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School strike for climate und wer das verhindert

Was ist da los? Schüler*innen schwänzen freitags die Schulstunden, um für das Klima zu streiken. "Wir streiken, bis ihr handelt!" oder "Warum für die Zukunft arbeiten, wenn ihr sie zerstört!?" steht auf selbstgemachten Plakaten. Auf Initiative der schwedischen Schülerin Greta Thunberg entwickelt sich eine Bewegung, die Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum Handeln auffordert.

 Seit Wochen schon ist die Stimmung unter den Demo-Teenies - trotz des ernsten Themas - super, locker und herzlich. Lehrer*innen, Rektor*innen sind indessen not amused und reagieren mit Sanktionen für die Schulschwänzer*innen, erwägen Konsequenzen, schreiben Briefe an die Erziehungsberechtigten. Und die Politiker*innen? Angela Merkel stellt sich hinter demonstrierende Schüler*innen der sogenannten "Fridays for future"-Bewegung und lobt ihr Engagement. Christian Lindner (FDP) spricht den Teenies die Fähigkeit ab, globale Zusammenhänge zu erkennen und fordert sie auf, Klimaschutz den Profis zu überlassen1. Das stellt die Frage auf, ab wann mensch denn bereit sein soll, für etwas öffentlich einzustehen und gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen? Nun geht es in der Frage nach dem Klima- und Umweltschutz ja nicht primär um Sündenböcke, diejeningen, die die menschengemachte Erderwärmung zu verursachen haben, denn letztendlich sind wir alle und bei fast allem daran beteiligt, in dem was wir tun. Nun ist es einerseits ziemlich naiv und einseitig, die Forderungen nach Maßnahmen an Dritte abzugeben und selbst nichts am eigenen Verhalten bereit ist zu ändern oder eben sich ganz auf die Handlungsfähigkeit anderer verlässt. Der Mensch ist schuld daran, dass es auf der Erde immer wärmer wird. Du kannst vegan leben und damit den CO2-Ausstoß verringern, denn wenn Menschen weltweit immer mehr Fleisch essen heizt das die Erde auf, weil Rinder und Schweine Unmengen vom Treibhausgas Methan in die Luft rülpsen. Du kannst Rad fahren, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, statt Auto zu fahren, Computer und Handys benötigen Strom und verbrauchen Energie. Du kannst also selbst Profi sein...auch als Schüler*in, wenn dir bewusst wird, dass Klimaschutz und Umweltschutz bei dir selbst anfängt und du etwas tun und ändern musst. Klar, politische Gesetze sind auch notwendig. Aber die Katastrophe aufhalten können sie alleine nicht. Die 16-jährige Schülerin Greta Thunberg begann mit dem Klimaschutz zunächst zu Hause: Das Licht musste ausgeschaltet werden, wenn es nicht benötigt wurde. Später habe sie beschlossen, nicht mehr zu fliegen und sich vegan zu ernähren. Davon habe sie auch ihre Eltern überzeugt. Wenn es geht, reist Thunberg statt mit dem Flugzeug mit dem Zug oder per Mitfahrgelegenheit zu Konferenzen oder Protesten in E-Autos. Darüber hinaus stellt sie Forderungen an die Politik und eine massive Beschleunigung des Klimaschutzes weltweit und will so lange weiterstreiken, bis ihr Heimatland Schweden die Treibhausgasemissionen um 15 % pro Jahr reduziert. Hierbei argumentiert sie, Schweden als reiches Land habe die Verpflichtung, die Emissionen schneller zu senken als andere Staaten. Im Vergleich: Die deutsche Bundesregierung hat sich im Jahr 2007 mit dem "Integrierten Energie- und Klimaprogramm" national zu einer 40 %igen Minderung der deutschen Treibhausgas-Emissionen bis 2020 verpflichtet.
