TRUST #204
68 DIN-A-4 Seiten; €3,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
https://trust-zine.de/
Dolf war in Corona-Zeiten auf einem Konzert und kommt mit dem Konzept (Anmeldung, Stuhlplätze) nicht zurecht und mutmaßt, dass die Gesellschaft auf einem Höhepunkt angekommen ist, von
dem es nicht mehr weitergeht. Jan Röhlk liest in den Mainstream-Gazetten Studien und sinniert wie Professor Hastig ohne müde zu werden über Sinnhaftigkeiten und Zusammenhänge wie ein
neurotischer Patient, dass die Leser*innen am Ende nicht mehr wissen, worum es eigentlich geht, bis Jan irgendwann mit "Kurz gesagt..." sich selbst reglementiert.
Jan ist von dem Post-Punk der Band DIÄT gekickt, unterhält sich mit Schlagzeuger Iffi "Iffland", konfrontiert ihn mit Kommentaren und Vergleichen und hat Spaß am eigenen Plattenladen Toxic Shock in Neukölln. Bela interviewt D.J. Bonebrake von X, was für ihn wie eine verflossene Liebe ist, die immer noch in seinem Herzen verankert ist (schnüff). Im Folgenden wird über die Bandbiographie, die LA-Szene und einzelne Songs resümiert. Lars Schubach spricht mit "Deutschlands relevantestem Trio 2020", wobei 8 EIMER HÜHNERHERZEN oft selber nicht so genau zu wissen scheinen, was am Ende dabei heraus kommt, wenn sie zusammen Musik schreiben und Herr Bottrop empfindet die neue Platte als einen Soundtrack gegen oder über die Einsamkeit und die bizarren Situationen in dem anhaltenden meditativen Nirvana in Corona-Zeiten. DEUTSCHE LAICHEN sind gekommen, um zu pöbeln und bleiben, um die Finger in die Wunde der Rassismus-Debatte zu legen, an den Zuständen zu rütteln und den Diskurs innerhalb der Szene zu verschieben. Diskursorientiert ist auch Nina H. von THE NERVES, die sich in der #PunkToo-Interview-Reihe über Sexismus, Gender, Punk und Subkultur äußert. THE SEWER RATS freuen sich mega, dass Lars Schubach deren Platte gefällt, Chris ist megahappy, dass sie mit "Choice" nun auch endlich einen Quotensong gegen Massentierhaltung haben und liebt Punk, Subkultur und Skateboarding genauso wie früher. Lande Hekt hat indes einen Teil ihrer Vergangenheit aufgegeben und aufgehört zu trinken, sich aber daran gewöhnt, dass andere um sie herum trinken und findet, dass es nicht nur in Großbritannien viel mehr Angebote für Punks oder politische aktivistische Menschen geben sollte, psychische Probleme in den Griff zu bekommen.
Gesamteindruck:
Die aktuelle Ausgabe ist eine der besten in diesem Jahr, weil thematisch und inhaltlich sehr viele kritische und kontroverse Gedankenspiele zu Rassismus, Sexismus, Gender aufblitzen und aufzeigen, dass Punk/HC vor allem dann wichtig ist, wenn in die Substanz vorgedrungen und die Oberflächlichkeit verlassen wird. Punk(musik) sollte kein Vergnügen sein, sondern in ständiger Bewegung und durch gegenseitiger Durchdringung unentwegt neue Konstellationen bilden, mithin auch immer wieder neue Perspektiven eröffnen. Also nicht ständig Musikinterviews reproduzieren, die inhaltsleer sind, sondern kontroverse und offensive Meinungen offenbaren.