LOTTA #78
68 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.-
Lotta, Am Förderturm 27, 46049 Oberhausen
www.lotta-magazin.de
Der Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe lautet "Tod durch Polizei und Gewahrsam" und analysiert institutionellen Rassismus der Polizei und Justiz.
Darüber hinaus erinnert das Autor*innen-Kollektiv auch an die im Polizeigewahrsam gestorbenen PoC-Personen sowie an von Polizeikugeln getöteten Personen. Festzuhalten ist, dass sich die Täter*innen nicht einmal vor Gericht verantworten müssen und von staatlicher Seite keine Zahlen veröffentlicht werden, welche Menschen wo bei Polizeieinsätzen und in Gewahrsam sterben. Das Problem heißt Rassismus und ein Racial Profiling ist immer noch einer der Gründe dafür, dass Menschen zu Unrecht in Gewahrsam kommen. Ein weiteres Problem ist, dass für uns als Öffentlichkeit es kaum eine Möglichkeit gibt, die Angaben der Behörden zu überprüfen oder zu widerlegen, heißt: Offiziell gibt es Racial Profiling und institutionellen Rassismus in Deutschland nicht. Typischerweise wird Rassismus auf das individuelle Verhalten einzelner Rassist*innen oder auf Neonazis reduziert, wodurch staatliche Institutionen als frei von rassistischem Agieren gelten können. Wie sich die unermüdliche Praxis des kollektiven Widerstands auszahlen kann, zeigt die Kampagne rund um den Tod von Oury Jalloh, der 2005 im Polizeigewahrsam in Dessau in Sachsen-Anhalt verbrannte. Diese Kampagnen leisten wichtige Arbeit für die Angehörigen der Familien, für eine kollektive Erinnerungspolitik und für juristische Prozesse.
Gesamteindruck:
Zivilgesellschaftliche Organisationen, wie die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) und die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) sind seit vielen Jahren aktiv gegen Racial Profiling. Wenn nur 'offener' Rassismus von Institutionen als Rassismus anerkannt wird, zeigt, dass die relevante und unhinterfragte Perspektive zur Bewertung von Rassismus in Deutschland immer noch eine weiße Perspektive ist. Für PoC und Schwarze Menschen in Deutschland gehören die vermeintlich 'versteckten' oder 'subtilen' rassistischen Mechanismen zum Alltag und finden in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Dass diese Berichte und Erfahrungen von PoC’s und Schwarzen Menschen kaum Beachtung finden, ist wiederum Teil des Problems einer strukturell rassistischen Gesellschaft und von Institutionen, in den nicht-weiße Perspektiven quasi nicht vorkommen. Der kleine Schwerpunkt zeigt, wie wichtig und notwendig es ist, die rassistischen Strukturen des öffentlichen Raums aufzubrechen und Öffentlichkeit als Ort der Teilhabe aller Bewohner*innen zu gestalten. Solange Menschen aufgrund rassistischer Zuschreibungen kriminalisiert werden und solange nicht die Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung im primären Fokus polizeilichen Handelns steht, sind nur durch Einmischung, Zivilcourage und Dokumentation eigener Beobachtungen von Racial Profiling Schritte in Richtung eines solidarischen Zusammenlebens möglich. Die Anwälte Eberhard Reinecke und Sven Tamer Forst stellen im Interview aber auch fest, wie aus juristischer Perspektive die Beschwerdemöglichkeiten und die damit erhofften Chancen auf Erfolg sein können.