Greta hat erkannt, was die globale Erwärmung für die Zukunft ihrer Generation bedeutet, wohingegen FDP-Politiker Lindner ihr eine Einmischung verbietet, um es den Profis zu überlassen. Doch wer sollen diese Profis sein? Während im Hambacher Forst gegen den Braunkohle-Abbau demonstriert wurde/wird und Teile des Waldes besetzt wurden, sabotiert Deutschlands Industrieverband BDI jeden Versuch der EU, ihren enormen Rückstand beim Klimaschutz aufzuholen und versucht dabei, eine künstlich erzeugte und geschürte Kontroverse um die globale Erwärmung ins öffentliche Bewusstsein zu transportieren, gestützt von einer organisierten Klimaleugnerbewegung, die die Existenz der menschengemachten globalen Erwärmung durch gezielte Attacken auf die Klimaforschung abstreitet. Auch der einflussreichsten Interessenverband  in der Bundesrepublik, der Verband der Automobilindustrie (VDA) ist bekannt für seine große Nähe zur Politik, insbesondere zur Bundesregierung. Im Mai 2013 schrieb der damalige VDA-Chef Matthias Wissmann einen Brief an die Bundeskanzlerin2, um strengere Auflagen zum CO2-Ausstoß von Autos zu verhindern. Darin erinnert er die „Liebe Angela...“ daran, dass „wir unser leistungsfähiges und starkes Premiumsegment, das fast 60% der Arbeitsplätze unserer Automobilhersteller in Deutschland ausmacht, nicht über willkürlich gesetzte Grenzwerte buchstäblich kaputt regulieren lassen dürfen“. Dabei lügt, betrügt die Industrie wo sie nur kann. Deutsche Autokonzerne, die über Jahre ihre unerlaubt hohen Abgaswerte durch manipulierte Software vertuscht und sich dabei wohl auch unerlaubt abgesprochen hat. Möglich ist dieser Skandal aber nur, weil die Politik den Herstellern seit vielen Jahren den Rücken freihält. Möglich ist das auch, weil viele Politiker Spitzenpositionen in Konzerne der Autoindustrie übernehmen3.
Politische und industrielle organisierte Interessen und Lobbyarbeit, um notwendige Veränderungen zu blockieren und zu sabotieren: aus Profitgier, Machterhalt, bezahlt, im gegenseitigen Wechsel, um Klima-Ziele zu verhindern. Bei der UN-Klimakonferenz 2013 in Warschau setzte die polnische Regierung als Gastgeber mehrere interessierte Konzerne auf die Sponsorenliste. Einer war das weltgrößte Stahlunternehmen ArcelorMittal, dessen Werke so viel CO2 freisetzen wie das gesamte Kohleland Tschechien. Die Regierung half der World Coal Association (WCA, Weltkohlevereinigung), parallel zur Klimakonferenz ihren Kohlegipfel abzuhalten. Auch Europas geplante Grenzwerte bei der Luftreinhaltung wurden von der Kohlelobby beeinflusst. Der Weg ist einfach: Ein Teil der Fachleute, die von den Mitgliedsländern in die entscheidende "Technische Arbeitsgruppe" geschickt werden, vertritt direkt die Interessen der Kohleindustrie.
Greta Thunberg vertritt die Überzeugung, dass die Politik zu wenig für den Klimaschutz macht. Und in Bezug auf Lindners Aussage, dass sie die Angelegenheit Profis überlassen sollte, hat Greta eine einfache und logische Antwort parat: "Einige Leute sagen, dass ich studieren sollte, um Klimawissenschaftlerin zu werden, damit ich die Klimakrise lösen kann. Aber die Klimakrise ist bereits gelöst. Wir haben bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist aufzuwachen und uns zu verändern."
Für Christian Lindner scheinen die Lobbyisten die Profis zu sein. Teenies wie Greta mögen doch wieder in die Schule zurückkehren, sie solle Profis denjenigen die Arbeit überlassen, die blockieren, verunsichern und betrügen. Auf Schuldeutsch heißt das Mobbing.

Und so stirbt die Welt ein bisschen mehr an eine Überdosis Gier und Ignoranz!

Fußnoten: