Wenn die Politik(er*innen) das Covid 19-Virus wie Trump oder Bolsonaro verharmlosen, liegt das auch an der Tatsache, dass bei Männern oftmals eine unrealistische Einschätzung der Lage, ein Verdrängen, Verharmlosen, Ignorieren zu beobachten ist. Zusammengefasst spricht mensch hier von einer Selbsttäuschung. Das hat – bezogen auf die Politik – Methode, ist also weniger ein Abwehrmechanismus der Seele, sondern politisches Kalkül.
Erst hat der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro das Virus monatelang verharmlost. Jetzt, da bereits Massengräber ausgehoben werden, will er die Medien zwingen, die Totenzahlen zu
verschweigen.
Mal sprach er von einer „kleinen Grippe“, mal sagte er, der Rest der Welt sei „leider durchgedreht“. In die gleiche Kerbe haut der amerikanische Präsident. Während die Johns-Hopkins-Universität
einen neuen Höchststand der täglichen Corona-Neuinfektionen in den USA vermeldet (Demnach wurden am 04. Juli binnen 24 Stunden mehr als 57.000 neue Corona-Infektionen registriert), würde Trump am
liebsten aufhören zu testen, weil die Zahlen schlechte Nachrichten sind, ignoriert die Zahlen und hofft, das Virus werde von selbst verschwinden. Was sich hier kindlich naiv anhört, hat
weitreichende Folgen für diejenigen, die sowieso schon im Zweifel sind, Angst haben oder selbst an Verschwörungstheorien glauben. Schlimm genug also, wenn Bolsonaro wie Trump die freie Presse als
Systemfeinde anklagen, weil Wahrheit besser nicht ans Licht kommen soll. Sie sehen weg, lenken sich ab, prüfen nicht nach und deuten die Fakten so um, dass sie ihrem Selbstbild in den Kram
passen. Wie gefährlich Selbsttäuschung werden kann, sobald andere den Preis dafür zahlen müssen, zeigen Beispiele, in denen andere abgewertet werden, um selbst besser dazustehen und andere von
Kritik, unangenehmen Fragen und Zweifeln abzuhalten. Das Pippi-Langstrumpf-Syndrom zeigt, dass ein „Ich-mach-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt“ potenziell gefährlich ist, wenn sie in autoritäre
Strukturen und in Verschwörungstheorien verortet sind.
Am Ende ist alles wieder mal eine Glaubensfrage. Aber nicht, wenn eigene Privilegien oder Ressourcen angegriffen werden. Denn spätestens dann HERRscht wieder einmal die Legitimierung von
Ausschlüssen und Abgrenzung. Ansprüche werden geltend gemacht, die ein „Wir“ vs. „die Anderen“ durchsetzen will. Historische Bezüge finden sich in der Unterdrückungspraxis des Kolonialismus und
der Versklavung. Formen des Rassismus also, die sich auch in COVID-19-Zeiten verstärkt offen zeigen. Während der Corona-Krise sind mehr als hundert Berichte über rassistische und antisemitische
Übergriffe bei Opferberatungsstellen eingegangen1. Donald Trump hat in seiner Rede am Independence Day die politische Linke zum
Feindbild erklärt, um erneut Stimmung gegen die landesweiten Anti-Rassismus-Proteste zu machen und befeuert wieder einmal die rassistische Hetze. Krisenzeiten wie die Coronavirus-Pandemie führen
dazu, dass marginalisierte Gruppen noch stärker ausgegrenzt und entmenschlicht werden. In der Argumentation diverser Verschwörungstheoretiker*innen ist eine Vermischung von diffuser Angst mit
rassistischen Stereotypen festzustellen. Der Kampf gegen COVID-19-Virus mag irgendwann gewonnen sein, Formen des Rassismus bleiben. Warum? Rassismus braucht keine bösen Absichten. Sie wird
geformt aus Bildern und Worten und diese treten immer populärer und offener zutage. Wer sich als fortschrittliche Zivilisation begreifen will, muss aus solchen Erfahrungen endlich lernen.