TRUST #193
68 DIN-A-4 Seiten; €3,00.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
https://trust-zine.de/
Dolf kommentiert Bremens Werbeoffensive für Start Up- UnternehmerInnen als "einfallslos, erbärmlich, immer gierig", teilt uns seinen Textbeitrag, einen Nachruf zum Tode von Tim
Yohannon (MRR), mit, der mehr Reaktionen via faceboook hervorrief, als im MRR.
Jan Röhlk ist immer noch auf der Suche nach der originären Herkunft von Musiktiteln, Songtexten, Labels und macht sein nerdige, akribische Suche zum "Manifest der (un)gelösten Fälle".
Mika greift die im "BROT-Fanzine" ausgelöste Debatte um die Nudelfrage auf und erweitert den Blickwinkel mit einer asiatischen Variante. Alva ist von der im Netz kursierenden
Beschwerde übers Hurricane-Lineup 2019, welches in der Bewerbung Frauen ausschließt, nicht empört, sondern stellt den medialen (antifeministischen) Backlash infrage, indem mensch sich selbst mal
eine Quote in der Plattensammlung verordnen sollte und nicht einfach eine Band gesucht werden sollte, um aus Rechtfertigungs- und/oder wirtschaftlichen Gründen eine Quote zu erfüllen, sondern um
herauszustellen, welche Band ich gerade abfeiere.
Jan Röhlk interviewt Henne von Koyaanisqatsi/dørtebeker, der mit dem Begriff PC nichts anfangen kann/konnte, sondern es ihm darum geht/ging, seine Stimme zu
erheben, eine politische Meinung zu entwickeln und sich nicht als etwas "besseres" zu definieren. Claas Reiners schreibt eine Hommage an MATULA. Jan Röhlk arbeitet im
Interview mit John Sox (The F.U.'s) die Bandbiographie(n) auf, konfrontiert ihn mit damaligen kontroversen Statements, Songs und Vorverurteilungen, die Jan noch einmal
ausführlich in den Fußnoten auflistet/erklärt. Bela reflektiert die TOXIC REASONS-Story, befragt JJ nach Anekdoten/guten/schlechten Erinnerungen und
(Beweg)-Gründen zu Stilwechsel, Auflösung. Erneut Jan Röhlk hat über Umwegen Jesse als Interviewpartner für das 924 Gilman Street-Kollektiv-Projekt gefunden,
der seine Mitwirkung, über die Hausregeln und die Boykott-Gilman-Aktionen aufklärt. Der arbeitseifrige Jan Röhlk interviewte auch Tony Cortez von ILL REPUTE ,
der nach einer Bandstory seine Erinnerungen zu damaligen Konzertbesuchen, Erklärungen zum Nardcore-Begriff, guten/schlechten Erfahrungen auffrischt und über das von ihm jährlich organisierte
Oxnard-Bowling-Turnier berichtet.
Gesamteindruck:
Das aktuelle TRUST ist ein Beleg für zeithistorische, analytische Aufarbeitung im Punk-/HC-Kontext im Sinne von einem Forschungsauftrag. Die Interviews offenbaren eine akribische Vorbereitung der Interviewer, wobei Jan Röhlk einen starken redaktionellen Beitrag leistet. Die zeithistorischen Aufarbeitungen amerikanischer Bands der frühachtziger HC-Phase sind beinahe schon ein eigener Schwerpunkt und ein Exkurs, der bisweilen an Craig O'Haras Buch "The Philosophy of Punk: Die Geschichte einer Kulturrevolte" erinnert und zum eine die persönliche Begeisterung des Interviewers, zum anderen die Symbiose aufzeigt, wie aus Punk, Politik und DIY-Aktivismus eine pulsierende widerständige Kultur entsteht, die nicht ohne Konflikte und Kontroversen besteht, aber so auch diskursiv und lebendig bleibt und ein Legendenmythos vermeidet.