Good Riddance
Thoughts and Prayers LP
Fat Wreck Chords
GOOD RIDDANCE sind zurück. Ich habe ihr Konzept und die gleichermaßen wichtige Verknüpfung von linken Aspekten und melodischen Punk immer schon abgefeiert.
Und im Gegensatz zu PROPAGANDHI - die mit ähnlichem Konzept unterwegs sind - sind GOOD RIDDANCE stilistisch seit der Re-Union 2012 eine Konstante des schnellen Melodic Punk mit
HC-Einflüssen, sprich: Meldoie, Härte und Attitüde in nahezu perfekter Kombination für eine widerständige Subkultur gegen soziale, politische, persönliche Ungerechtigkeiten. Eine ebenfalls
wesentliche Konstante ist die neuerliche Kooperation mit Bill Stevenson, der dem Sound seinen Stempel aufdrückt. Und wenn sich der Zorn in harmonische Strukturen und Rhythmen einfügt
("Precariat") und mal persönlich wird ("Wish you well") überwiegt das halsbrecherische Tempo und die Eingängigkeit. Die Angst und der Zorn sind auf "Thoughts and Prayers" in vielen Momenten
spürbar mit dem Albumtitel, das zugleich synonym ist für die wahnsinnigen Plattitüden der Politiker nach Massenerschießungen. Der Ausdruck "Gedanken und Gebete" wird häufig als Ausdruck des
Beileids für Opfer von Naturkatastrophen und/oder für die Hinterbliebenen der Opfer von Massakern bei Amokläufen verwendet. Anstelle, dass Waffenkontrolle oder Terrorismusbekämpfung in den Fokus
rücken, wird diese Floskel von Trump&Co wiederholt benutzt, um von Kernprobleme abzulenken und zu bagatellisieren. Der Opener "Edmund Pettus Bridge" (benannt nach einem hochrangigen Mitglied
des Ku-Klux-Klans) erinnert an die an den Polizei-Einsatz vom 7. März 1965, der mit einem brutalen Einsatz die schwarzen Bürgerrechtler auf dem ersten Selma-nach-Montgomery-Marsch
aufhielt.
"Our Great Divide" spiegelt die beispiellose Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft wider. Eine gespaltene Gesellschaft, in der sich vieles verschlechtert/verschlimmert hat. "Ich
hatte diesen naiven Gedanken, als unsere Band anfing, dass wir die Welt verändern und die Augen der Menschen für die Ungerechtigkeiten der Welt öffnen werden", sagt Sänger Russ Rankin. Good
Riddance hat die Welt vielleicht nicht verändert, sie hat vielen die Augen geöffnet und Gedanken zu Vegetarismus, soziales Bewusstsein vermittelt und mit Aufrufen zu politischem Handeln vertraut
gemacht. Neu und ungewöhnlich ist der auf spanisch gesungene Song "Lo Que Sucede". "Ich wollte immer schon ein Lied auf Spanisch schreiben", sagt Rankin. "Ich kann ziemlich gut Spanisch, und ich
habe immer gedacht, dass Punk- und Hardcore-Songs, die in spanischem Sound gesungen werden, besonders angepisst klingen." Ja, das stimmt, Russ. Die Phonetik klingt härter und der Ton wird
rauer.
Geblieben ist also der alltägliche Kampf gegen Ungerechtigkeiten mit dem hypothetischen Effekt, Impulse für öffentlichen Diskurs zu setzen. Denkanstöße und Punk sind in der Tat eine immer
wiederkehrende Anknüpfungspunkte für Partizipation, Empowerment, über Aspekte unseres Zusammenlebens nachzudenken und es gegebenenfalls im gesellschaftlichen Diskurs neu auszuhandeln. Hierzu
haben GOOD RIDDANCE erneut durch Punk mit Attitüde einen wertvollen Beitrag geleistet.