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MIND THE GAP #22

MIND THE GAP #22
MIND THE GAP #22

MIND THE GAP #22
72 DIN-A-4 Seiten; €3,00.-
https://de-de.facebook.com/mindthegapfanzine/
Das Hamburger Subkulturfanzine fischt im eigenen Gewässer und holt zunächst Hamburger Platten an Land, um sich dann dem Nachwuchs von NEVER WANTED anzubiedern, die aufgrund ihres jungen und jugendlichen Alters Musik machen, die von ihren Eltern gehört werden.

Kreuzu interviewt Danny von THE WILDHEARTS, die 1996 Konzerte für die Sex Pistols eröffnet haben, der seinem Bandkollegen wegen einem Mädchen, mit dem er 7 Jahre verlobt war, eine reingehauen hat, danach 12 Jahre keinen Kontakt mehr hatte und die DTH-Version von Guantanamera mag. Peter Siegler von RAZZIA mag einige der neuen Songs, leidet unter Ataxie und findet die FOO FIGHTERS interessant. Einige Konzertbesuche später
erzählt Labelmate WSDP, formerly known as Was Soll Das? Schallplatten, dass er kein Interesse an neuen Band(s)veröffentlichungen hat, weil es nichts NEUes gibt und ihn "eine Wiederholung einer Wiederholung" wenig begeistert. Immer noch begeistert und motiviert ist Justin Sullivan von NEW MODEL ARMY, der es liebt, zu touren, keine Familie, aber Fernweh hat und auf 6 Seiten von 'Der Captain' 40 vorgegebene Schlagwörter eine Antwort findet. Dicken von SLIME hat auch die passende Antwort, wenn es darum geht, das beste SLIME-Album herauszustellen und die Verbindung zu Rio Reiser zu erklären.
In die Hamburger Punkgeschichte vertieft und verwurzelt ist auch Klaus Maeck, der Ende der 1970er Jahre bis 1983 den ersten Punk-Plattenladen, Rip Off, in Hamburg betrieb, einem Treffpunkt für obskure Gestalten und skurrile Devotionalien und heute lieber Dokus dreht/filmt, nachdem er beruflich mit Fatih Akin zusammengearbeitet hatte.

Gesamteindruck:

Die jährliche Erscheinungsweise hat seine redaktionellen Grenzen, wenn es um Aktualität geht. Es häufen sich allerhand Konzertberichte, die besser abgehakt und vergessen bleiben sollten, funktionieren hier denn auch mehr als Lückenfüller zu den sehr gut geführten Interviews. Allerdings gefällt mir die Idee, das letztjährige REBELLION-Festival aus der Wechselperspektive 2er Besucher zu resümieren und zu kommentieren, was in dieser Form bereits hervorragend in früheren MOLOKO+-Ausgaben funktionierte.
Und bei den Interviews merkt punk von der ersten Frage an, dass sich Herzblut mit einem persönlichen Interesse an Musik und Person zu einem dynamischen Gespräch entwickelt, was erfrischend ist und zeigt, dass biografische Interviews in erzählten Geschichten/Anekdoten die eigene Sicht der Welt des Punk lebendig macht und die Leser*innen einen guten Zugang erhält. Die Erfahrung zeigt, dass Gesprächspartner*innen sehr genau wissen, wann sie erzählen, wie detailliert sie erzählen und was sie erzählen können. Und das kommt hier zumindest bei den "alten" Bands am besten zutage, weil eben diese Erlebnisse stark mit emotionalen Einstellungen verwoben sind.