SNOWFALL vor, der die Heftentwicklung und seinen Reife-, Denkprozess reflektiert. PISS TEST werden kurz und bündig abgehandelt, THE DAMNED
abgefeiert. HYSTERESE sind "generell beeinflusst von negativ bis depressiv", was sich für Moritz angenehmen anfühlt. Und in der von mir sehr geschätzten Rubrik "Geschichten aus der Gruft"
bringt Basti erneut einige braune Scheiße ins Licht der Öffentlichkeit und mit "the cringe if the fringe" widmet Basti dieses Mal David Daboll seine Aufmerksamkeit. Als gescheiterter Musiker
unter dem Pseudonym David Custer gründete Daboll in den späten 1980er Jahren das weiße nationalistische Plattenlabel und später sein Soloprojekt "David Hess". Daboll hat seitdem unter dem Namen
Lightning Rod noch schlimmeren Müll rausgebracht und Alben mit Titeln wie "White Liberation", "Aryan Homeland", "Aryan Outlaws in a Zionist Police State" und "More Evil than a Hollywood Jew"
veröffentlicht. MSR productions ist das Geschäft von Daboll, das Geschenkgutscheine und Rabattcoupons für Screwdriver-Alben, Nazi-Flaggen, T-Shirts, DVDs, Aufkleber, Bücher und CDs
anbietet.
Lars*' Welt der Kusnt ist mir rätselhaft und das Interview mit einer Künstlerin, die Toiletten mit Vasen, Toilettensprüche verziert, wirkt wie ein satirischer Beitrag. Da ist mir Murks/Maks'
Geschichte über Verona lieber.
Gesamteindruck:
Die (überflüssige) CD-Beilage wurde endlich zu Grabe getragen und dennoch gibt es noch eine überflüssige subjektive Best-of-Liste der beteiligten Bands. Das Papier ist auch neu und insgesamt "riecht" es nach Neuanfang oder zumindest nach einer Neuorientierung, nachdem die vorherigen Ausgaben doch stark den Eindruck vermittelten, die Luft sei raus. Das hatte zum Einen damit zu tun, mehr persönliche Geschichten ins Heft zu nehmen, die die musikalischen Themen ergänzten. Doch die Ausführungen waren peinlich, infantil und hanebüchen. Und so bin ich hoffnungsfroh, dass auch diese Schwächen vergessen sind. Diese Ausgabe ist eine enorme Qualitätssteigerung und die eingeführten Rubriken sind dafür ein entscheidender Faktor.