Leto
Vor die Hunde LP/CD
Rookie Records/Indigo
Leto haben Charme und Karma, spielen Lego und ziehen den Zahn der Zeit. Helle liquide Riffs, groovende und melodiöse Basslinie, Rotz, Gefühl, Krach und Indie-Pop. LETO sind sehr wankelmütig und
unschuldig.
Das Messer in den Bauch rammen und Löcher in die Luft starren. Du freust dich auf eine Sache total und kriegst von den anderen zu hören: Ach ja, das kenn' ich schon, sooo toll ist das gar nicht. Na, prima. Eben noch Luftschloss und hoch motiviert, dann der tiefe Fall und das Selbstvertrauen ist im Keller. Volle Attacke, ausgebremst und Gegenwind. Jannes und Paul ergänzen sich hervorragend und scheinen ähnlich zu ticken, wenn sie abwechselnd den Bezug auf ihre Stimmungen lautmalen, mal verzweifelt, entgeistert, beklemmend und den Finger in den Hals stecken. Emotionen und Halt im Schleudersitz. Die Bordsteinkantengeschichten werden mit festen herzlichen Umarmungen erzählt, freundschaftlich und irgendwie nett, aber die ganze Wahrheit ist, dass es um den sozialen Zerfall geht, die Verrohung, die Ungleichheit - immer exzessiver, immer unerträglicher. "Into the wild" verstärkt diesen Eindruck, dass Gleichheit, Uniformität für Außenstehende kaum merkliche Varianzen sind. Was gleich aussieht, muss nicht gleich sein und für andere ist schön, was für dich eine fremde Welt ist. Das kann doch jedem mal geschehen. Leto führen gewiefte Assoziationen ins Feld, wenn sie Stimmungen und Gedanken beschreiben und dabei Pop und Punk zu einem post-traumatischen Erlebnis lautmalen. "Vor die Hunde" sind Reflexionen, Rhetorik und Demontage von entindividualisierender Routine.