Erleichtert haben SEA WATCH-AktivistInnen zur Kenntnis genommen, dass Alessandra Vella, zuständige Ermittlungsrichterin in Agrigent, weitestgehend die eigene Rechtsauffassung teilt. So verwarf sie den Vorwurf, Kapitänin Carola Rackete habe Gewalt gegen Kriegsschiffe angewendet und vertrat die Auffassung, dass Carola „in Erfüllung einer Pflicht“ – der Pflicht, Leben auf See zu retten – gehandelt habe.
Ganz wichtig: Die Richterin betonte, dass Carolas Entschluss, Lampedusa als nächsten „Place of Safety“ (POS) anzulaufen, notwendig war. Libyen und Tunesien könnten nicht als sichere Häfen
angesehen werden. Darüber hinaus vertrat Vella die Auffassung, dass das erst vor drei Wochen eilig erlassene Salvini-Dekret, das jene mit 50.000 € Strafe bedroht, die Flüchtlinge in Italien an
Land gehen lassen, nicht auf Rettungseinsätze anwendbar sei, da es sich auf Schlepper beziehe.
Zur juristischen Einordnung ist es wichtig zu verstehen, dass Frau Vella nur über die Inhaftierung zu befinden hatte. Carola wird sich dennoch, vermutlich ab Mitte Juli, vor Gericht verantworten
müssen.
Carola hat nach ihrer Entlassung schon am Mittwochmorgen Italien verlassen und ist jetzt an einem geheimen und sicheren Ort.
Rückblick:
Am Samstag war die Sea-Watch 3 mit 40 Überlebenden eines Schiffsunglücks an Bord ohne Genehmigung in italienische Hoheitsgewässer eingedrungen. Zuvor hatte Matteo Salvini zwei Wochen lang einen politischen Machtkampf über die Aufnahme der Geretteten geführt. 13 medizinische Notfälle waren etappenweise vom Schiff evakuiert worden. Als die Lage an Bord schließlich zu kippen drohte, entschloss sich die Sea Watch 3-Kapitänin, nicht länger auf eine politische Lösung zu warten und steuerte Lampedusa an. Dort angekommen wurde sie festgenommen.
Während Innenminister Salvini weiter tobt, sich ein ums andere Mal im Ton vergreift und den Drohungen gegenüber der Kapitänin so sicher eine Menge Vorschub geleistet hat, ist die Sea-Watch 3 in
Licata angekommen. Hier soll das Schiff Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Soweit bekannt, geht es den 40 Menschen, die sich bis zuletzt an Bord befunden haben, den Umständen entsprechend gut. Sie können sich auf Lampedusa frei bewegen, werden versorgt und warten jetzt
auf ihre Weiterreise in die aufnehmenden Länder.
Gestern betonte Carola, „dass die gesamte Crew der Sea-Watch 3 das ermöglicht hat. Obwohl die Aufmerksamkeit auf mich gerichtet ist, haben wir als Team die Menschen gerettet, uns um sie gekümmert und sie in Sicherheit gebracht“.