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Tierbefreiung #109

Tierbefreiung #109
Tierbefreiung #109

Tierbefreiung #109
88 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-  
die tierbefreier e.V., Postfach 160132, 40564 Düsseldorf
http://www.tierbefreier.de/
Digitale Tierbefreiung? Nein. Tierbefreiung digital! Alan Schwarz stellt im Editorial fest, dass es in vielerlei Hinsicht sinnvoll ist, "diese Organisierung in digitaler Form zu gestalten: Vernetzungseffekte können verstärkt werden(...)der Austausch(...)kann Mobilisierung, Teilhabe und den Schutz von physischen Ressourcen verbessern(...)".

Für die Tiere spielt diese Form allerdings keine Rolle. Für die Aktivist*innen schon. Der Schwerpunkt "Tierbefreiung digital" bietet Einblicke in die Historie (Kommunikation, Vernetzung) in Zeiten der Prä-Digitalisierung über die systematische Zersetzung der Realität durch die neoliberale Fantasie eine selbstregulierenden gesellschaftlichen Diskurs bishin zur "angewandten Kryptographie" (Computersicherheit, sichere Kommunikation...).

Gesamteindruck:

Die Kommunikation(smittel) in der Tierbefreiungsbewegung hat sich verändert. Früher war es Telefon, direkte Treffen, (Rund)Briefe, heute sind es Messengerdienste, Videotelefonie, E-Mail). Die Digitalisierung hat gravierende Auswirkungen auf die Tiebefreiungsbewegung und damit die Kompetenzanforderungen der Aktivist*innen. Protest und Widerstand lassen sich heute nur im Kontext der digitalisierten Gesellschaft, ihrer speziellen Möglichkeiten, Dynamiken und Gefahren denken. Der Schwerpunkt skizziert die theoretischen und praktischen Konzepte, Herausforderungen und Chancen für Proteste und Bewegung im digitalen Zeitalter.  Der Schwerpunkt umreißt und vertieft Fragen wie "Wie müssen wir Protest im digitalen Kontext verstehen?", "Wodurch unterscheiden und wie ergänzen sich Organisierung und Mobilisierung online und offline?", "Trägt die Struktur digitaler Plattformen dazu bei, dass besonders reaktionäre Bewegungen profitieren?", "Wie können digitale Räume emanzipatorische Politikansätze stärken?", "Welche methodischen und empirischen Herausforderungen sind mit der Erforschung von Bewegungen und Protest im Netz verbunden?" Die Ergebnisse und Antworten hierauf belegen zum einen die Medienkompetenz und Nutzung der Inhalte und die Möglichkeiten der Weiterverbreitung von Informationen, die Dokumentation durch technische Hilfsmittel und die damit verbundene unmittelbare Reaktion und Reichweite bzw. die mögliche Beeinflussung sowie unreflektierte Meinungsbildung. Der Schwerpunkt verdeutlicht also den Crux: Je größer die Reichweite der Mobilisierung von Aktionen und der Adressierung politischer oder subpolitischer Einflussnahme, desto bedeutsamer die Rolle von Medien für soziale Bewegungen: Einerseits im Sinne einer mediengestützten Koordination von internen Handlungsplanungen und -abläufen etwa bei der Abstimmung, Mobilisierung und Organisation kollektiver Aktionen, andererseits im Sinne einer erfolgreichen Kommunikation von Bewegungszielen in reichweitenstarken sozialen Medien, die in der Kommunikation sicher genutzt und geschützt werden sollten (OpenSource Software, OpenPGP). Der Erfolg einer digitalen Tierbefreiungsbewegung hängt auch davon ab, inwieweit die kurzfristige Mobilisierung von Unterstützer*innen, sowie die langfristige Durchsetzung von Bewegungszielen, etwa durch autonome Bewegungsprojekte, Wissen, Bildung und Ressourcenbildung ermöglicht. Partizipation, Empowerment und Emanzipation sind hier genauso möglich (und notwendig) wie leider auch das sinnlose Liken und Weiterleiten von Nachrichten, ohne diese zu reflektieren, kritisch zu hinterfragen oder mit Shitstorm und Internet-Trolle konfrontiert zu werden. Auch eine webbasierte Dauerüberwachung der Aktivist*innen und kritische Protestakteure im Netz sind aufgrund der Sichtbarkeit angreifbar und eventuell von Repressionen/Sanktionen/Überwachung bedroht. Das wiederum kann zu einem kontra-intentionalen Effekt führen: Ein erleichterter und vermehrter Protestaktivismus im Netz erhöht die Wahrscheinlichkeit eines politischen Stillstands, auch dann wenn eine radikale widerständige Form nur auf der Basis von Scores (Likes, Sharing etc.) geführt wird.