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KNOCK OUT!

KNOCK OUT!
KNOCK OUT!

KNOCK OUT!
Die Geschichte von E. Griffith
v. Reinhard Kleist
160 Seiten (17,30 x 24,50 cm); €18,50.-
ISBN 978-3-551-73363-4
https://www.carlsen.de

Inhalt:Wie seltsam das ist… Ich töte einen Mann, und die meisten Leute verstehen das und verzeihen mir. Hingegen, ich liebe einen Mann, und so viele halten das für eine unverzeihliche Sünde, die mich zu einem schlechten Menschen macht. Wenn ich auch nicht im Gefängnis gelandet bin, so war ich trotzdem fast mein ganzes Leben lang eingesperrt.“ – Emile Griffith

In seiner neuen Graphic Novel Knock Out! widmet sich Erfolgsautor Reinhard Kleist (Nick Cave. Mercy On Me) dem amerikanischen Boxweltmeister Emile Griffith, der 1962 traurige Berühmtheit erlangte, als er vor laufenden Fernsehkameras seinen Gegner derart hart traktierte, dass dieser ins Koma fiel und wenige Tage später verstarb. Vor dem tödlichen Kampf hatte er Griffith mit homophoben Verunglimpfungen zutiefst beleidigt…

Über den Autor:

REINHARD KLEIST (geboren 1970, in Hürth bei Köln), studierte an der Fachhochschule für Grafik und Design in Münster. Bereits während seines Studiums veröffentlichte er erste Comics, wie die Comicerzählung über H.P. Lovecraft (Ehapa), für die er mit dem renommierten Max und Moritz-Preis ausgezeichnet wurde. Seine Projekte wurden von zahlreichen Verlagen veröffentlicht, u.a. Ehapa, Reprodukt, Edition 52 und Aladin. Beim Hamburger Verlagshaus Carlsen hat Reinhard Kleist seit 2006 seine verlegerische Heimat gefunden. Neben seinen Buchveröffentlichungen illustriert er für Magazine und Zeitungen, arbeitet für Film und Fernsehprojekte und zeichnet CD-Booklets.

© Carlsen Verlag by Wolf-Dieter Tabbert
© Carlsen Verlag by Wolf-Dieter Tabbert

Gesamteindruck:

Wie bereits zuvor mit "Der Boxer" bietet Reinhard mit "Knock out" eine biographische Skizzierung eines Sportlers und erzählt eine außergewöhnliche, tragische Lebensgeschichte. War es in "Der Boxer" die Lebensgeschichte des Holocaust-Überlebenden und Sportlers Hertzko Haft, setzt er nun Emile Griffith in Szene. Als dramaturgisches Mittel setzt Reinhard auf den Dialog zwischen Emile und seinem Boxgegner Benny Paret, den er in einem Kampf 1962 so traktiert, dass Benny an den Folgen des Kampfes verstarb. Fortan ist Emile traumatisiert und sieht sich zeitlebens mit Schuldgefühlen konfrontiert, einen Menschen getötet zu haben. Reinhard setzt hier weniger auf Klärung der Schuldfrage, als vielmehr auf den gescheiterten Versuch, das traumatische Ereignis zu verarbeiten. Emile, der eigentlich nie Boxer werden wollte, weil er niemanden weh tun konnte, findet seine Obsession im Designen von Hüten und ist die meiste Zeit emotional und beruflich abhängig von anderen Personen aus seinem Umfeld. Erst in den ganz späten Lebensjahren nach seiner Boxkarriere fühlt er sich erstmals frei und unabhängig, als Emile als Bewährungshelfer im Gefängnis arbeitet. Ein weiterer zentraler Aspekt ist das Schwulsein einer Person of color und die Homophobie im Amerika der 60er/70er Jahre. Als Griffith in den frühen 1960er Jahren begann, die Weltergewichtsdivision zu dominieren, galt Homosexualität als Krankheit, als Verbrechen gegen die Natur.
Reinhard füllt die Panels mit schwarz-weißen kontrastreichen Zeichnungen, die Hintergründe sind je nach Wichtigkeit mehr oder weniger detailliert ausgeschmückt (so sind einige Personen gesichtslos, es sind nur die Figuren zu sehen). Reinhard verfolgt in der Geschichte den Leitsatz, dass ein Mensch, der einmal im Leben zurückschlägt, mit den Konsequenzen seines Handelns leben muss. Für Emile, der eine kindliche Frohnatur war und es immer allen anderen recht machen wollte, bedeutete dies eine unwiderrufliche Katastrophe. Von Außen angefeindet als "schwuler Killer", entstand im Inneren eine große Leere, die ihn aufzehrte. Ironie des Schicksals: Nach einem tätlichen Angriff wurde er beinahe getötet. Emile hat in der Folge Erinnerungslücken und Zeit-Ort-Orientierungsverluste. Einen sehr speziellen und besonderen Moment hat Reinhard auch aufgegriffen: Die zufällige Begegnung mit Parets Sohn Benny Jr., der ihn zu Tränen rührte. Reinhard ist es gelungen, Emile Griffith als einen Mann* von Tiefe und Sensibilität darzustellen, der seinen Trainern gehorsam war und sich nach einer Vaterfigur sehnte. Darüber hinaus setzt sich Reinhard nur am Rande mit der Sündenbock-Figur im Boxsport und dem gewalttätigen Geist und der gewalttätigen Geschichte Amerikas auseinander, der einer kollektiven Schuld zugesprochen wird. Mensch kann sich nicht vorstellen, wie Emile von Alträumen geplagt immer und immer wieder von einem unaufhörlichen Strom der Schuld überschwemmt wird, der daraus resultiert, dass er einen Mann* getötet hat, den er nicht töten wollte, einen Mann*, der Frau* und Kind zurückgelassen hat. Aber sein Gewissen zwingt ihn dazu. Mit viel Liebe zum Detail zeigt der biografische Comic, dass es Menschen gibt, die zum Zwecke der Massenunterhaltung mehr leiden, als wir uns vorstellen können...und die sich nur selbst vergeben können.
Ergänzt wird der Comic mit einem Nachwort der Kulturwissenschaftlerin Tatjana Eggeling, die seit Jahren zum Thema "Homophobie im Sport" forscht und einige Fallbeispiele aufzeigt.

Leseprobe: