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AIB #122

AIB #122
AIB #122

AIB #122
68 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-
AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
https://www.antifainfoblatt.de/
Der aktuelle Schwerpunkt untersucht und analysiert "rechte Netzwerke in den Sicherheitsbehörden".

Die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz erhielt 4 Drohbriefe mit persönlichen Informationen, die mit „NSU 2.0“ unterschrieben worden sind. Polizeiinterne Daten, verschickt von einem Polizeirevier in Frankfurt. Nach Ermittlungen wurden 5 Polizeibeamte suspendiert, die über den Messengerdienst Whatsapp ausländerfeindliche und NS-verherrlichende Nachrichten ausgetauscht haben. Wer hinter den Drohbriefen steckt, ist zwar unklar. Fakt ist, dass es ähnliche Chats in den Reihen der Polizei immer wieder mal gegeben hat. Zuletzt im Oktober hatte in Sachsen ein ehemaliger Polizeischüler bekanntgemacht, wie in seinem Umfeld gehetzt wurde: „Wir sind aus Cottbus, und nicht aus Ghana, wir hassen alle Afrikaner“, hieß es in der Chatgruppe. Ebenfalls in Sachsen war im September ein LKA-Mann suspendiert worden, weil er sich beim Staatsbesuch des türkischen Präsidenten den Decknamen „Uwe Böhnhardt“ gab.
Des Weiteren mehren sich Pressberichte über Polizeibeamte, die der Reichsbürger-Szene nahestehen. Im April wurden in Bayern in diesem Zusammenhang 2 Polizeibeamten (Erster Polizeihauptkommissar der Bereitschaftspolizei und eine Polizeihauptmeister) der Beamtenstatus entzogen. Der Erste Polizeihauptkommissar Harald Schreyer bezeichnete sich als „Bindeglied“ zu den Reichsbürgern. 2015 gab er dem Verschwörungstheoretiker Jo Conrad ein Interview. Im Februar 2016 trat er vor der „Heimatgemeinde Chiemgau“ vor 80 Leuten auf.
„Ihr wisst doch selber wie die BRD funktioniert. Muss ich dazu noch was sagen?“, zeigte sich der Erste Polizeihauptkommissar auf Augenhöhe mit der esoterisch und rechtsradikal-angehauchten „Heimatgemeinde". Er gab den Reichsbürgern auch noch gut gemeinte Tipps im Umgang mit den Beamten. „Wenn solche Netzwerke (wie die Reichsbürger, Anm.) größer werden, dann zerbröselt das System irgendwann“, so Schreyer (Quelle).
Im AIB gibt es eine Auflistung von weiteren presse-bekannten Vorfällen der letzten Jahre.
Zudem gibt es eine zeitgeschichtliche Aufarbeitung mit Fokus auf die Polizei in der Weimarer Republik, die nahtlos ab 1933 in ein nationalsozialistisches Terrorinstrument überging, ab 1940 die Deportation von Juden aus deutschen Großstädten durchführten, die Transporte bewachten und auch direkt am Massenmord beteiligt waren.
Und auch Fallbeispiele aus Frankreich (Guy Sibra), Spanien (Guardia Civil), Griechenland (Polizei und Neonazis), Amerika (Bart Alsbrook) belegen, dass rassistische Stimmungen in Sicherheitsbehörden salonfähig sind und Rassismus weit verbreitet ist.

Gesamteindruck:

Es stellt sich die Frage, ob Sicherheitsbehörden Personen mit extrem rechten Einstellungen besonders anziehen. In Institutionen wie dem Polizeiapparat und der Bundeswehr scheinen Rassismus, Sexismus und Militarismus kein Hindernis, sondern förderlich. Schließlich begibt mensch sich in männerbündische Strukturen mit ausgeprägtem Korpsgeist. Dort gehören autoritäre und rechte Ansichten offenbar zum guten Ton. Aus antifaschistischer Sicht wichtig ist es, extrem rechte Netzwerke oder Umtriebe beim Bund oder bei der Polizei aufzudecken und öffentlich zu machen, aber auch darauf zu verweisen, dass es keine Einzelfälle sind, sondern um eine reale Bedrohung. Geht es doch bei Polizei und beim Militär um Personen, die das Wissen über paramilitärische Kämpfe haben, geübt im Umgang mit Schusswaffen sind und im schlimmsten Fall zu Hause einen Schrank voller Schusswaffen haben. Darüber hinaus bedarf es einem konsequenten Zeichen gegen Rassismus innerhalb der Sicherheitsbehörden, denn auch und besonders nach den Nachrichten über NSU 2.0 sollten überall alle Alarmglocken schrillen.